Grafikdesignstudio in Amsterdam
Fassade mit Layout
Was, wenn Flächen- und Raumgestalter zusammenfinden? Davon kann man sich in Amsterdam, fünf Radminuten südlich von Heren-, Keizers- und Prinsengracht überzeugen. Ein schlanker sechsgeschossiger Turm direkt gegenüber der Amsterdamer Unité d´Habitation – der aufgeständerte Bau ist eine Schule und ist in den 1950er-Jahren nach Plänen der Architekten C. de Geus und C. v. d. Bom in enger Anlehnung an das Original von Le Corbusier entstanden – sticht durch seine auffällig ornamentierte Fassade hervor. Entworfen wurde der Blickfang von Designer Thomas Widdershoven und Architekt Arjan van Ruyven (MMX Architecten, Amsterdam) als neuer Standort des Grafikdesignbüros Studio Thonik.
Gallerie
Kopfbau mit Fernwirkung
Der Neubau muss als Signet und Aushängeschild für die hier ansässigen Designer gelesen werden. Im Kontrast zum haptisch-brutalistischen Sichtbetonbau auf der anderen Straßenseite kommt der Bürobau mit Glasflächen und mit vertikalen, horizontalen und schrägen Streifen in Grau und Weiß ausgesprochen grafisch daher. Damit hebt er sich aus der Umgebung ab, obwohl er eine vergleichsweise bescheidene Kubatur auf einer Grundfläche von nur rund sieben mal sechzehn Metern in der nach Süden führenden Ausfallstraße – der Wibautstraat – aufweist. Das Gebäude überragt jedoch eine ältere dreigeschossige Backsteinzeile in der zur Amstel abzweigenden Grenstraat, deren östlichen Abschluss er nun bildet.
Im Erd- und im ersten Obergeschoss befinden sich eine Sake-Bar und ein japanisches Restaurant, in den darüberliegenden Ebenen die Büros und Besprechungsräume, eine Bibliothek sowie die notwendigen Nebenräume der Agentur. Das höher ausgebildete fünfte Obergeschoss ist als Eventfläche konzipiert, darüber befindet sich eine Dachterrasse. Die gesamte Inneneinrichtung wurde einschließlich Raumteilern, Teppichen, Vorhängen und Mobiliar von unterschiedlichen Designern entworfen, ist aber gestalterisch aufeinander abgestimmt und strahlt keine nüchterne Arbeitsatmosphäre aus, sondern wirkt eher wohnlich. Das Gebäude erreicht durch Dreifachverglasung mit UV-Schutz und Wärmepumpe den Nullenergiestandard.
Fassade: Schriftreferenz aus Glasflächen und grau-weißen Schichtstoffplatten
Die Gebäudehülle spielt in zweierlei Hinsicht auf die Funktion des Baus als Sitz eines Grafikdesignbüros an. Erstens mit den grau-weißen Streifen, die zwischen den bodentiefen Fenstern vertikal, an Attika und Deckenkanten horizontal und entlang der Fluchttreppenbrüstung schräg verlaufen. Sie sind ein direkter Verweis auf eine besondere Schriftart: Die 1968 für die Olympischen Spiele in Mexiko entworfene Type Mexcellent ist so charakteristisch, dass es schwerfällt, beim Anblick der Fassade nicht mehr an deren breite schwarzweiß gestreifte Lettern zu denken, sobald man sie einmal damit assoziiert hat.
Darüber hinaus nehmen die Fassadenelemente in ihrer Materialität unmittelbar Bezug auf den analogen Grund jeglicher Grafik, das Papier. Ganz bewusst wurden matte Schichtstoffplatten aus High Pressure Laminate (HPL) gewählt. Diese Hochdruckplatten aus mehreren verpressten melaminharzgetränkten Papierschichten sind Teil eines hinterlüfteten Fassadensystems, das einschließlich 140 Millimetern Wärmedämmung auf die Betonkonstruktion aufgebracht wurde. Zwischen den weißen und dunkelgrauen Paneelen sind etwa zwei Zentimeter schmale Fugen ausgebildet, um die Hinterlüftung zu gewährleisten. Was man auf den ersten Blick nicht wahrnimmt: Die weißen Paneele sind nur wenige Zentimeter breiter als die grauen.
Das Mexcellent-Motiv wird im Gebäudeinneren an der
Treppenhausbrüstung aus Schichtholzplatten variiert. Dort sind
Streifenbündel eingefräst, die sich aber im Gegensatz zur Fassade
geflechtartig überlagern.
Bautafel
Architektur: Thomas Widdershoven (Studio Thonik, Amsterdam) / Arjan van Ruyven (MMX Architecten, Amsterdam)
Projektbeteiligte: Thomas Widdershoven, Nikki Gonnissen (Innenraumgestaltung); Hans Lensvelt, Amsterdam (Möbeldesign); Bart Guldemond, Amsterdam (Raumteiler); envisions (Sanne Schuurman, Simone Post); Eindhoven (Treppenhaus); Bas van Tol, Müller van Tol, Amsterdam (Vorhänge); Trespa International, Weert (Fassadenbekleidung Meteon Lumen)
Bauherrschaft: Graphic design studio thonik, Amsterdam
Fertigstellung: 2020
Standort: Grensstraat 47, 1091 SW Amsterdam, Niederlande
Bildnachweis: Ossip van Duivenbode, Rotterdam / Studio Thonik, Ansterdam / MMX Architecten, Amsterdam
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