Wohn- und Geschäftshaus K5 in Ulm

Schlanke Wände aus Dämmbeton

In der Ulmer Innenstadt treffen viele architektonische Stilrichtungen aufeinander. Nach der Zerstörung des Stadtzentrums 1944 entstand zwischen den historischen Bauten unterschiedlichster Epochen Raum für moderne Projekte. Auch einige bekannte Architekten wie Richard Meier, Gottfried Böhm und Stephan Braunfels haben hier ihre Ideen verwirklicht und dazu beigetragen, den Stadtraum neu zu verdichten.

Das neue Wohn- und Geschäftshaus verdichtet das Gebiet hinter dem Ulmer Münster
Eine Bar im Erdgeschoss soll dazu beitragen, mehr Laufpublikum anzulocken
Sichtbare Hohlräume, sogenannte Lunker, sind typisch für die Oberfläche des Dämmbetons

Das Quartier östlich des Münsterplatzes wird von Fußgängern deutlich weniger frequentiert als die nördlich oder westlich anschließenden Innenstadtbereiche und dient in erster Linie als Anlieferzone für umliegende Läden und Gastronomie. Auf einem etwa hundert Quadratmeter großen Eckgrundstück, das jahrelang als Parkplatz genutzt wurde, realisierte das Büro Hochstrasser Architekten das K5, ein fünfgeschossiges Wohn- und Geschäftshaus, das dem öffentlichen Raum mehr Leben einhauchen soll. Eine Bar im Erdgeschoss öffnet sich mit bodentiefer Verglasung zum Außenraum, in den ersten beiden Obergeschossen liegen die neuen Räumlichkeiten des Planungsbüros. Highlight ist die 145 Quadratmeter große Maisonettewohnung mit Münsterblick im vierten und fünften Obergeschoss.

Die Kubatur des Neubaus passt sich der umliegenden Bebauung an, die Fassade aus Sichtbeton und Fenstern mit hellen Vollholzrahmen setzt einen starken Kontrast. Um konstruktiv möglichst wenig Nutzfläche zu verlieren, kam in der Ausführung Dämmbeton in unterschiedlichen Aufbauvarianten zum Einsatz. Durch den Zuschlag von Schaumglas erreicht das Gemisch bereits bei geringen Außenwandstärken gute thermische Eigenschaften, die Oberfläche bekommt durch sichtbare Hohlräume, sogenannte Lunker, einen lebendigen Charakter. Da das verwendete System in Deutschland bisher keine bauaufsichtliche Zulassung hat, musste für die Ausführung der Außenwandkonstruktion eine Zustimmung im Einzelfall erwirkt werden.

Gerüste und Schalungen

Wegen der statischen Anforderungen an den Anprallschutz durch Lieferwagen in der Anlieferzone wurde der 44 Zentimeter starke Dämmbeton im Erdgeschoss monolithisch verbaut. Ab dem ersten Obergeschoss konnte ein fugenloses, kerngedämmtes Wandsystem angewendet werden, das mit einem U-Wert von 0,15 W/m²K  Passivhausstandard erreicht. Der Aufbau besteht aus einer 16 Zentimeter starken, inneren Tragschale, einer EPS-Kerndämmung von ebenfalls 16 Zentimetern und einer äußeren Vorsatzschale von 12 Zentimetern. Die Kerndämmung wird innerhalb der Schalung durch Abstandshalter aus Glasfaser, sogenannte Thermo-Pins, fixiert. Damit entstehen durch die Verbindungen ebenfalls keine unerwünschten thermischen Verluste.

Das geringe Gewicht des Dämmbetons sowie der hohe Bewehrungsanteil verändern die Fließeigenschaften des Gemischs dahin gehend, dass der Einbau besondere Verdichtungsmaßnahmen erfordert. Im Falle des K5 bedeutete dies das Eingießen durch Kübel und den massiven Einsatz zusätzlicher Rüttler. Zudem war eine Ausschalfrist von 48 Stunden einzuhalten, da der Dämmbeton eine langsamere Festigkeitsentwicklung als normaler Beton aufweist. -ame

Bautafel

Architekten: hochstrasser.architekten bda dwb, Ulm
Projektbeteiligte: Schwenk Beton Alb-Donau GmbH & Co. KG/Werk Pfuhl, Neu-Ulm-Pfuhl (Betonherstellung); IB Kießling, Ulm (Statik); Blautal GmbH, Blaubeuren (Bauunternehmen); Misapar AG (Technologieträger); Dipl.-Ing. (FH) Daniel Bigos, Langenau (TGA-Planung); Jess Maertterer, Borken (Metallfassade)
Bauherr: Adrian Hochstrasser
Fertigstellung: März 2016
Standort: Karpfengasse 5, 89073 Ulm
Bildnachweis: www.peters-fotodesign.com (Michael Christian Peters, Amerang); Hochstasser Architekten, Ulm

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