Umbau eines Bürogebäudes in Paris

Gemüsegarten, Atrium und Glasfassade

Nicht oft erhält ein Architekturbüro die Gelegenheit, ein selbst gestaltetes Gebäude zwanzig Jahre später kritisch zu betrachten und umzubauen. Das Architekturbüro Arte Charpentier Architectes plante in den 1990er-Jahren einen großen Büroblock zwischen dem 15. Arrondissement und dem Distrikt Issy-les-Moulineaux in Paris, den es 2019 zugunsten eines offeneren und Interaktion fördernden Bürokonzeptes umzubauen galt. Durch Eingriffe in die Gebäudestruktur verliehen die Architekturschaffenden dem Bauwerk Shift fließende Grundrisse. Eine neue Glasfassade und ein in den Baukörper eingeschnittenes Atrium schaffen Transparenz.

Ein eingeschnittenes Atrium bildet eine neue öffentliche Verbindungsachse durch den Block.
Dadurch funktioniert das Gebäude als Tor von Paris zum Distrikt Issy-les-Moulineaux.
Im Zuge des Umbaus wurden die ehemaligen Betonelemente der Fassade durch eine Verglasung mit vertikalen Streben ausgewechselt.

Da sich in den zwanzig Jahren seines Bestehens viel getan hat in der Umgebung, musste der Bau in Ästhetik, Funktion und Vernetzung mit dem Kontext neu überdacht werden. Besaß der Distrikt durch die nahe gelegene Renault-Manufaktur einst einen stark industriell geprägten Charakter, so fand in der Zwischenzeit ein Gentrifizierungsprozess statt, der durch die gute Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln an das Pariser Stadtzentrum noch verstärkt wurde. Seitdem haben sich immer mehr Hauptsitze großer Firmen hier niedergelassen.

Neu im Stadtteppich verwoben
Dank eines soliden Fundaments und Stahlbetontragwerks konnten die Planenden das Gebäude um zwei Geschosse auf eine neue Gesamthöhe von 27,5 Meter aufstocken. Darüber hinaus prägen zwei große Eingriffe im Bestand den Umbau. Der Erste betrifft die Fassade: Die alten Fassadenpaneele aus Beton wurden durch eine Glasfassade mit aufgesetzten, vertikalen Rippen ersetzt. Ihre differenzierte Bauteiltiefe erzeugt ein Rautenmuster, das dem Gebäude eine dynamische Identität verleihen soll und zugleich als Sonnenschutz dient.

Ein neues Atrium, für das die Planer eine Schneise quer durch das Gebäude schlugen, stellt den zweiten großen Eingriff dar. Das Atrium verbindet die Rue de Colonel Pierre Avia und die Rue Guynemer miteinander und ist öffentlich zugänglich. Das Gebäude wird dadurch zur Verbindungsstelle zwischen Paris und Issy-les-Moulineaux. Die Verbindungsachse verläuft diagonal zum länglichen Grundriss, sodass exakt die zwei angrenzenden Parks östlich und westlich des Baus verbunden werden. Fortan kann man von einem Grünraum zum nächsten blicken.

Die Planenden erhoffen sich, das Gebäude dadurch aus der Isolation zu befreien und wieder mit der Stadt in Dialog zu bringen. Diesem Ansatz folgend wurde die landschaftsarchitektonische Gestaltung bis auf den Gehweg ausgeweitet und Fortsätze der Innenwände zeigen sich außen als abgetreppte Sitzstufen. Das gesamte Erdgeschoss ist verglast, wobei sich Innen- und Außenaktivitäten zu durchmischen scheinen.

Nachhaltig Bauen: Corporate Social Responsibility, Urban Agriculture und Geothermie
Das Projekt folgt der CSR-Strategie (Corporate Social Responsibility), bei der die Wirtschaft freiwillig und über das gesetzlich vorgeschriebene Maß zur nachhaltigen Entwicklung beitragen will. So wird mit dem Umbau eine doppelte BREEAM-Zertifikation für die architektonischen und umweltfreundlichen Aspekte des Gebäude-Redesigns angestrebt.

Die Bauherrschaft möchte zusätzlich das Wohlbefinden der Mieter und ihre Aufmerksamkeit für ökologische Fragestellungen erhöhen. Das Gebäude ist deshalb Ort mehrerer Nachhaltigkeits-Experimente, darunter die sogenannte Urban Agriculture. In einem 1.000 Quadratmeter großen Garten auf dem Dach wird Gemüse angebaut. Ein Teil der Ernte wird im Restaurant innerhalb des Gebäudes verwendet. Damit soll ein Zeichen für Lokalität gesetzt werden.

Wo es möglich war, wurden im Zuge des Umbaus Gärten, Loggias und Terrassen gebildet. So sind insgesamt 1.800 Quadratmeter zusätzlicher Außenraum entstanden. Das Dach bietet noch einmal zusätzliche 2.600 Quadratmeter Freifläche. Dadurch sollen die Mieter flexibel zwischen innen und außen wechseln können. Im Zuge des Umbaus wechselte man außerdem auf erneuerbare Energiequellen und Geothermie. –sh

Bautafel

Architektur: Arte Charpentier Architectes, Paris
Projektbeteiligte: Bordas+Peiro, Paris (Tragwerk); Arte Charpentier Architectes, Paris (Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur)
Bauherrschaft: Unibail-Rodamco-Westfield, Paris
Fertigstellung: 2019
Standort: 27, Rue du Colonel Pierre Avia, 75015 Paris, Frankreich
Bildnachweis: Boegly Grazia, Paris

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