Wohn- und Geschäftshaus in Landshut

Wasser/Wasser-Wärmepumpe nutzt Hangwasser zum Heizen und Kühlen

Oberhalb der gotisch geprägten Altstadt von Landshut erhebt sich weithin sichtbar der Hofberg mit der über 800 Jahre alten Burg Trausnitz. Direkt am Steilhang unter der Burg entstand nach Plänen des Landshuter Büros Leinhäupl + Neuber (ALN) ein neues Wohn- und Geschäftshaus. Dabei waren die Architekten zugleich auch Bauherr. Weil deren bisherige Büroflächen im danebenliegenden historischen Stadelbau zu klein geworden waren, entschied man sich für einen Neubau und konnte so den Stammsitz des Büros beibehalten.  Die Planer bezogen das Parterre und die Beletage, darüber liegt eine Penthousewohnung. Im Untergeschoss befindet sich eine Tiefgarage.

Durch die vielen Fensterfronten und umlaufenden Terrassen ergeben sich attraktive Ausblicke auf Landshut
Für die Fassade wählten die Architekten blanken Cortenstahl, der im Lauf der Zeit eine Patina bildet und so optisch immer mehr mit dem Gelände verschmilzt - auch das flache Satteldach ist mit Cortenstahl gedeckt
Seiteneingang aus Sichtbeton

Leitgedanke der Planung war, bezüglich Form, Materialauswahl und Energiebedarf ein möglichst reduziertes Gebäude zu schaffen. Im Rahmen der Gebäudekonzeption entschieden sich die Architekten für eine monolithische Kubatur, die sich in den Hang mit den darüber liegenden, mittelalterlichen Burgmauern harmonisch einfügt. Der dreigeschossige Baukörper des Gebäudes wird aus Stahlbetonwänden und -decken gebildet, die auf den hangabgewandten Seiten von großen Verglasungen durchbrochen sind. Durch die vielen Fensterfronten und umlaufenden Terrassen ergeben sich attraktive Ausblicke auf Landshut mit seinen vielen Baudenkmälern. Die Grundrisse variieren zwischen offenen und geschlossenen Räumen, der Übergang von innen nach außen ist fließend.

Für die Fassade wählten die Architekten Cortenstahl, der eine Patina bildet und so optisch immer mehr mit dem Gelände verschmilzt. Er ist als vorgehängte, hinterlüftete Verkleidung angebracht. Auch das flach geneigte Satteldach ist mit Cortenstahl gedeckt. Wände und Decken wurden in Beton erstellt, der auf der Innenseite in Sichtbetonqualität ausgeführt wurde und komplett unverhüllt blieb. Zu- und Abluftkanäle sind ebenfalls sichtbar. Für den Innenausbau kamen darüber hinaus vereinzelt Glastrennwandsysteme und Trockenbauplatten zum Einsatz. Der Fußboden besteht aus poliertem Estrich.

Heizung

Zum Heizen und Kühlen des Gebäudes war ursprünglich eine Wasser/Wasser-Wärmepumpe mit Entnahme- und Schluckbrunnen geplant. Für die Brunnenbohrung erteilten die lokalen Wasserwirtschaftsbehörden jedoch aus geologischen Gründen keine Genehmigung. Weitere Herausforderungen ergaben sich aus der schwierigen Topografie des Hofbergs mit seiner siebzigprozentigen Hangneigung. Während die statischen Probleme durch eine Hangsicherung gelöst wurden, wurde das Planungsteam während des Abtragens des Erdreichs unerwartet mit großen Mengen austretenden Wassers konfrontiert. Die Planer machten aus der Not eine Tugend: Nun wird das Hangwasser zum Heizen und Kühlen des Gebäudes genutzt.

Dazu wird es zwischen der Rückwand des Gebäudes und dem Baugrubenverbau in einem Gerinne gesammelt und über einen Absetzschacht in einen 12,5 Kubikmeter großen Speicher geleitet, der sich unter der Bodenplatte der Garage befindet. Für den Betrieb der Fußbodenheizung und für die Warmwasserbereitung wird das Wasser über einen Wärmetauscher zur Wasser/Wasser-Wärmepumpe geführt, die es auf das benötigte Temperaturniveau zum Heizen anhebt. Mit einem Kilowatt elektrischer Energie werden dabei rund vier Kilowatt Wärme erzeugt. Das abgekühlte Wasser fließt anschließend in den Speicher zurück. Außerdem besitzt das Gebäude einen Fernwärmeanschluss, mit dem an besonders frostigen Tagen, wenn Hangwasser und Wärmepumpe nicht die benötigten Temperaturen liefern können, eine Spitzenlastabdeckung beim Heizen möglich ist.

Die Kühlung des Gebäudes erfolgt über eine Betonkernaktivierung. Das bis zu sechs Grad kalte Hangwasser wird dem Speicher entnommen und über Rohrregister, die in den Stahlbetondecken verlegt sind, in die einzelnen Räume verteilt. Das Wasser kühlt die Betonmasse, erwärmt sich dabei und wird wieder zurück zum Wärmetauscher geleitet. Zusätzlich besitzt jedes Geschoss eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Bautafel

Architekten: Architekturbüro Leinhäupl + Neuber, Landshut
Projektbeteiligte: Bauingenieur- und Sachverständigenbüro Hans-Jürgen Ulrich, München (Beratung Betonkernaktivierung); Transsolar Energietechnik, Stuttgart (Vordimensionierung Bauteilaktivierung)
Bauherr: privat
Fertigstellung: 2017
Standort: Nahensteig 188 D, 84028 Landshut
Bildnachweis: Gabrijela Obert, Landshut; Markus Neuber, Landshut; Petrit Pasha, Landshut; Architekturbüro Leinhäupl + Neuber, Landshut

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