Zentrum für Alterspsychiatrie in Pfäfers

Vorfabrizierte Fassadenelemente aus Klinker-Geflecht

Die Klinik St. Pirminsberg in Pfäfers bündelt in dem neuen Zentrum für Alterspsychiatrie ihre Einrichtungen für die Behandlung von älteren Patienten. Das Gebäude im schweizerischen Kanton St. Gallen wurde nach Plänen der Züricher Architekten Huggenbergerfries errichtet und bietet auf insgesamt 8.062 m² verschiedene Behandlungsstationen und Therapieräume.

Optischer Eindruck eines Mauerwerk-Geflechts
Vorfabrizierte Fassadenelemente
Spezielle Steine für die Ecken

Der dreigeschossige Baukörper umschließt drei Innenhöfe. Da die Anordnung und Erschließung des Raumprogramms horizontal erfolgt, ist die Gebäudetiefe beträchtlich, sodass die Höfe Licht und Außenraumqualitäten ins Innere des Bauvolumens bringen. Während die Patientenzimmer mit großen Fensterflächen zum Außenraum angeordnet sind, orientierten die Architekten die Räume um die Innenhöfe als gemeinschaftliches Zentrum der jeweiligen Abteilung. Die Höfe können auf einem Wandelgang umrundet aber nicht betreten werden. Der Künstler Jan Kaeser aus St. Gallen gestaltete die Grundfläche der Innenhöfe mit den Wörtern „Berg“, „Zeit“ und „Traum“ in großen Buchstaben. Die künstlerischen Motive werden mit freien Wortassoziationen in den Gravuren der Handläufe der Wandelgänge weitergeführt.

Aufgrund der zeitweise sehr langen Aufenthaltsdauer mancher Patienten bestand bei der Materialwahl und Gestaltung der Innenräume die Vorgabe, einen klinischen Charakter zugunsten von Wohnlichkeit zu vermeiden. Deshalb erhielten z.B. die allgemeinen Bereiche eine Wandbekleidung mit einheimischem Eschenholz.

Die prägnante Fassade mit der geflochtenen Klinker-Struktur ist die Antwort der Architekten auf eine spezifische Anforderung innerhalb der Bauaufgabe. In Bauten für die Psychiatrie müssen sämtliche Öffnungen innerhalb der Fassade mit raumhohen Absturzsicherungen ausgestattet sein, die zum Selbstschutz der Patienten außerdem noch erhebliche Querkräfte aufnehmen können müssen. Anstatt zusätzliches Verbundsicherheitsglas, Flechtwerke aus Holz oder Gitterstäbe vorzusehen, entwickelten die Architekten ein Sicherheitskonzept als in die Gebäudehülle integrierter Bestandteil der Fassade, ohne bei den Patienten im Inneren ein Gefühl des Eingesperrtseins hervorzurufen.

Mauerwerk
Für die Fassade ließen sich die Planer von traditionellen Stall- und Scheunenbauten inspirieren, bei denen die Luftdurchlässigkeit durch Auslassungen im Holzwerk oder mithilfe einer speziellen Vermauerungstechnik erreicht wird. Diese Technik wird bei der Fassade des Zentrums für Alterspsychiatrie aufgegriffen, die Klinkersteine sind zum Paar vermauert und versetzt übereinander geschichtet.

Im Bereich der Lüftungsflügel, Loggien und Dachterrassen in der Fassade bestehen die vorgeschriebenen raumhohen Absturzsicherungen aus dem Fügungsprinzip der Steine, indem der kleinere der beiden Klinkersteine dort wegelassen wurde. Auf diese Weise wechseln sich in der Fassade perforierte und geschlossene Elemente ab.

In Zusammenarbeit mit dem Ziegelhersteller wurden zwei unterschiedlich große Klinkersteine als Sonderanfertigung extra für das Bauvorhaben entwickelt. Die Vollziegel sind auf ihrer sichtbaren Seite schräg angeschnitten, sodass für die geschlossenen und perforierten Abschnitte der optische Eindruck eines gleichmäßigen Geflechtes entsteht. Tagsüber entsteht beim Betrachter auf diese Weise ein homogener Gesamteindruck während in der Dunkelheit die transparenten Bereiche in der Fassade durchscheinen.

Die helle Farbe des Klinkers entsteht durch den Brand der Tonerde aus dem Fricktal und wird als „Jura hell“ bezeichnet. Die im Strangpressverfahren hergestellten Ziegelsteine wurden von vier Maurern im Werk der Ziegelei zu insgesamt 171 Fassadenelementen vermauert. Die Betonfriese dienen als oberer und unterer Gurt, um die vorgespannten Klinkerelemente zu stabilisieren. Ausschlaggebend für die Vorfabrikation war die Präzision der Fertigung und die von der Witterung unabhängige Produktion in der Werkhalle. Anschließend wurden die gemauerten Elemente auf der Baustelle an vorbereiteten Zugankern eingehängt.

Die Lagerfugen sind bei den perforierten Fassadenelementen zusätzlich auf der Hinterseite geglättet. Mithilfe von speziellen Ecksteinen wurde ein kontinuierliches Umlaufen des Reliefs über die Gebäudeecken ermöglicht. Die Farbe der Fugen ist der Steinfarbe angenähert, damit das Relief mit den Fugen optisch einheitlich wirkt. Die Betonfriese sind mit einem Anteil von Gelbpigmenten ebenfalls an die Farbigkeit des Klinkers angepasst.

Bautafel

Architekten: Huggenbergerfries Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: Walter Dietsche Baumanagement, Chur (Bauleitung); Wepf Ingenieure, St. Gallen (Bauingenieur); A-Z Planung, Diepoldsau (HLKK); Kempter + Partner, St. Gallen (Sanitär); Stadlin Bautechnologie, Buchs (Bauphysik); Koepflipartner Landschaftsarchitekten, Luzern (Landschaftsplanung); Jan Käser, St. Gallen (Kunst); Keller Ziegeleien, Pfungen (Ziegelhersteller)
Bauherr: Hochbauamt des Kantons St. Gallen
Fertigstellung: 2010
Standort:
Klinik St. Pirminsberg, Klosterweg, 7312 Pfäfers
Bildnachweis: Beat Bühler, Zürich; Kim Zwarts, Maastricht; Huggenbergerfries Architekten, Zürich

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