Wohnsiedlung Entre Deux Rives auf der Ile-Saint-Denis

Sozial durchmischter Geschosswohnungsbau im Niedrigenergiestandard

Schmal und gewunden passt sich die Seine-Insel und eigenständige Gemeinde l'Île-Saint-Denis nördlich von Paris dem Flussverlauf an – und bildet einen großen Bogen gen Osten. Auf einem ehemaligen Industriegelände unweit der südlichen Inselspitze planten Philippon Kalt Architekten, selbst in der französischen Hauptstadt ansässig, ein Quartier nach ökologischen Kriterien. Auch die autofreie Siedlung Entre Deux Rives („Zwischen zwei Ufern“) mit 165 Wohneinheiten im Niedrigenergiestandard gehört dazu. Parallel zum Inselufer, sind fünf Zeilen hintereinander angeordnet, die sich aus drei- bis siebengeschossigen Häusern zusammensetzen und Blöcke mit gemeinsamen Freiflächen bilden.

Loggien und Terrassen mit einer Fläche von mindestens 12 Quadratmetern und eine Tiefe von zwei Metern erweitern die Wohnräume an der Häuserzeile West
Die gelb-orangen Verglasungen schützen die Loggien an der Westseite vor starkem Wind
Ansicht der Rückseite der Häuserzeile West und dem davor liegenden Hof

Wichtige Ziele der Planung waren der Einsatz erneuerbarer Energien sowie die Berücksichtigung eines möglichen künftigen Rückbaus einschließlich der Wiederverwertbarkeit aller Baumaterialien, die Entwicklung eines artenreichen Lebensraums für Tiere und Pflanzen und die soziale Mischung der Bewohner. Deshalb gibt es nun auf jeder Etage Eigentums- und Mietwohnungen. Um die Begegnung und Interaktion der Anwohner zu fördern, durchkreuzen und verbinden breite Wege die Häuserblocks. Freie Zwischenräume ermöglichen vielfältige Nutzungen; verglaste Gemeinschaftszonen, aber auch licht- und blickdurchlässige Fensterläden aus Holz sollen der individuellen Abschottung ebenso entgegenwirken wie niedrige Begrenzungsmauern zur Gliederung des leicht hügeligen Geländes. Die Siedlung ist zur Hälfte begrünt und mit Bäumen bepflanzt; Grünflächen verbinden die Eingänge sämtlicher Häuser. Private Terrassen sind durch 1,10 Meter hohe Weidenhecken eingefasst, die einen Blick ringsum ermöglichen.

Die Häuser verfügen über ähnliche Grundrisse und beinhalten Zwei- bis Vierzimmerwohnungen. Großzügige Loggien und Terrassen mit einer Fläche von mindestens 12 Quadratmetern und eine Tiefe von zwei Metern erweitern die Wohnräume der Drei- und Vierzimmerwohnungen nach außen. Zur Vermeidung von Wärmebrücken ist die Konstruktion der Loggien von den Häusern thermisch getrennt: Sie werden von Plattformen aus verzinktem Stahl gehalten, die einen barrierefreien Zugang ermöglichen. Bis auf eine breite Öffnung in der Mitte oder übereck sind die Freisitze von einem feinen Gitternetz umhüllt, an dem Kletterpflanzen hochwachsen. Sie bilden einen Puffer zur Wahrung der Privatsphäre, spenden Schatten und dienen als Lebensraum für Kleintiere.

Die Eingangszonen der Häuser sind meist an zwei Seiten verglast, und auch die von Wohnungseigentümern und Mietern gemeinsam genutzten Aufzüge werden natürlich belichtet. Das Öffnungsmuster innerhalb der Fassaden ist unregelmäßig, weil auch Badezimmer nach Möglichkeit mit Tageslicht versorgt werden und Wohnräume von zwei Seiten Sonnenlicht erhalten. Die Fassaden zeigen einen lebhaften Materialmix aus farbigem Beton, Lärchenholz und weißen Metallpaneelen. Ihre Gestaltung folgt ebenso wie die gestaffelten Gebäudehöhen dem baulichen Umfeld beidseitig der Seine, das in den letzten 70 Jahren entstanden ist. Die feinen Gitternetze für Kletterpflanzen und die vorgesetzten Stahlkonstruktionen werden nach und nach zuwachsen. Balkone an der Westseite sind durch farbige Verglasungen vor starkem Wind geschützt.

Nur tragende Elemente wie Wände und Fundamente sind aus Beton errichtet. Speziell für das Quartier entwickelten die Architekten ein System leichter, recycelbarer Fassadenelemente in Metallrahmen. Die nicht tragende Fassade wurde in Anlehnung an industrielle Bauweisen errichtet: Komponenten wie Unterrahmen für Fenster, Blechverkleidungen und Aluminiumpaneele erlaubten einen zügigen Zusammenbau; alle Einzelteile sind wiederverwertbar. Die Fassade hat einen Aufbau von insgesamt 27 cm, davon 20 cm Wärmedämmung. Die Beheizung der Gebäude erfolgt über das Fernwärmenetz. Das Regenwasser wird gesammelt und zur Bewässerung der Grünflächen und Terrassen sowie zur Reinigung der Gemeinschaftsbereiche genutzt. (us)

Bautafel

Architekten: Philippon Kalt Architectes Urbanistes, Paris
Projektbeteiligte:
Alto Ingénierie, Bussy-St-Martin (Energieberatung); LGX Ingénierie, Vitry sur Seine (Statik)
Bauherr:
Icade Capri, Paris
Fertigstellung:
2014
Standort:
7 Quai du Châtelier, 93450 L'Ile-Saint-Denis
Bildnachweis: Hervé Abbadie, Paris und Philippe Monges

Fachwissen zum Thema

Zur sozio-kulturellen Bewertung gehören ästhetische und gestalterische Faktoren, aber auch Behaglichkeit und Gesundheitsschutz (im Bild: Modernisierung eines Wohnquartiers aus den 1930er Jahren in Hamburg-Wilhelmsburg, Architektur: kfs - krause feyerabend sippel partnerschaft, Lübeck).

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Die einfache Trennbarkeit von Konstruktionen mit Materialien unterschiedlicher Lebensdauer ist ein wichtiges Kriterium der Rückbaubarkeit.

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Baustoffe/​-teile

Rückbaubarkeit

In die großmaßstäbliche Planung sind die gesetzlichen Anforderungen des Umwelt- und Naturschutzes mit einzubeziehen

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