Wohnsiedlung Ackermannbogen in München

Modellprojekt mit solarer Nahwärmeversorgung

Auf dem Gelände einer ehemaligen Bundeswehrkaserne, zwischen dem Münchner Stadtteil Schwabing und dem Olympiapark, entsteht etwa seit der Jahrtausendwende das Stadtquartier Am Ackermannbogen. Unter der Federführung der Stadt München wurde im Nordwesten dieses Quartiers das Modellprojekt Solare Nahwärme am Ackermannbogen realisiert. Das durch Bundes- und Landesmittel geförderte Projekt besteht aus insgesamt elf Gebäuden mit 320 Wohneinheiten, die von fünf Bauträgern mit jeweils unterschiedlichen Architektenteams geplant und gebaut wurden.

Ansicht Südwesten
Südfassade mit Balkonen und Rankgerüst
Dächer mit Solarkollektoren

Nach Plänen der Münchner Architekten Götze und Hadlich entstanden drei Nord-Süd ausgerichtete Zeilenbauten mit je 34 Wohnungen. Den oberen Abschluss der kompakten, viergeschossigen Baukörper bilden nach Süden ausgerichtete Pultdächer. Die Südfassaden sind mit raumhohen Fenstern und durchgehenden Balkonen offen gestaltet, die Fassaden nach Norden im Gegenzug eher geschlossen gehalten. Analog dazu liegen die Aufenthaltsräume auf der Südseite, während sich die Neben- und Treppenräume nach Norden orientieren. Auf den Balkonen dienen Rankgerüste als Schutz vor allzuviel Sommersonne. Die Außenwände aus Mauerwerk und Stahlbeton wurden durchgehend mit einer 16 bis 20 cm dicken Wärmedämmung versehen. Die Fenster sind isolierverglast, die Rahmen bestehen aus Holz.

Solares Bauen
Die Pultdächer haben eine Neigung von 20° und bieten Platz für insgesamt 3.000 m² thermische Solarkollektoren. Über ein Nahwärmenetz laden diese einen mit 5700 m3 Wasser gefüllten unterirdischen Speicher auf, der mehr als 300 Wohnungen mit solarer Wärme versorgt (solarer Deckungsanteil: rund 50%). Die solare Nahwärmeversorgung liefert das ganze Jahr Warmwasser für die Wohnungen und im Winter zusätzlich Heizwärme.

Der Speicher hat einen Durchmesser von 26 m. Er besteht aus einer innen mit Edelstahl verkleideten Betonschale und einer dicken äußeren Dämmung, die den Wärmeverlust minimiert. Eingegraben in einen Hügel ist er in die Grünanlage des Wohnquartiers integriert. Das so gespeicherte Wasser heizt sich im Herbst auf bis zu 90°C auf und wird im Winter sowie in den Übergangszeiten durch das Nahwärmenetz zur Beheizung in die Wohnungen transportiert. Die Energiezentrale der gesamten Anlage ist neben dem Speicher angeordnet und ebenfalls in den Erdhügel integriert. Sämtliche Transportleitungen und Steuerungssysteme laufen an dieser Stelle zusammen. Von hier wird die Fernwärme eingekoppelt, wenn die Solarenergie nicht ausreicht. Die Fernwärme treibt auch eine Absorptionswärmepumpe an, mit deren Hilfe die Wassertemperatur im Speicher im Winter deutlich abgesenkt und damit die Effizienz des Gesamtsystems gesteigert wird. Die Wohnungen haben einen Heizwärmebedarf von 40 kWh/m²a, die Wärmeübergabe erfolgt wohnungsweise, die Beheizung über Fußbodenheizungen mit niedrigen Vor- und Rücklauftemperaturen.

Nach der Inbetriebnahmephase des Modellprojekts erstellte das Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München einen Abschlussbericht, in dem es feststellte, dass die Anlage zuverlässig und erfolgreich arbeitet - auch wenn die gesteckten Ziele in Einzelfällen nicht erreicht wurden. So funktioniert die Temperaturschichtung im Speicher (unten kalt, oben warm) mittels eines „Schichtladers" nicht zufriedenstellend, der aufwendige Umbau der bestehenden Beladeeinrichtung stünde aber in keinem Verhältnis zum Nutzen. Mängel ergaben sich auch bei den Flachkollektoren, die nicht die geforderte Leistung erbrachten und fehlerhaft konstruiert waren, wie sich im Frühjahr 2009 herausstellte. Bis 2012 werden daher alle drei Kollektordächer durch den Hersteller saniert. Der solare Deckungsanteil betrug im Jahr 2009/2010 dennoch immerhin 45%.

Die überwiegend jungen Familien in der Siedlung zeigen sich insgesamt zufrieden mit dem Heizsystem und dem Komfort der Wohnungen. Außerdem sammelten alle am Projekt Beteiligten zahlreiche Erfahrungen mit neuartiger regenerativer Heiztechnik, die sich in Zukunft nutzen lassen.

Bautafel

Architekten: Götze Hadlich Popp Streib Architekten, München
Projektbeteiligte:
Stadtwerke München (Planung, Bau und Betrieb Energieversorgungssystem); ZAE Bayern, Würzburg, Ingenieurbüro Bittner, München, Energieagentur Berghamer, Moosburg (Energieberatung)
Bauherr: Concept Bau Premier und Heimag, München
Fertigstellung: Einweihung 2007; Sanierung bis 2012
Standort: Am Ackermannbogen, Centa-Herker-Bogen, München

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