Wohnhaus in St. Peter in der Au

Steildach mit großem Überstand als Blickfang

Ein hohes Steildach, das weit über den Grundriss hinausragt, charakterisiert ein Wohnhaus in der niederösterreichischen Marktgemeinde St. Peter in der Au. Sie gehört zum Bezirk Amstetten inmitten der Hügellandschaft des Mostviertels. Vom Tourismus weitgehend unberührt, nutzen höchstens Tagesausflügler aus Steyr, Amstetten und Linz die landwirtschaftlich geprägte Region zum Wandern. Dem Wunsch der Bauherrn, einer jungen Familie, nach einem architektonisch gut durchdachten Holzhaus begegneten die Planer von Bogenfeld Architektur mit einem klar strukturierten Entwurf: Der lang gestreckte, kompakt organisierte Grundriss vereint die gemeinsamen Wohnräume im Erdgeschoss und die privaten im Obergeschoss. Ein umlaufendes Holzdeck verlängert sich vor dem Wohnraum im Westen zu einer großzügigen Terrasse. Das Dach wird mit scheunenartigen Ausmaßen zum Blickfang und schützt den Innen- und Außenbereich vor Sonne, Regen und Schnee.

Vor dem Wohnraum im Westen erweitert sich das umlaufende Holzdeck zur Terrasse; darüber ist die Dachkonstruktion mit Sprengwerk ablesbar
Die Fassade des Holzbaus nach Plänen von Bogenfeld Architektur ist mit dunkel lasierten Fichtenlatten bekleidet, der Eingang liegt zurückversetzt in einer Nische (Nordansicht)
Der Eingangsbereich wird durch helles Lärchenholz hervorgehoben

Zwar liegt das Grundstück innerhalb einer gewachsenen Siedlung (einst befand sich hier der Pfarrhof der Gemeinde), doch die Größe ermöglichte eine autarke Positionierung des Hauses. Orientierung gaben die Grundstücksform, die Topografie und der Verlauf der Sonne. Mit Ausnahme von Bodenplatte, Sanitärkern und Treppenhaus ist das Gebäude aus Holz errichtet. Der Grundriss ist so konzipiert, dass sich einzelne Wohnflächen entkoppeln lassen. Der Erschließungskern aus Beton macht eine spätere Teilung optional: Sind die Kinder aus dem Haus, kann ein Teil vermietet oder verkauft werden.

Das nicht unterkellerte Haus ist knapp 24 Meter lang und zehn Meter breit. Lagerraum bietet ein alter Schuppen im Nordosten des Grundstücks. Er dient als Sicht- und Schallschutz zur nördlichen Straße und wird als solcher fortgeführt durch einen Erdwall. Dieser entstand aus dem Aushub und ist nach außen mit Gras, zum Garten aber mit Nutzpflanzen bewachsen. So bleibt das Gebäude vor Passanten bis auf das anthrazitfarbene Dach und einen schmalen Fassadenstreifen verborgen. Bekleidet ist es mit sägerauen, vertikalen Fichtenholzlatten, die dunkelbraun lasiert sind. Der Eingang wird betont durch einen loggienartigen Einschnitt an der Nordseite, der im Kontrast zur dunklen Hülle mit hellem, geölten Lärchenholz versehen ist. Gegenüber der Haustür ist genügend Raum für einen Sitz- und Essplatz.

Im Erdgeschoss befindet sich das Wohn- und Esszimmer mit offener Küche. Zwei Sichtbetonkerne – einer mit WC und Speisekammer, einer für die Treppe – dienen der Aussteifung und wirken gemeinsam mit der Bodenplatte als Speichermasse. Zur Terrasse und dem Garten nach Süden und Westen öffnet sich das Wohnhaus mit großen Verglasungen. Oberhalb des Wohnraums macht ein Luftraum das Dach einsehbar und eine Galerie im Obergeschoss verbindet die Etagen. Dort sind zwei Kinderzimmer und ein Bad zu einer Seite des Treppenhauses aufgereiht, das Elternschlafzimmer befindet sich dahinter an der Ostseite. Eine neun Meter lange Gaube mit Fensterband gen Süden, einzelne Dachfenster gen Norden und verglaste Zonen im oberen Bereich der Trennwände sorgen für viel Tageslicht und Ausblicke in die Umgebung. Die Innenräume sind mit Sichtbeton und dem vorherrschenden hellen Fichtenholz in der Materialität reduziert. Sogar die Küche ist bis auf die steinerne Arbeitsplatte aus Fichten-Dreischichtplatten gefertigt.

Dach

Das steil geneigte Satteldach mit einem weiten umlaufenden Überstand schützt auch die Fassade vor Wettereinflüssen. Wohnraum und Terrasse bleiben stützenfrei, indem die Last aus dem Dachfirst über schräge Streben unter dem Träger auf die außen liegenden Schwellen abgetragen („abgesprengt“) wird. Die Last wird dadurch in vertikale und horizontale Kräfte aufgeteilt. Der unter den Schwellen verlaufende horizontale Träger wird dabei auf Zug belastet, wirkt also als Zugband. Da nur ein Punkt von den Streben unterstützt wird, spricht man von einem einfachen Sprengwerk. Die Konstruktion ist im Dachgiebel über der Terrasse, hier gehalten von schmalen Rundstützen aus verzinktem Stahl, gut ablesbar (Abb. 2). Das mit anthrazitfarbenen Ziegeln gedeckte Dach verfügt über eine neun Meter lange, um 15° geneigte Gaube.
Dachaufbau (von außen nach innen):

  • Ziegeleindeckung
  • Dachlatten (3 cm)
  • Konterlattung (5 cm)
  • Unterdachfolie
  • Vollschalung (2,4 cm)
  • Wärmedämmung (Sparren + Aufdopplung) 40 cm
  • Dampfbremse
  • Sparschalung (2,4 cm)
  • Dreischichtplatte (1,8 cm)

Bautafel

Architekten: Bogenfeld Architektur, Linz
Projektbeteiligte: Holzbau Stingl, Lunz am See (Holzbau Fassaden); Baumeister Stockinger, Gaflenz (Betonarbeiten)
Fertigstellung: 2016
Standort: St. Peter in der Au, Österreich
Bauherr: privat
Bildnachweis: Violetta Wakolbinger, Asten
 

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