Umnutzung: Museum in Hirosaki

Behutsame Restaurierung historischer Backsteinbauten

Fortsetzung, nicht Renovierung, ist die architektonische Haltung mit der Atelier Tsuyoshi Tane Architekten (ATTA) die Transformation einer Industriebrache in Hirosaki, einer Großstadt im Norden Japans beschreibt. Mit dem Konzept „archeology of the future“ entwickelte das in Paris ansässige Büro eine Herangehensweise, mit der Architektur aus der Geschichte eines Ortes entwickelt wird. Sorgsam dokumentierten die Architekturschaffenden den Bestandsbau und dessen Geschichte. So entstand, eng verwoben mit dem Charakter des einst als Brauerei und Lagerhalle genutzten Gebäudes, das Hirosaki Museum für zeitgenössische Kunst.

Das Büro setzte sich für den Erhalt und die sanfte Sanierung der abrissgefährdeten Backsteingebäude ein.
Um die historischen, roten Ziegelfassaden freizulegen, wurde in einem ersten Schritt der Putz entfernt.
Für die expressive Eingangssituation wurde mit Beton ein Bogen geformt, dessen tiefer Sturz dekorativ mit Ziegeln ausgekleidet ist.

Um 1907 wurde auf dem Gelände eine Sake-Brauerei errichtet. Als im zweiten Weltkrieg der Reis knapp wurde, sattelte man auf die Produktion von Cidre um. Denn in der als Obstanbaugebiet bekannten Region gab es reichlich Äpfel. Später wurden die Bauten als Lagerhalle benutzt, bis sie zur Brache verkamen. Schließlich gewann 2017 ATTA den internationalen Wettbewerb für den Umbau der Lagerhalle. Das Büro setzte sich für den Erhalt und die sanfte Sanierung der abrissgefährdeten Backsteingebäude ein und musste dafür nur vierzig Prozent des vorhandenen Budgets in Anspruch nehmen.

Das Ensemble setzt sich aus einem L-förmigen Hauptgebäude und einem nördlich davon platzierten, kleineren Bau zusammen. Die fünf Ausstellungsräume, eine Bibliothek, sowie drei Ateliers sind in den größeren Bau integriert; im Nebengebäude haben nun ein Café sowie ein Museumsshop Platz. Hier befindet sich, in Anlehnung an die historische Nutzung, eine offene Cidre-Brennerei. Die Innenräume des zweigeschossigen Hauptvolumens sind von überflüssigen Einbauten befreit und bis unter das Dach geöffnet worden. Einer der Ausstellungsräume ist mit 15 Meter Deckenhöhe besonders großzügig.

Wenige, wirkungsvolle Interventionen

Um die historischen, roten Ziegelfassaden freizulegen, wurde in einem ersten Schritt der Putz entfernt. Anschließend erfolgte die sorgfältige Restaurierung der Fassaden. Wo nötig, ergänzen neue Ziegeln das Mauerwerk. Lisenen und Gesimse strukturieren die ansonsten schlichte Fassade. Ziegel finden sich nicht nur im Mauerwerk, sondern auch als Gestaltungselemente im Außen- und Innenraum: Einige Wege und Böden wurden mit Backsteinen gepflastert.

Es gibt nur einige wenige, dafür aber wirkungsvolle Interventionen, die den Bestand ergänzen. Zu ihnen zählt die Eingangssituation: Hier wurde mit Beton ein Bogen geformt, dessen tiefer Sturz dekorativ mit einem Ziegelrelief ausgekleidet wurde. Es scheint, als sei ein Teil der Fassade in den Innenraum hineingedrückt worden. Auch die nun mit goldfarbenen Titanplatten gedeckten und schimmernden Satteldächer sind ein eindeutig zeitgenössisches Element. Sie erinnern farblich an den Cidre, der hier einst produziert wurde.

Erdbebensicheres Mauerwerk

Für die behutsame Restaurierung des Mauerwerks wurden Ziegel verwendet, die den historischen Backsteinen so weit wie möglich entsprechen. Sie haben die Maße 225 mm x 105 mm x 55 mm und sind im Blockverband vermauert. Es handelt sich um massives, tragendes Mauerwerk ohne zusätzliche Dämmung. Um die Erdbebensicherheit zu gewährleisten, wurden im Abstand von je einem Meter, acht Meter tiefe, vertikale Löcher mit einem Durchmesser von 32 Millimetern durch die Ziegelwände gebohrt. In diese wurden von oben nach unten Stahlstäbe eingezogen, die jeweils an den oberen und unteren Enden einbetoniert sind. Durch das Zusammenziehen der Ziegel und das Spannen der Stahlstangen sind alle Ziegel ausgesteift. -lw

Bautafel

Architektur: Atelier Tsuyoshi Tane Architekten, Paris
Projektbeteiligte:  NTT Facilities Inc. / NTT facilities Tohuko Inc. (Projektmanagment); Obasyashi Corporation / Starts Cam (Bauingenieure); P.T Morimura & associates (Gebäudetechnik); Starts Cam / Obayashi Corporation/ Minami Kensetsu (Ausführung); Izumi Okayasu Lighting Design (Licht)
Bauherr/in: Stadt Hirosaki
Fertigstellung: 2020
Standort: Hirosaki, Japan
Bildnachweis: Daici Ano, Tokyo; Atelier Tsuyoshi Tane Architekten, Paris

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