Wohnhaus in Karlsruhe

Kombination von Solarenergie und Wärmeschutz

Ein in die Jahre gekommener Flachdachbungalow mit Schwimmbad und Einliegerwohnung im Untergeschoss stand nach dem Eigentümerwechsel zur Sanierung an - ein üblicher Vorgang. Das Haus ist typisch für die Bauweise um 1970 vor der Ölkrise: weitläufige Grundrisse gepaart mit fast fahrlässig zu nennender Blauäugigkeit gegenüber allen bauphysikalischen Belangen - zur Entstehungszeit glaubte man eben noch an die Unendlichkeit der Ressourcen.

Die Solarkollektoren dienen gleichzeitig als Wärmeschutz.
Der ehemals  so gut wie ungedämmte Dachrand wurde in die Dämmebene integriert.
Alle Kollektoren wurden auf Maß angefertigt, um die alten ( noch intakten) Fenster zu erhalten.

Da die ehemalige Außenwand-Verkleidung mit Asbestzementtafeln stark verwittert und eine Weiterverwendung zudem ökologisch bedenklich war, wollte der neue Bauherr und Architekt energetisch keine „halben Sachen" machen und darüber hinaus unter finanziell beschränkten Bedingungen eine wirkliche Modernisierung angehen.

Eine Maßnahme bestand deshalb aus der energieeffizienten Ertüchtigung des Untergeschosses. Um dort die nur 5 cm aus der Fassadenflucht vorkragenden Fenster bauphysikalisch richtig planeben mit der Dämmfassade einzubinden, kamen nur dünne (im Wohnhausbereich noch unübliche) auf die Sichtbetonflächen geklebte Vakuum-Isolationspaneele zum Einsatz, die mit einer Purenothermplatte, Putzträger und einem mineralischem Putz versehen wurden. Die ehemals nur innenseitig gedämmten Außenwände des Untergeschosses erreichen dadurch ebenfalls fast passivhaustaugliche Dämmwerte von 0,15 W/m²K. Bereits 2003 wurde eine Flachdachsanierung mit einer Erhöhung der Wärmedämmung durchgeführt.

Solar
Nach der Demontage der Faserzementplatten im Obergeschoss war guter Rat teuer: Der Ausbau der Fenster kam nicht in Frage, da die Glasscheiben eine Wärmeschutzverglasung aufwiesen und die Edelholzprofile kaum unter dem Witterungseinfluss gelitten hatten. Die ehemalige, nur 5 cm dicke Wärmedämmung hätte alternativ entweder aufgedoppelt oder durch eine neue, dickere ersetzt und mit einer neuen, hinterlüfteten Plattenverkleidung versehen werden können.

Stattdessen wurde eine dritte Alternative gewählt, die den Wirkungsgrad der Fassade enorm steigert: Speziell auf die Fassadenunterteilung zugeschnittene thermische Solarkollektoren (Typ IFK) mit einer Dämmstärke von ebenfalls 5 cm ersetzen an allen vier Seiten die ehemalige Fassade. Während an den drei sonnenbeschienenen Seiten (Ost, West und Süd) die Kollektoren zur Warmwassererzeugung und zu 70% zur Erwärmung des internen Schwimmbades beitragen, wurde auch die Nordseite zu Wärmeschutzzwecken ebenfalls mit (allerdings nicht am Solarsystem angeschlossenen) Kollektoren verkleidet.

Messungen ergaben, dass sogar an sonnenlosen Wintertagen, mit diffusem Licht die rechnerischen Dämmwerte um 30% unterschritten und mit 0,19 W/m²K fast passivhaustaugliche Werte, an sonnigen Tagen sogar solche von 0,04 W/m²K erreicht werden.

Anhand der Simulationsergebnisse ist ein vertikaler Einbau von Solarkollektoren dem Haus zuträglicher als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Durch den niedrigen Einstrahlungswinkel der Sonne ist der Wirkungsgrad der Anlage im Frühjahr und im Herbst (wenn mehr Energie benötigt wird) am besten. Im Sommer, wenn der Winkel der Sonneneinstrahlung steiler wird, aber auch weniger Energie abgerufen wird (vor allem aber in der Urlaubszeit), wird die Aufheizung der Solarkollektoren auf ein zuträgliches Maß gesenkt; zudem ist hierdurch sogar die Leistung im Winter noch beachtlich.

Eine geothermische Sole-Wasser-Wärmepumpe, die den alten Heizkessel ersetzt und ca. 190 m Erdsondenbohrung aufweist, soll in Kombination mit etwa 40 m² Photovoltaik-Elementen auf dem Dach den Energiebedarf des Gebäudes so reduzieren, dass keine Fremdenergie mehr verbraucht wir

Wegweisend wird dann aus einer vormaligen „Energieschleuder" ein „Plusenergiehaus" entstehen. Nach Aussage des Architekten wird sich der Kapitaleinsatz von etwa 500 EUR/m² Wohnfläche schon nach 10-15 Jahren amortisiert haben.

Bautafel

Architekt: Hinrich Reyelts, Karlsruhe
Projektbeteiligte: Delzer Kybernetik, Lörrach (Simulationsberechnung); Sonnenkraft, Regensburg (Solarkollektoren)
Bauherr: Familie Reyelts, Karlsruhe
Fertigstellung: 2005
Standort: Strählerweg 117, Karlsruhe-Durlach
Bildnachweis: Hinrich Reyelts, Karlsruhe

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Funktionsweise einer Solarzelle: 1. Negative Elektrode, 2. n-dotiertes Silizium, 3. Grenzschicht, 4. p-dotiertes Silizium, 5. positive Elektrode

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