Zentralbibliothek Oodi in Helsinki

Nahezu Nullenergie-Standard

Die finnische Hauptstadt Helsinki hat seit 2018 eine neue Bibliothek, die weit mehr ist als eine bloße Leihstelle – sie ist ein Kulturzentrum, ein zentraler öffentlicher Treffpunkt, ein Ort zum Lernen, Arbeiten, Kommunizieren und Entspannen. Das wird, neben dem umfänglichen Funktionsprogramm, vor allem mit einer lebendigen Architektur vermittelt, die sich dem Stadtraum zuwendet. Die Zentralbibliothek Oodi (auf Deutsch Ode) wurde nach dem Siegerentwurf des ortsansässigen Architekturbüros ALA Architects realisiert, der aus einem international ausgeschriebenen Wettbewerb 2013 hervorging. Die Beteiligung der Stadtbevölkerung zu Beginn der Planung trägt maßgeblich zum Erfolg des Projekts bei.

Der lang gestreckte, geschwungene Baukörper befindet sich am Kansalaistori-Platz und ist Teil eines Konglomerats wichtiger Einzelbauten im Stadtzentrum.
Die Kubatur der Bibliothek setzt sich zusammen aus einem Quader mit einer Grundfläche von etwa 30 x 150 m, der an der südwestlichen Gebäudeecke spitzwinklig zuläuft.
Insgesamt gibt es drei Eingänge, die durch bodentiefe Verglasungen schnell gefunden werden können.

Der lang gestreckte, geschwungene Baukörper befindet sich am Kansalaistori-Platz und ist Teil eines Konglomerats wichtiger Einzelbauten im Stadtzentrum, wie dem Parlament, dem Hauptbahnhof, dem Konzerthaus und dem Museum für zeitgenössische Kunst. Über einen neu gestalteten Vorplatz gelangen die Besucherinnen und Besucher zum Haupteingang, der von einem weit auskragenden Vordach asymmetrisch überwölbt ist. Der Eingang liegt fast mittig an der westlichen Längsfassade, an den beiden Schmalseiten gibt es weitere Zugänge. Die 17.250 Quadratmeter Grundfläche sind auf drei oberirdische Geschosse und ein Untergeschoss verteilt.

Geschwungener Baukörper in Holz und Glas

Die Kubatur der Bibliothek setzt sich zusammen aus einem Riegel mit einer Grundfläche von etwa 30 x 150 Meter, der an der südwestlichen Gebäudeecke spitzwinklig zuläuft. Die Ostfassade folgt geradlinig dem Straßenverlauf. An der eigentlichen Schauseite im Westen ist das Volumen auf Höhe der ersten beiden Geschosse konkav ausgebildet. Das geschwungene Vordach wird im obersten Geschoss als Terrasse genutzt.

Erd- und erstes Obergeschoss, auch die Untersicht der Auskragung, sind ganz in finnisches Fichtenholz gekleidet. Die 33 mm dicken Lamellen werden scheinbar nahtlos in den Innenraum überführt, wo sie die ebenfalls gewölbte Decke des Foyers verkleiden. Nur eine filigran ausgeführte, geschosshohe Verglasung trennt im Bereich des Haupteingangs den Außen- vom Innenraum und erzeugt eine niedrigschwellige Zugänglichkeit. So wird deutlich, dass die öffentliche Funktion des Vorplatzes sich im Innern der Bibliothek Oodi fortsetzt.

Konträr zum geschlossenen Eindruck der Holzfassade ist der gläserne Aufbau des zweiten Obergeschosses, der sich mit seinem wellenförmigen Dach vom unteren Gebäudeteil absetzt. Dadurch gewinnt der Bau trotz seiner Größe eine elegante Leichtigkeit.

Stützenfreier Grundriss mit vielfältigem Raumprogramm

Die neue Zentralbibliothek ist ein multifunktionales Gebäude und beweist, dass sich analoge Lesestätten durchaus in das digitale Zeitalter hinüberretten lassen. Die Ebenen sind in vielfältige Funktionsbereiche aufgeteilt: Das Erdgeschoss ist eine aktive Zone mit einem Foyer, das aufgrund seiner Größe für verschiedenste Veranstaltungen genutzt werden kann. Durch eine Brückenkonstruktion aus Stahl mit einer Spannweite von 100 Metern bleibt es stützenfrei. Hier befinden sich auch ein Kinoraum, ein Auditorium, ein Restaurant und ein Café sowie Informationsstände.

