Umbau und Erweiterung der Grundschule in Riaz

Lehmziegel aus Baustellenaushub

Vor zehn Jahren machte sich der Genfer Architekt Laurent Wurstemberger gemeinsam mit dem Ingenieur Rodrigo Fernandez auf, ein althergebrachtes Baumaterial in der Schweiz wieder auf den Markt zu bringen: Sie entwickelten ungebrannte, gepresste Lehmziegel mit einem geringen Zementzuschlag, die sie unter dem Namen Terrabloc vermarkten. Neben den raumklimatischen Vorzügen ist vor allem eines an dem Material spannend: Der Rohstoff Lehm kann aus dem existierenden Aushubmaterials extrahiert werden. So kann ein aus dem Materialkreislauf ausgeschiedenes „Abfallprodukt“ wieder als Baustoff verwendet werden. Nun kam der Lehmziegel bei der Erweiterung einer Grundschule in Riaz, einem Haufendorf in landwirtschaftlich geprägter Umgebung im französischsprachigen Schweizer Kanton Freiburg zum Einsatz.

Das neue Ensemble besteht aus drei Baukörpern, die locker zueinander positioniert sind.
Der dreigeschossige Erweiterungsbau schließt mit einem flach geneigten Satteldach ab und bietet Platz für sechs neue Klassenzimmer, drei kleinere Räume für den Unterricht in Kleingruppen, einen Kunst- und Bastelraum sowie einen Raum für die Lehrkräfte.
Für den Neubau kam ein Holztragwerk zum Einsatz, die Fassade besteht aus vorfabriziertem Holz.

Kleinteilige Außenräume

Der Schulkomplex war sanierungsbedürftig und außerdem zu klein für die wachsende Einwohnerzahl des Ortes geworden. Die Pläne für die Umbaumaßnahmen des aus den 1960er-Jahren stammenden Bestands und der Entwurf für den südlich gelegenen Neubau stammen von FAZ architectes. Dieser sollte die bestehenden vier Klassenräume um sechs weitere ergänzen. Da die Gemeinde und damit die Zahl der Lernenden schneller wuchs als erwartet, wurde ein Flügel des Bestandbaus, der ursprünglich umgebaut werden sollte, schließlich doch abgerissen, um Platz für einen weiteren Anbau zu schaffen, der im Laufe dieses Jahres fertiggestellt werden soll. Das heutige Ensemble besteht aus drei Gebäuden, die locker zueinander positioniert sind. Der Versatz und die leichte Drehung der Volumina lassen abwechslungsreiche Innenhöfe und Plätze entstehen, die mal offener und mal geschützter wirken.

Lokale Materialien

Der dreigeschossige Erweiterungsbau schließt mit einem flach geneigten Satteldach ab und bietet Platz für sechs neue Klassenzimmer, drei kleinere Räume für den Unterricht in Kleingruppen, einen Kunst- und Bastelraum sowie einen Raum für die Lehrkräfte. Im östlichen Baukörper befindet sich neben Klassenzimmern auch ein Kindergarten. Außerdem beherbergt der neue Schulkomplex einen Hort mit Mensa und einer Lehrküche, die durch separate Zugänge auch außerhalb der Unterrichtszeiten von Vereinen, Anwohnenden und der Gemeinde genutzt werden kann.

Das junge Genfer Architekturbüro setzte auf organische und lokale Materialien. Für den Neubau kam ein Holztragwerk zum Einsatz, die Fassade besteht aus vorfabriziertem Holz. Für die Innenwände des Erweiterungsbaus wählten die Architekturschaffenden ein Mauerwerk aus Lehmsteinen. Das Holz für Tragwerk, Böden und Dach stammt aus den Wäldern der Umgebung, die Erde für die Lehmsteine des Mauerwerks aus Baugruben in Dully und Gilly.

Ein Band aus hellgelben Zierelementen an jedem Geschoss und der außenliegende Sonnenschutz in derselben Farbe korrespondieren mit der graubraunen Patina des Holzes und beleben die sonst sehr schlichte Gebäudehülle. Zugleich fügen die Verzierungen den Bau stilistisch in die ländlich geprägte Umgebung ein. Die Innenräume zeichnen sich durch viel Tageslicht, helle Holzbalkendecken, helles Stäbchenparkett und die hellbeigefarbenen Mauersteine aus. Die homogene Farbgestaltung wird nur in den Fluren durchbrochen, wo dunkelgraue Terrazzofliesen zum Einsatz kamen.

Gepresster Lehmstein

In jedem Klassenzimmer des Neubaus befindet sich eine nicht tragende, zweischalige Innenwand aus den industriell gefertigten, gepressten Lehmsteinen mit den Maßen 25 cm x 12 cm x 6 cm auf. Zwischen den zwei Steinschichten von je 12 cm Stärke, befindet sich eine 5 cm breite Luftschicht, sodass die Wände insgesamt 29 cm stark sind. Die Wände wurden im mittleren Läuferverband erstellt und sind teilweise durch horizontale Korkleisten strukturiert, die als Pinnwand benutzt werden können. Als Mörtel wurde eine Mischung aus zwanzig Prozent Erde und achtzig Prozent Kalkzementmörtel verwendet. Die Fugen wurden mit einer Kelle und anschließend mit einem feuchten Schwamm bearbeitet. Je nach der Herkunft des Lehms erhalten die Steine ihre charakteristische Farbe. Durch die feuchtigkeitsregulierenden Eigenschaften sorgen Lehmsteine für ein wohltuendes Raumklima. Die samtig weiche Oberfläche des Materials durften einige der Schulkinder selbst erkunden, als sie während eines Workshops vor Ort mithalfen einen Teil ihres Schulhauses zu bauen. -lw

Bautafel

Architektur: FAZ architectes, Genf
Projektbeteiligte: Le Collectif, Genf (Ingenieure); Perenzia, Lausanne (Bauökologie); Chuard ingénieurs Fribourg, Freiburg CH (HLK); Open-ing, Givisiez (Elektroingenieure); Fire Safety, Montreux (Sicherheit); Triform, Freiburg CH (Akustik); DUO architectes paysagistes, Lausanne (Landschaft)
Bauherr/in: Gemeinde Riaz
Fertigstellung: 2020
Standort: Rte des Monts 14, 1632  Riaz, Schweiz
Bildnachweis: Paola Corsini, Genf; FAZ Architekten, Genf

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