Winton Chapel in Winchester
Sanierung und goldfarbener Anbau mit Pultdach
Wie in ganz Europa bis ins 20. Jahrhundert üblich, gehörte auch
in England eine Kirche fest zum Raumprogramm einer Universität. So
auch in der südenglischen Stadt Winchester. Vierzig Jahre nach
Gründung der Universität wurde die Winton Chapel 1880 auf
dem Campus errichtet. Bis heute wird sie für die sonntägliche Messe
genutzt, zusätzlich aber auch für Veranstaltungen und Konzerte.
Nach einer ersten Erweiterung im Jahr 1927 wurde sie 2015 komplett
saniert und dabei um eine neue kleine Seitenkapelle sowie einen
neuen Aufenthalts- und einen Versammlungsraum ergänzt. Sämtliche
Baumaßnahmen erfolgten nach Plänen von Design Engine Architects aus
Winchester.
Die Wände und die Holzbalkendecke des neugotischen Sakralgebäudes
wurden behutsam restauriert und instand gesetzt, die Heizungsanlage
und das Lichtsystem erneuert. Neu sind auch die Bänke und
Bodendielen aus Eichenholz sowie der Altar und Bodenbelag im
Chorraum. Beide sind aus dem fossilienreichen Kalkstein von der
Isle of Purbeck gefertigt, der traditionell in englischen Kirchen
und Kathedralen eingesetzt wird. Das Gotteshaus erhielt ferner ein
Taufbecken aus poliertem, nicht rostendem Stahl, welches das
einfallende Licht reflektiert.
Die Erweiterung des Kapellenraumes war aufgrund der Nachbarbebauung
einzig an der Nordseite auf einem schmalen, asymmetrischen Streifen
möglich. Als Material für die Fassaden und das Dach wählten die
Architekten goldfarben eloxiertes Aluminium, das mit dem gelblichen
Stein des Bestandsgebäudes harmoniert. In unterschiedlicher Breite
bedecken die perforierten Alutafeln den lang gestreckten,
eingeschossigen Anbau. Über seinem asymmetrischen Grundriss erhebt
sich ein einfacher Holzständerbau mit Pultdach,
dessen Firstlinie deutlich über die Traufkante des Altbaus
hinausragt. Da die Gebäudehülle aus hinterlüfteten Aluminiumtafeln
auch vor den Fenstern verläuft, erscheint der Bau tagsüber
geschlossen und monolithisch. Erst bei Dunkelheit und künstlicher
Beleuchtung im Inneren wird eine große Fensteröffnung an der
Nordseite vor dem Aufenthaltsraum sowie ein kreuzförmiges Lichtband
an der Ostseite sichtbar, das um die Gebäudeecke herumführt.
Dahinter befindet sich der neue Kapellenraum.
Ein verglaster, portalartiger Durchbruch mit Spitzbogen verbindet
Alt- und Neubau; über einen Eingang an der Nordseite gelangen die
Besucher vom Campus in die neue Seitenkapelle. Ihre Wände sind bis
zur Höhe des horizontalen Lichtbands mit schmalen, senkrechten
Holzlamellen verkleidet, die Südwand besteht aus dem
Natursteinmauerwerk des Bestandsgebäudes. Der offene Dachraum ist
weiß verputzt, der Boden und die Bänke sind ebenfalls aus Holz
hergestellt und weisen eine warmen Honigton auf. Der neue
Aufenthalts- und Versammlungsraum erhielt einen separaten Zugang an
der Westseite des Anbaus.
Dach
Den oberen Abschluss des Erweiterungsbaus bildet ein steiles
Pultdach. Ein diagonaler Grat trennt es in zwei Dachneigungen und verleiht
dem ansonsten sehr einfach geformten Gebäude eine gewisse Dynamik,
die durch das goldfarbene Schimmern noch verstärkt wird. Darüber
ließ sich mit den unterschiedlichen Dachneigungen die
Breitendifferenz der östlichen und westlichen Giebelseite
überwinden.
Da der First des Anbaus die Traufkante der alten
Winton-Kapelle überragt, konnte in dem darüberliegenden Wandbereich
ein Fenster eingebaut werden, das den neuen Kapellenraum von oben
erhellt und für ausreichend Belüftung sorgt. Die
Regenwasserableitung erfolgt im Bereich der Dämmung, hinter der
Gebäudehülle verborgen.
Dachaufbau (von innen nach außen):
- Feuerhemmende Gipskartonplatte
- Holzständer mit Glasfaserdämmung der Gefache
- OSB-Platten
- Biegesteife Dämmung
- Einlagige UV-beständige Unterdeckbahn
- Pulverbeschichtete Bügel zur Befestigung der Aluminiumtafeln
- Perforierte Aluminiumtafeln, goldfarben eloxiert
Bautafel
Architekten: Design Engine Architects, Winchester
Projektbeteiligte: Dart R.V. & Son, Romsey (Generalunternehmer); Robertson Cartwright Design, Hagley (Beratender Ingenieur); Evolution 5, Southhampton (Kostenplanung); Chris Reading & Associates, Winchester (Beratung Lichtgestaltung); Luke Hughes, London (Möbelanfertigung); Relay Engineering, Plymouth u.a. (Fassadenbekleidung); Burrows Electrical (Licht und Elektroinstallationen); Chichester Stoneworks, Chichester (Steinrestaurierung); Blackwell & Moody (Anfertigung Steinaltar und -böden); SB Joinery, Stockbridge (Innenverkleidungen und Türen aus Holz); Winchester Hardwood Flooring, Winchester (Holzböden)
Bauherr: University of Winchester
Fertigstellung: November 2016
Standort: King Alfred Campus der University of Winchester, Sparkford Road, Winchester SO22 4NR, England
Bildnachweis: Peter Blundy / Design Engine Architects, Winchester; Jim Stephenson, Brighton