Umbau: Hotel Marcel in New Haven

Brutalistisch und komfortabel

Rhythmische Rasterfassade, tiefe Fensterlaibungen und roher Beton: Das Hotel Marcel in New Haven, Connecticut ist ein eindrückliches Beispiel für die brutalistische Architektur Marcel Breuers. Es wurde 1970 als Reifenfabrik und Forschungszentrum fertiggestellt und beherbergt heute ein hochklassiges Nullenergie-Hotel. Durch Umbau und Sanierung verhalf das Architekturbüro Becker + Becker Associates dem monumental aufragenden Beton-Klotz zum Passivhausstandard. Die bauzeitliche, brutalistische Ästhetik konnte weitestgehend erhalten bleiben.

Das Geäude stammt ursprünglich von Marcel Breuer, den Umbau übernahmen Becker + Becker Associates aus New Haven in Connecticut.
Im Zuge der Sanierung wurde die bauzeitliche Beton-Fertigteilfassade innenseitig nachgedämmt, um Wärmebrücken zu eliminieren.
Photovoltaikmodule auf den Vordächern des Parkplatzes und dem Dach des Gebäudes: Die für den Betrieb des Hotels erforderliche Energie wird zu einhundert Prozent vor Ort erzeugt.

Im Laufe seiner Geschichte wechselte das ikonische Bauwerk mehrmals die Nutzung, wurde zum Teil abgerissen und stand anschließend fast zwanzig Jahre lang leer, bis Becker + Becker das Gebäude 2019 kaufte. Mit möglichst wenigen Eingriffen in die denkmalgeschützte Struktur sollte es als erstes Hotel in den USA eine Passivhaus-Zertifizierung erhalten. 2022 wurden die Baumaßnahmen abgeschlossen.

Voraussetzungen am Bestand

Die Bodenaufbauten des als Stahlkonstruktion ausgeführten Bauwerks sind an freitragenden Fachwerkbindern aufgehängt. Vor den großen Fensterflächen fungiert die reliefartig vor- und zurückspringende Fassade aus Betonfertigteilen als Sonnenschutz. Der Bestand konnte hier gänzlich erhalten bleiben. Ein markanter, horizontaler Luftraum teilt das Gebäude in zwei. Der Sockelbereich war ursprünglich für die Forschungstätigkeiten und Labore vorgesehen, die oberen Geschosse für Büros. Somit erfüllte der Luftraum auch den Zweck, die Büroräume akustisch von den Forschungs- und Produktionstätigkeiten abzugrenzen. Heute könnte bei Bedarf an dieser Stelle nachverdichtet werden.

Innenausbau: Komfortable Gästezimmer

Neben Tragstruktur und Fassade wurden auch Bauteile aus dem Innenausbau erhalten, darunter eine Treppe, Boden- und Wandfliesen aus Granit sowie hölzerne Wandvertäfelungen im Erdgeschoss. Auch einige Möbel sind bauzeitlich: Beispielsweise wurde der ehemalige Empfangstresen aus poliertem Granit versetzt und steht nun im Vestibül in der Nähe eines Veranstaltungsraums.

Zwei ehemalige Technikschächte wurden zu Lichthöfen umfunktioniert, die vom fünften bis zum neunten Geschoss die umliegenden Räume belichten. Die Lichtschächte flankieren den Konferenzraum im obersten Geschoss und einige der insgesamt 165 Gästezimmer. Auf diese Weise wird weniger Strom für eine künstliche Beleuchtung verbraucht.

Langlebige Dämmstoffe für Modulfassade

Für die energetische Sanierung wurde zunächst der Asbest an den Betonwänden entfernt und innenseitig durch ökologische Dämmstoffe ersetzt. Je nach Fassadenbauteil kamen dabei unterschiedliche Dämmarten zum Einsatz. Die skulpturalen, vorgefertigten Betonpaneele wurden mit einer geschlossenzelligen Dämmung luftdicht verschlossen, um Wärmebrücken an den Stoßpunkten der Module zu verringern. Dreifach-Isoliergläser ersetzen die alten Fensterscheiben. Die neuen Fenster wurden umlaufend mit Nanogel-Aerogel-Matten abgedichtet.

Fossilfreie Energieerzeugung: Nullenergiegebäude

Hunderte Photovoltaikpaneele auf dem Dach versorgen das Hotel mit der Energie, die für seinen Betrieb benötigt wird – weitere Module verschatten den Parkplatz. Überschüssige Solarenergie wird in einer Batterie mit einer Kapazität von einer Megawattstunde gespeichert. Diese kann netzunabhängig arbeiten und gewährleistet eine Notstromversorgung.

Beleuchtung, Heizung, Lüftung und die hochwertige Küchenausstattung der Gastronomiebereiche werden elektrisch betrieben. Dafür werden Energierückgewinnungssysteme und elektrische VRF-Luftwärmepumpen eingesetzt. Die Beleuchtung und die Jalousien werden mit der Niederspannungs-Technologie Power-over-Ethernet (POE) gesteuert.

Bautafel

Architektur: Becker + Becker Associates, New Haven CT
Projektbeteiligte: Dutch East Design, New York City (Innenarchitektur); GNBC Consulting Engineers, Old Saybrook (Tragwerksplanung); LN Consulting Engineers, Burlington (TGA, Elektrotechnik, Brandschutz); Blades & Goven, Fairfield (Landschaftsarchitektur); Land-Tech Consultants, Westport (Bauingenieurwesen); Steven Winters Associates, Norwalk (Gebäudehülle, Nachhaltigkeit); Hoffmann Architects, New Haven (Dach); Second Law (Energieberatung); Sinclair Digital, Seattle (Power over Ethernet); Ageto, Fort Collins (Inselnetz-Entwicklung); van Zelm Heywood & Shadford (Inbetriebnahme); Focus Lighting, New York City (Lichtplanung); Ryan Historic Advisors (Beratung Bestand); Wrightson, Johnson, Haddon & Williams WJHW, Carrollton (Akustik); Babbidge Construction Company, New Haven und Consigli Construction (Generalunternehmen)
Bauherr/in: Charlestowne Hotels
Standort:
 500 Sargent Drive, New Haven, CT, USA
Fertigstellung: 2022
Bildnachweis: Seamus Payne; Bruce Redman Becker; Becker + Becker Associates

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