Wohnhaus Hara House in Nagaoka

Gemeinschaftszelt

Zwei Ziele verfolgte das Architektenteam von Takeru Shoji Architects bei der Realisierung ihres nur aus Steildachflächen und Dachgauben bestehenden Hara House in der japanischen Präfektur Niigata. Es befindet sich in einem landwirtschaftlich geprägten Dorf, das zur Stadt Nagaoka zählt, auf dem Anwesen einer Familie als Ergänzung zum Haupthaus. Zum Einen sollte der Wohnraum vergrößert werden, um Platz zu schaffen für den jungen Nachkommen mit seiner eigenen, vierköpfigen Familie. Darüber hinaus entstand mit dem Gebäude, das aus der Ferne an ein leichtes Zelt erinnert, ein Raum, der dazu beiträgt, das soziale Miteinander der Dorfbewohner zu befördern.

Das Gebäude, entworfen von Takeru Shoji Architects aus Niigata, gliedert sich in das Bestands-Ensemble ein.
Bestehend nur aus dem metallgedeckten Dach wirkt das Haus wie ein Zelt.
Großzügige gaubenartige Öffnungen nach Ost und West bringen Tageslicht in den Innenraum.

Ein Zelt aus Holz, Metall und Kunststoff
Der Bestand auf dem Familienanwesen umfasst das Familienhaus, einen Arbeitsschuppen, ein Parkbereich sowie ein Gewächshaus. In dieses Ensemble sollte sich der Neubau nahtlos einfügen, was die Architekten über die Materialwahl sowie über die Kubatur anstrebten. So besteht die Konstruktion aus dem gleichen Baumaterial wie die umgebenden Gebäude: Während PVC für indirektes Licht an den Giebelfassaden sorgt, prägen ansonsten die Baustoffe Holz und Metall den zweigeschossigen Neubau. Dessen geneigtes Dach ist über einem rechteckigen Innenbereich gestülpt. Die bis zum Boden herunter reichenden Dachflächen verleihen dem Gebäude einen dreieckigen Querschnitt, wie bei einem Nurdachhaus

Wie viele ländlichen Siedlungen in Japan, ist das Dorf Tsunugason von einer steten Abwanderung junger Menschen in die Städte betroffen. Das einstige soziale Dorfleben verschwand mehr und mehr, wozu auch die schrittweise Ablösung der gewachsenen dörflichen Baustruktur durch abgeschlossene, freistehende Neubauten beitrug. Die traditionelle bäuerliche Bauweise beförderte ein relativ enges Miteinander, da bei ihr auf einem Grundstück mehrere Gebäude versammelt sind, die neben Wohnzwecken auch der Lagerhaltung oder der Unterbringung von Geräten dienen.

Ein Haus für Familie und Dorfgemeinschaft
Der Ansatz, ein symbiotisch mit dem Bestand verwurzeltes Gebäude zu schaffen, wurde von dem Gedanken geleitet, dass die junge Familie später den eigentlichen Familiensitz erben und dorthin übersiedeln wird. Der Neubau könnte dann von den nächstgeborenen Nachkommen übernommen oder anderen Nutzungen zugedacht werden, etwa als Wohn- und Arbeitsbereich für Praktikanten. Das Ziel, eine verbesserte Kommunikation, nicht nur innerhalb des Anwesens, sondern auch zu den Dorfbewohnern zu fördern, wurde über den Einsatz großer, gläserner Schiebeflächen an den Längsseiten der Zeltform umgesetzt. Diese können geöffnet werden, was nicht nur für eine gute Durchlüftung sorgt, sondern auf Wunsch die Begrenzung zwischen Innen- und Außenraum auflöst. Bewohner und vorbeikommende Nachbarn können auf den von Gauben überdachten, Veranden einen kleinen Schwatz halten. 

Auch bei der Innenraumgestaltung legte man Wert darauf, dass verschiedene Nutzungen möglich sind, die nicht nur den familiären Wohnbedürfnissen zuträglich sind, sondern auch dem Gedeihen der Dorfgemeinschaft. Der Wohnraum ist so groß und offen gehalten, dass dort öffentliche Treffen oder gemeinsame Veranstaltungen abgehalten werden können. Als einzige separat abgetrennte Räume, existieren im Erdgeschoss neben dem offenen Wohn- und Essbereich, ein kleiner Schlafraum, die Küche und ein Badezimmer. Über Leitern gelangt man auf zwei Emporen. Dort befinden sich unter dem offenen Giebel sowohl ein Kinderzimmer als auch ein Arbeitsbereich.

Dach: Satteldach mit Dreiecksgauben
Die gängige Satteldachform der regional tradierten Architektur übernahm man nicht einfach, sondern überzog diese ins Extreme, mit dem Ergebnis, das ein Nurdachhaus entstand. Durch seine Dreiecksform wirkt das Gebäude wie ein großes Zelt. Das Tragwerk besteht aus der Abfolge einer einfachen dreieckigen Fachwerkkonstruktion aus 120 Milimeter starken quadratischen Kanthölzern, die horizontal wieder mit Kanthölzern verbunden sind. An den Längsseiten des Gebäudes nehmen großzügige gaubenartige Öffnungen nach Ost und West die Dreiecksform erneut auf, jedoch unregelmäßig. Auch der Eingangsbereich ist als spitzwinkliges Dreieck gestaltet, unter dem ein geschützter Gang zur Haustür führt. Die große Dachfläche ist mit Metall eingedeckt und verfügt im oberen Bereich über mehrere kleine Dachfenster.

Dachaufbau (von außen nach innen):

  • verzinktes Stahlblech 0,4 mm
  • Bitumenpappe 
  • Sperrholz 12 mm 
  • horizontale Hinterlüftungsebene 30 x 40 mm
  • tragende Sperrholzplatte 24 mm
  • Balken aus Oregonkiefer 120 x 120 mm
  • Dämmung 105 mm
  • Sperrholzverkleidung 12 mm

Bautafel

Architektur: Takeru Shoji Architects, Niigata, Japan
Projektbeteiligte:
Testuya Tanaka Structural Engineers (Statik); Yoshihara Gumi, Nagaoka (Bauausführung)
Standort: Nagaoka, Präfektur Niigata, Japan
Fertigstelllung:
2019
Bauherrschaft:
privat
Bildnachweis: Isamu Murai    


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