Turmhaus mit vier Wohnateliers in Winterthur

Roher Beton, Stahl und Glas prägen den Neubau

Das Stadtquartier Töss in Winterthur ist eine typische Arbeitersiedlung aus dem 19. Jahrhundert. Die Bebauung ist kleinteilig mit Siedlungshäusern und freistehenden Mehrfamilienhäusern. Inmitten eines dicht bebauten Häuserblocks haben die Züricher Architekten Wild Bär Heule ein minimalistisches Wohngebäude realisiert. Vorgabe für das Architekturbüro war es, kostengünstige Geschosswohnungen zu entwerfen. Durch die beengte Grundstückssituation ist ein schlanker, viergeschossiger Bau mit vier Wohnateliers entstanden, der an ein Turmhaus erinnert. Ein offenes, skulpturales Treppenhaus aus Ortbeton, in dem auch der Lift steckt, bildet das Rückgrat des Gebäudes. Vom Künstler Beni Bischof wurde der grobe Beton mit launigen Edding-Kritzeleien versehen. Wetterfeste Schiffsleuchten sorgen für ausreichend Licht.

Raumhohe Verglasungen geben den Blick ins Innere der Wohnungen und nach draußen frei.
Vor der Glasfassade sind elf Meter hohe senkrechte Stahlprofile angebracht, die als Lisenen über die ganze Höhe des Gebäudes reichen.
Ein offenes, skulpturales Treppenhaus aus Ortbeton bildet das Rückgrat des Gebäudes.

Auf zwei Seiten des Treppenhauses schließt sich auf jedem Stockwerk eine 75 Quadratmeter große Wohnung mit flurlosem Grundriss an. Sämtliche Räume sind um eine zentrale Wand gruppiert. Transparenz war ein grundlegendes Gestaltungskriterium: Raumhohe Verglasungen, die an die Fassade eines Bürogebäudes erinnern, geben den Blick ins Innere der Wohnungen und nach draußen frei. Glasschiebetüren erlauben die komplette Öffnung der Räume ins Freie und ermöglichen eine Nachtauskühlung. Auf Balkone wurde deshalb verzichtet. Deckenhohe Netzgewebe aus Chromstahldraht vor den Fenstern dienen der Absturzsicherheit und bieten einen gewissen Einbruchsschutz.

Vor der Glasfassade sind elf Meter hohe senkrechte Stahlprofile angebracht, die als Lisenen über die ganze Höhe des Gebäudes reichen. Sie bilden die Unterkonstruktion für Vertikalmarkisen und dienen teilweise auch als Tragwerkstützen. Auf dem Dach befindet sich eine Dachterrasse mit fest installiertem Grill, die von allen Bewohnern gemeinschaftlich genutzt werden kann. Das Untergeschoss beherbergt Kellerabteile für jede Wohnung und eine Waschküche.

Holzeinbauten als warmer Kontrast zum Sichtbeton

Die Wohnungen sind einfach und übersichtlich organisiert: Ein Kern mit Bad und Küche teilt den Grundriss in unterschiedlich große Zonen, die sich über Türen trennen oder zusammenschalten lassen. Die Betondecke ist im Rohzustand belassen. Der Anhydritboden ist schwarz pigmentiert und wurde einmal geschliffen. Im Bad wurden die Betonwände ebenfalls geschliffen und poliert. Durch den Verzicht auf eine zusätzliche Oberflächenbehandlung von Wänden, Böden und Decken konnten die Architekten eine deutliche Kosteneinsparung gegenüber herkömmlichen Wohnbauten erzielen. Fester Bestandteil der Wohnungen sind Einbauschränke und -regale, die mit der Architektur verschmelzen. Sie sind aus schwarz geölten Seekiefer-Sperrholzplatten konstruiert, die auch für die Türen Verwendung fanden. Um ein einheitliches Fassadenbild zu erhalten, sind hellgraue Vorhänge in die Wohnungsausstattung integriert.

Heizung: Konzept setzt auf erneuerbare Energien

Alle Wohnungen werden über eine Sole-Wasser-Wärmepumpe beheizt, die dem Erdreich mittels vertikaler Erdsonden Wärme entzieht und auf ein zum Heizen geeignetes Temperaturniveau bringt. Die Wärmeverteilung erfolgt über Fußbodenheizungen. Im Sommer lässt sich die Wohnung über die Fußbodenheizung auch passiv kühlen. Der Kältekreislauf in der Wärmepumpe wird dabei ausgeschaltet und die Temperatur aus dem Erdreich direkt zum Kühlen genutzt. Die Erwärmung des Trinkwassers erfolgt ebenfalls mit der Wärmepumpe. Für zusätzliche Wärme an kalten Tagen sorgt ein Kaminofen, der mit Scheitholz beheizt wird. Die Einzel-Cheminées besitzen einen Feuerraum aus Schwarzstahl und werden mit einer feuerfesten Glasscheibe, die den freien Blick auf das Flammenspiel erlaubt, verschlossen.

Bautafel

Architekten: Wild Bär Heule Architekten, Zürich
Projektbeteiligte: Robauen, Winterthur (Bauleitung); Schärli + Oettli, Zürich (Tragwerksplanung); Steigmeier Akustik und Bauphysik, Baden (Bauphysik); Mayrstrom, Winterthur (Elektroplanung); Beni Bischof, St. Gallen (Kunst am Bau); Grünenwald Wärmepumpen - Klima, Otelfingen (Heizungsplanung)
Bauherr: Konsortium Grenzstrasse, Zürich
Fertigstellung: 2017
Standort: Grenzstrasse 29, 8406 Winterthur, Schweiz
Bildnachweis: Roger Frei, Zürich

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