Wohnung 402 im Corbusierhaus Berlin

Zurück zum Original - 50 Jahre altes Linoleum

Allen Architekturinteressierten dürfte das Corbusierhaus nahe dem Berliner Olympiastadion ein Begriff sein: Für die Internationale Bauausstellung 1957 wurde es nach Plänen des Architekten Le Corbusier (1887 - 1965) realisiert und sollte damals das zukünftige Bauen zeigen. Das Wohnhaus ist eine abgewandelte Form des Corbusierschen Entwurfs der Unité Habitation, wie sie in Marseille, Briey-en-Fôret, Firminy und Nantes-Rezé gebaut wurde.

Wohnraum: Der originale Bodenbelag konnte restauriert werden
Im Flur: Links ist die Küche zu sehen, geradeaus der Wohnraum
Blick durch das Schiebefenster zwischen Küche und Wohnraum

Auf 17 Geschossen beherbergt das Gebäude 530 Wohnungen in unterschiedlichen Größen, die zunächst vermietet und ab 1979 verkauft wurden. Bis auf die 173 Einzimmerwohnungen gehen alle Wohnungen (267 Zwei-, 85 Drei-, vier Vier- und eine Fünfzimmerwohnung) über zwei Geschosse. Erschlossen werden sie über innen liegende Mittelflure, sogenannte Rues Intérieures (franz. Innenstraßen).

In Berlin mussten die Pläne des Architekten aufgrund der damaligen Bauordnung abgewandelt werden: Die Geschosse wurden von 2,26 m auf 2,50 m erhöht. Um die Proportionen der Räume beizubehalten, wurden die Wohnungen von 3,66 m auf 4,06 m verbreitert. Außerdem fiel der ursprünglich geplante zweigeschossige Wohnraum weg, um insgesamt mehr Wohnfläche realisieren zu können. All diese Maßnahmen führten dazu, dass sich Le Corbusier später von dem Gebäude distanzierte.

2011 erwarb der Architektur-Redakteur Benedikt Hotze eine 33 m² große Einzimmerwohnung in der vierten Innenstraße und ließ sie nach Plänen der Architektin Kathrin Bunte in ihren Originalzustand zurückführen. Seither kann die Wohnung auf Zeit gemietet werden (siehe Surftipps).

Über die Innenstraße gelangt man in einen schmalen Flur der Wohnung, von dem die innen liegende Küche (2,56 x 1,50 m) und der große Wohnraum (4,06 x 5,45 m) abgehen. Hinter der Küche befindet sich ein kleines innen liegendes Bad, welches über den Wohnraum zugänglich ist. An der Fassade erstreckt sich über die gesamte Breite des Wohnraums, und damit der Wohnung, eine Loggia von 4,06 x 1,40 m. Im Zuge der Renovierung wurde zwischen Küche und Wohnraum die ursprüngliche Trennwand mit einem Glasschiebefenster wiederhergestellt, das für die Belichtung der Küche sorgt. Weitere Details wie die Brötchenklappe zur Innenstraße und die mechanischen Belüftungsvorrichtungen in Küche und Bad waren noch erhalten und können weiterhin genutzt werden.

Boden
Bei den Renovierungsarbeiten kam im Wohnraum unter einem PVC-Belag das original verlegte Linoleum in Dunkelgrün zum Vorschein. Es konnte denkmalgerecht restauriert werden, zeigt aber deutlich die Gebrauchsspuren der letzten 50 Jahre.

In Küche und Flur musste der Bodenbelag erneuert werden, hier ersetzt ihn ein taubenblaues Linoleum der Original-Kollektion, die der Hersteller noch führt. Die Wandflächen des Flurs sind ebenfalls in Taubenblau gestrichen, um den Raum optisch zu vergrößern. Der fließende Übergang wird noch nicht einmal von Fußleisten unterbrochen.

Durch die unifarbenen Linoleumbeläge, die farbigen Wände und die schlichten Möbel wirken die Räume insgesamt ruhig und stimmig. Das Farbkonzept der Wohnung wurde damals wie heute durch Le Corbusiers Farblehre inspiriert. Auch an den Fassaden des Hauses kommt sie zum Einsatz. -eh

Bautafel

Architekten:  Le Corbusier, Paris (1958); Kathrin Bunte, Berlin (2011)
Projektbeteiligte: Felix Hinssen und Erich Böckler, Berlin (Baurat 1958); Fritz Eske, Berlin (Bauleitung 1958); Kathrin Bunte, Berlin (Bauleitung 2011); DLW Flooring, Bietigheim-Bissingen (ursprünglicher und neuer Bodenbelag: Uni Walton)
Bauherr: Dr. Frithjof Müller-Reppen, Berlin (1958); Benedikt Hotze, Berlin (2011)
Fertigstellung: 1958; 2011 (Sanierung der Wohnung 402)
Standort: Flatowallee 16, 14055 Berlin
Bildnachweis: Benedikt Hotze, Berlin; Kathrin Bunte, Berlin

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Seit seiner Erfindung hat sich die Rezeptur von Linoleum kaum verändert - es besteht vorwiegend aus den Rohstoffen Leinöl, Harz, Holz- und Korkmehl, Kreide und Jute.

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