Wittgenstein-Haus in Wien/A

Türgriff der klassischen Moderne

Wie viel zu viele Häuser der klassischen Moderne ging auch das sogenannte Wittgenstein-Haus fast verloren im Konflikt zwischen Erbstreitigkeiten, Grundstücksspekulation und behördlicher Ignoranz. Dabei ist es eine Legende im doppelten Sinn: Zum einen hat es der Philosoph Ludwig Wittgenstein gestaltet und gebaut, und zum anderen ist es das Haus mit dem wahrscheinlich berühmtesten Türgriff der Welt, nämlich dem von Wittenstein selbst entworfenen Wittgenstein-Beschlag.

Original-Türgriff
Nachbau des Türgriffs nach dem Design von Ludwig Wittgenstein (1927)

Nach den üblichen Gepflogenheiten müsste das Haus eigentlich nach der Bauherrin, der Schwester des Philosophen, Haus Stonborough heißen. Sie beauftragte 1925 den Architekten Paul Engelmann mit der Planung eines Wohnhauses, doch schon wenig später wurde Wittgenstein auf eigenen Wunsch am Entwurf beteiligt und führte das Bauvorhaben schließlich zu Ende.

Das Haus selbst ist ein karg anmutender weißer Kubus mit hohen schlanken Fenstertüren, durchgängig perfektionistisch proportioniert und detailliert. Zweiflügelige Doppel-Türen mit Glasflügeln aus schmalen Metallprofilen und schmucklosen vollflächigen Metallklappen schaffen variantenreiche Verbindungen innerhalb der Raumkomposition und zum Außenbereich, im geschlossenen Zustand wirken sie dagegen regelrecht zusammengefaltet und undurchdringlich.

Beschläge
Ludwig Wittgenstein entwickelte für dieses Haus seinen berühmten Türdrücker, der heute noch erhältlich ist, komplettierbar mit Fenstergriffen, Türpuffern, Rosetten und Schildern.

Ein Zitat des Initiator zur Rettung des Hauses, Bernhard Leitner, der auch eine Dokumentation über das Haus geschrieben hat (siehe Zum Thema): „Einer der verblüffendsten Aspekte von Wittgensteins baukünstlerischer Arbeit ist die Ästhetik der Schwerelosigkeit. Er wählt das Material Metall, um Schärfe, Genauigkeit und Präzision zu erreichen, versteht es aber, durch seine genaue Kenntnis der Mechanik, der Gesetze von Energie, von Kraftübertragung und Reibung das Gewicht von Metall aufzulösen. Die schwerelose Bewegung von schweren Metall-Türen und Metall-Kurtinen lässt sich nicht abbilden: Sie offenbart sich nur im Gebrauch, in der Bewegung.“

Das Haus dient heute als Kulturinstitut der bulgarischen Botschaft und hat damit das seltene Glück, eine adäquate Nutzung gefunden zu haben.

Bautafel

Architekten: Ludwig Wittgenstein, Paul Engelmann
Bauherrin: Margarethe Stonborough
Fertigstellung: 1925
Standort: Kundmanngasse 19, 3. Bezirk, Wien, Österreich
Bildnachweis: Das Wittgenstein Haus und Tecnoline, Bremen

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