Im Zwischengeschoss ist Platz für zahlreiche Aktivitäten, die nichts mit Lesen zu tun haben. Hier kann im Werkstattbereich gearbeitet, gestaltet und ausprobiert werden. In Kreativlaboren stehen Nähmaschinen, 3D-Drucker, Plotter oder auch Computerspiele zur Verfügung. Außerdem gibt es Tonstudios sowie Küchen für Kochkurse. Diese Nutzungen wurden auf Wunsch der Bevölkerung in das Gebäude integriert. Die Deckenwölbung des Erdgeschosses zeichnet sich in Form von Sitzstufen ab. Kleinere Nischen, die sich aus der Konstruktion ergeben, bieten Rückzugsräume.

Im obersten Geschoss schließlich liegt der sogenannte Bücherhimmel: der große Lesesaal mit einer weißen geschwungenen Abhangdecke, in die kreisförmige Oberlichter eingelassen sind. Halbhohe Regale lassen freie Sicht auf den ganzen Raum, die geschosshohe Verglasung ermöglicht einen Panoramablick über die Stadt. Die gesamte Ebene ist durch Podeste, Treppen und Sitzbereiche gegliedert.

Elektro / Gebäudetechnik: Nahezu Nullenergie-Standard
Bei der Planung des neuen Kulturbaus wurde besonderer Wert auf die Energieeffizienz gelegt. Die Bibliothek erreicht nahezu einen Nullenergie-Standard. Sie ist an das klimafreundliche Fernwärmenetz von Helsinki angeschlossen: Die Stadt nutzt die beispielsweise durch industrielle Prozesse anfallende Abwärme, um über Wärmepumpen Fernwärme zu erzeugen.

Die Raumluft wird sensorbasiert in Abhängigkeit vom Temperaturniveau und der CO2-Konzentration in der Luft klimatisiert. Da in Finnland viel geheizt wird, waren die Luftdichtigkeit und eine ausreichende Wärmedämmung zentrale Aspekte bei der Gestaltung der Gebäudehülle. Im ersten Obergeschoss erfolgt die Klimatisierung über Deckenstrahlplatten. Die öffentlichen Ebenen der Bibliothek sind mit Doppelböden ausgestattet, um etwaige Nutzungsänderungen zu ermöglichen.

Anwesenheits- und Tageslichtkontrollsysteme

Die Glasfassaden erhöhen den Anteil an funktionalem Tageslicht im Foyer und im Lesesaal. Dadurch werden der Einsatz von Kunstlicht reduziert und die Qualität der Innenräume verbessert. Anwesenheits- und Tageslichtkontrollsysteme steuern das An- und Abschalten der künstlichen Beleuchtung und tragen damit zu einem verringerten Energieverbrauch bei. LED-Leuchten sind im Erdgeschoss in die Holzverkleidung der Decke integriert. Für das Zwischengeschoss wurden kreisrunde Pendelleuchten gewählt und im obersten Geschoss sind Deckenstrahler rings um die Stützen angebracht. -ik

Bautafel

Architektur: ALA Architects, Helsinki
Projektbeteiligte: Pöyry CM (Projektmanagement); Ramboll, Espoo (Tragwerksplanung); Finnmap Infra & Sipti Infra, Helsinki (Geoplanung); Projectus Team (HVAC), VIZarch (Visualisierung); Arup (Energietechnik, Tragwerks- und Fassadenplanung); Klaus Stolt (Modellbau); Gravicon (BIM-Koordination); Insinööritoimisto Markku Kauriala (Brandschutz); Insinööritoimisto Lausamo (Elektrotechnik)
Bauherrschaft:
Stadt Helsinki
Fertigstellung:
2018
Standort:
Töölönlahdenkatu 4, 00100 Helsinki, Finnland
Bildnachweis: Tuomas Uusheimo, Helsinki; Iwan Baan, Amsterdam

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