Umbau eines Hofgebäudes in Zürich

Innenausbau mit Lehm

Vielerorts gibt es sie: Hofbauten, die im Zentrum eines Gebäudeensembles Ende des 19. Jahrhunderts errichtet wurden. Doch eine Gewerbenutzung, wofür sie in der Regel ursprünglich errichtet wurden, findet man dort immer seltener. Was sich aus solchen Hinterhofgebäuden machen lässt, zeigt der Schweizer Architekt Roger Boltshauser, der in Zürich eines davon für sich entdeckt und kurzerhand zu seinem Büro ausgestaltet hat. Dafür legte er den Rohbau frei, baute ihn aus und umhüllte ihn komplett neu. Wer es nicht weiß, erkennt deshalb auch nicht, dass es sich um einen Umbau handelt, und wundert sich vielleicht, dass solche Baugrenzen genehmigungsfähig sind.

Das Büro eröffnet viele Durchblicke
Blick aus der Hofeinfahrt
Erdige Farbtöne und Grau dominieren

Die Eingangsseite ist zur Hofeinfahrt gewandt. Eingangstüre und je ein Fenster unten und oben sitzen in einer ansonsten geschlossenen Klinkermauer. An den drei anderen Fassaden rahmen breite, horizontale Betonbänder die Fenster ein. Auf den zweiten Blick erst erfasst der Betrachter, dass die Fenster oben etwas schmaler und höher, unten breiter und niedriger sind. Ein Hinweis darauf, dass der Boden der Erdgeschossräume einen halben Meter unter Hofniveau liegt. Ungewöhnlich ist das für die Fassade gewählte zweite Material: Ziegel im römischen Format, wie ihn Peter Zumthor speziell für das Kolumba-Museum in Köln fertigen ließ. Hier sind sie als dunkelbraune, zum Teil gesinterte Klinker verarbeitet, bei denen die zurückspringenden Lagerfugen die Unregelmäßigkeit noch betonen.

Die größten Veränderungen betrafen die Fassade, die Innenraumstruktur änderte sich beim Umbau wenig. Um ein geräumiges Foyer jeweils in der Mitte der beiden Geschosse gruppieren sich verschieden große Büroräume, das Treppenhaus und die Sanitärbereiche. Die Architektur, die völlig ohne Farbigkeit auskommt, betont die klaren Formen und weiten Durchblicke.
 
Nachhaltig Bauen
Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit dem Lehmbaupionier Martin Rauch. Lehm verleiht Böden, Decken, Wänden und Einbaumöbeln ihre erdigen Farbtöne und samtigen Oberflächen. An der Stirnseite der Treppe fällt eine Stampflehmwand auf. Sie ist nur sechs Zentimeter dick, wurde in der Werkstatt hergestellt, zerschnitten und vor Ort wieder zusammengefügt. Die Fliesen im Eingangsbereich und auf dem oberen Podest handfertigen zu lassen, war nur möglich, weil sich Boltshauser und Rauch gegenseitig mit Arbeitsleistung bezahlen.
 
Die Lehm verbessert das Raumklima: Die im gesamten Gebäude verbauten acht Tonnen Lehm können bis zu 100 Liter Feuchtigkeit pro Geschoss innerhalb kürzester Zeit zwischenspeichern. Quark dient dabei als Bindemittel für den Lehmspachtel, der die Oberflächen der Wände glättet und gleichzeitig Risse minimiert.

Die Oberflächen bergen noch weitere Raffinessen: So lassen z.B. Metallpartikel im Spachtel Magnete an den Wänden haften. Mithilfe von Öl und Wachs wurden manche Stellen zu wasserabweisenden Oberflächen. Der Architekt scheint das Haus auch als Experimentierfeld zu verstehen.

Bautafel

Architekten: Boltshauser Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: BKM Ingenieure, St. Gallen (Statik); Petersen Tegl, Broager/DK (Klinker); Martin, Marta und Sebastian Rauch, Schlins/A (Lehmbau, Bodenplatten)
Bauherr: Boltshauser Architekten, Zürich
Fertigstellung: 2010
Standort: Dubsstraße 45, Zürich

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