Turbinenmuseum in Pernegg

Gläserner Schaukasten von Beton gefasst

Bevor die Mur nach 453 Kilometern in die Drau mündet, durchfließt sie Österreich, Slowenien, Kroatien und Ungarn. Im österreichischen Streckenabschnitt, genauer in der Steiermark, nutzt man ihre Wasserkraft seit mehr als 80 Jahren zur Stromgewinnung. Von den zahlreichen Kraftwerken, die zu diesem Zweck gebaut wurden, befindet sich eines in Pernegg. In den 1920er Jahren nach Plänen von Fritz Haas errichtet, steht das lang gestreckte Gebäude mit seiner streng strukturierten Fassade und den hohen Rundbogenfenstern heute unter Denkmalschutz. Im Rahmen einer Revitalisierung im Jahr 2010 wurde es mit neuen Turbinen ausgestattet. Statt die drei alten Turbinen zu verschrotten, wollte man eine erhalten und in einem Neubau für interessierte Besucher zugänglich machen. Gleichzeitig sollten ein zur Anlage gehörendes Bürogebäude aus den 1970er Jahren sowie ein bestehender Bauhof saniert und erweitert werden. Für sämtliche Aufgaben wurde ein Wettbewerb ausgelobt, den das Büro Pilzarchitektur aus Graz für sich entscheiden konnte.

Der Baukörper liegt an der nördlichen Böschungskante des Flusses Mur
Schon von Weitem zeigt der Ausstellungsbau sein wichtigstes Exponat: die leuchtend rote Kaplanturbine aus dem Jahr 1927
Das benachbarte Kraftwerk wurde Mitte der 1920er Jahre nach Plänen von Fritz Haas errichtet

Als Form für den Ausstellungsbau entschieden sich die Architekten für einen Kubus. An der nördlichen Böschungskante des Flusses platziert, öffnet er sich mit drei Glasfassaden zum Altbau; Rückseite und Dach bestehen aus Beton. Schon von Weitem zeigt er sein wichtigstes Exponat: die leuchtend rote Kaplanturbine aus dem Jahr 1927. Die ausgefeilte Wegeführung macht sie von allen Seiten sichtbar. Von der Eingangsebene geht es im neuen Kubus über eine Rampe hinauf zu einer Aussichtsplattform, die nicht nur den Blick von oben auf die Maschine erlaubt, sondern auch die Aussicht auf das Kraftwerk und die Flusslandschaft. An die geschlossene Rückwand projizierte Filme liefern Informationen zu Technik und Funktion der Turbine. Wieder im Erdgeschoss angelangt, führt eine Treppe ins Untergeschoss, wo eine Nachbildung der schneckenförmig betonierten Spirale zu sehen ist, in der das Wasser zu den Schaufeln der Turbine geleitet wurde.

Die Ost-, West- und Südfassade sind als Pfosten-Riegel-Konstruktion aus feuerverzinktem Stahl mit geschuppt angeordneten Verglasungen aus Einscheibensicherheitsglas ausgeführt. Die Scheibenabmessungen betragen 3,00 x 1,50 Meter; die Stahlkonstruktion ist mit anthrazitfarbenem Eisenglimmer beschichtet. Aus Stahlprofilen bestehen auch die Rampen. Sie sind von der Stahlbetondecke abgehängt und werden außerdem von den Pfosten der Fassade gehalten; vor Absturz schützt ein Geländer aus Edelstahlrohren, das zusätzlich mit Stahlnetzen gesichert ist. Die Böden sind mit einer matten Epoxidharzbeschichtung in Kieselgrau bedeckt, auf der Rampe liegt ein schwarzer Kautschukboden mit farbigen Einsprengseln. Den oberen Gebäudeabschluss bildet ein flach geneigtes Foliendach mit Attika; die Regenentwässerung ist in die Betonwand integriert.

Beton
Boden, Dach und Rückseite des Ausstellungsgebäudes sind als Stahlbetonkonstruktion ausgeführt. Der Beton ist eingefärbt, innenseitig sind seine Oberflächen glatt geschliffen, auf der Außenseite weisen sie eine gestockte Struktur auf, die mithilfe von Matrizen erzeugt wurde. Im Untergeschoss wurde nach Original-Schalungsplänen (teilweise Bretterschalung) betoniert. Die Wandstärken betragen auf der Rückseite und im Untergeschoss 50 cm, die restlichen Wände sind 40 cm stark. Der Lastabtrag aus der 16 cm dicken Dachplatte erfolgt außerdem über zwei schlanke Stahlstützen an den vorderen Ecken des Gebäudes; die umlaufende Attika ist als Überzug mit einer Höhe von 75 cm ausgebildet.

Bautafel

Architekten: Pilzarchitektur, Paul Michael Pilz, Graz
Projektbeteiligte: Thomas Lorenz, Graz/Wien (Tragwerksplanung); Technisches Büro Bernhard Hammer, Fohnsdorf (HLS-Planung); Spirk & Partner, Salzburg (Baukoordination); Steiner Bau, St.Paul/Lavanttal (Baufirma); Längle Glas, Götzis (Glashalter); Klampfl Bodenbeschichtung, Übelbach (Bodenbeschichtung); Spitzer Dach, Graz (Schwarzdecker, Spenglerarbeiten); Sepero Korrosionsschutz, Spielberg bei Knittelfeld (Fassade); Reckli, Herne (Strukturmatrizen)
Bauherr: Verbund Hydro Power, Wien
Standort: E-Werkstraße, 8132 Pernegg, Steiermark
Fertigstellung: 2012
Bildnachweis: Paul Ott, Graz

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Farbenfrohe Anstriche sind ein Mittel, um betongraue, elementierte Fassaden und Tragstrukturen abwechslungsreicher zu gestalten, so wie hier in Podgorica.

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Treppe aus geschliffenem Betonwerkstein

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Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart; Architekten: UN Studio

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Betonoberfläche bei Verwendung einer saugenden Brettschalung

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