Umbau einer Scheune zum Wohnhaus in Niederbayern

Unterm alten Stadldach

Leerstand und Verfall – das ist das Schicksal vieler Scheunen im ländlichen Raum, die wegen unrentabler Bauernhöfe und aufgrund des demografischen Wandels nicht mehr gebraucht werden. Dass sie einer neuen Funktion zugeführt werden können, beweist der Wohnstadl des Architekten Robert Schwemmer. Für die Umnutzung einer etwa 80 Jahre alten Scheune (auch: Stadel genannt) auf dem Wimmer-Hof im niederbayerischen Landkreis Rottal-Inn erhielt der Architekt einen Sonderpreis im Rahmen des Architektur-Wettbewerbs Gut Bedacht 2009. Die Jury lobte eine „angenehme architektonische Zurückhaltung“ und den „Respekt des Architekten gegenüber den vorgefundenen Materialien und die Übernahme in die eigene Architektur“.

Die Scheune ist Teil eines traditionellen Vierseithofs
Der große Dachüberstand verschattet die lange Südfassade
Umbau einer Scheune zum Wohnhaus in Niederbayern

Im Zuge des Umbaus des Stadels als Teil eines traditionellen Vierseithofs wurden zunächst alle alten Einbauten und die Holzverschalung entfernt. Was übrig blieb, war das großzügige Satteldach aus Holz, das 1985 mit Dachsteinen (Frankfurter Pfannen) neu eingedeckt wurde und somit noch in vollem Umfang funktionstüchtig war - darunter stellte der Architekt nun ein neues Wohnhaus. So stärkte er das charakteristische Ensemble des Vierseithofs und schuf zugleich einen Schutzraum für den Neubau.

Die Spannweite der Balken gab die Breite des neuen Gebäudes vor: Aus vorgefertigten Elementen entstand ein fünf Meter breites Haus, das sich auf seiner 18 m langen Südseite zwar der Sonne zuwendet, dabei aber einen Meter hinter der bestehenden Fassade zurückbleibt. Dadurch ließen sich die Anschlüsse der neuen Wände zum Bestand minimieren und im geschützten Zwischenraum entstand ein Balkon.

Auch das restliche Gebäude ist auf diese Weise vor Wind, Wetter und Sonne geschützt. Das Dach verschattet im Sommer die großzügigen Glasflächen an der langen Fassade des Holzhauses; zusätzlich lässt sich bei hohen Temperaturen ein verglastes Tor nach Süden vollständig öffnen. Dahinter erstreckt sich der zentrale Bereich des Hauses: eine zweigeschossige Wohnküche. Über diese erreichen Besucher das Wohnzimmer im Westen, wo sich die Individualräume befinden. Von allen Räumen ist bei Fön ein herrlicher Blick auf die Alpen möglich, vor allem auf den Watzmann.
 
Gebaut wurde der Wohnstadl aus regionalen Rohstoffen. Wände und Decken sind aus Holz, gedämmt mit Holzfaserdämmstoffen. Alle gekalkten Innenwände sind mit Lehm verputzt und mit einer Wandheizung versehen. Die Heizungsanlage besteht aus einem handbeschickten Stückholzkessel für den Winterfall. Dieser ist über eine Nahwärmeleitung mit den Gebäuden verbunden. Im Sommer sorgen 12 m² Flachkollektoren auf dem Neubau für Warmwasser. Das Bestandsgebäude des Hofs wird dann mit einer Luft-Wasser Wärmepumpe versorgt.

Bautafel

Architekt: Atelier Schwemmer, Reut
Projektbeteiligte:
Zimmerei Müller, Bad Birnbach (Zimmererarbeiten); Lehmbau Georg Hofer, Kößlarn (Putz); Heizungsbau Stadler, Zeilarn (Heizung); Stapfer, Wittibreut (Fenster), Egginger-Naturbaustoffe-Handels-Gesellschaft, Malching; Elektro Eichinger, Tann (Elektrik)
Bauherr: privat
Fertigstellung:
2007
Standort: Reut, Landkreis Rottal-Inn, Niederbayern

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