Tribunal de grande instance de Paris

Glaspalast für die Justiz

Seit dem Mittelalter befand sich die Pariser Justiz auf der Île de la Cité im Herzen der französischen Hauptstadt. Im Laufe der Zeit musste sie jedoch aus Platzmangel auf mehrere Standorte ausweichen. Das gehört nun der Vergangenheit an, denn im Tribunal de grande instance de Paris (TGI) sind jetzt alle Institutionen der Justizbehörde wieder vereint. Entworfen und geplant wurde das gewaltige Bauwerk von Renzo Piano Building Workshop.

Der 160 Meter hohe Bau verleiht der französischen Justiz eine neue, starke Präsenz im Stadtbild
In den eingerückten Geschossen sind großzügige Dachterrassen mit parkartigen Gärten angelegt
Etwa 50.000 Quadratmeter der Fassade sind komplett verglast, ein Großteil davon ist als hinterlüftete Doppelfassade ausgeführt

Der Neubau befindet sich am Rand des Pariser Stadtentwicklungsgebiets Clichy-Batignolle im 17. Arrondissement; nördlch verläuft der Boulevard Periphérique. Mit einer Höhe von 160 Metern ist es das bislang erste Hochhaus der Umgebung und eine weithin sichtbare Landmarke. Gleichzeitig ist es zentraler Baustein des von Nicolas Sarkozy initiierten Masterplans „Grand Paris", mit dem die Randgebiete der Stadt aufgewertet werden sollen.

Die Architekten hatten sich 2011 bei einem internationalen Wettbewerb mit ihrer Idee durchgesetzt, die in der Auslobung getrennten Bereiche für Gericht und Verwaltung in einem Baukörper zusammenzufassen und übereinander zu stapeln. Auf insgesamt 38 Stockwerken bietet er eine Nutzfläche von 104.000 Quadratmetern für rund 2.500 Mitarbeiter und bis zu 8.500 Besuchern. In einem fünf- bis achtgeschosshohen Sockel ist das Gericht untergebracht, darüber erhebt sich ein Turm mit einer Gebäudetiefe von 22 Metern für die Justizverwaltung. Eingerückte Geschosse in der 8., 19. und 29. gliedern den Bau in drei nach oben sich verjüngende, klar ablesbare Abschnitte. In den Einschnitten sind parkartige Dachterrassen mit üppiger Bepflanzung und holzbeplankten Wegen angelegt. Allein die Terrasse im 8. Obergeschoss besitzt eine Fläche von 7.000 Quadratmetern.

Über einen Vorplatz auf der Ostseite betreten Besucher das Justizgebäude. Hinter der Sicherheitskontrolle öffnet sich ein 28 Meter hohes Atrium, in das über runde Oberlichter Tagelicht hereinfällt. Ein 160 Meter langer Flur verbindet es mit zwei weiteren, kleineren Atrien im Norden und Süden des Gebäudes. Außerdem erschließt er die 90 Gerichtssäle sowie unter anderem eine Cafeteria. Helle Farben, warmes Buchenholz und viel Glas sorgen für eine offene, lichte Atmosphäre.

Glas

Von der insgesamt rund 62.000 Quadratmeter großen Fassade sind etwa 50.000 Quadratmeter komplett verglast. Der Großteil ist als hinterlüftete Doppelfassade ausgebildet. Die äußeren Verbundsicherheitsgläser (VSG) sind als hochreflektierendes, farbneutrales Sonnenschutzglas ausgeführt. Die inneren Scheiben aus 2-fach-Wärmeschutzglas sorgen für einen hohen Energieeintrag und optimalen Tageslichteinfall. Zusammen halten sie die Innenräume im Sommer kühl und bei kaltem Wetter warm. Für die Isolierglasfront des Eingangsatriums kam extraklares Weißglas mit sehr geringer Eigenfarbe zum Einsatz.

Die gläserne Hülle hält die optische Wahrnehmung des Gebäudes in einem Schwebezustand zwischen Transparenz und Reflexion. Vorgehängte, drehbare Photovoltaikmodule an de Ost- und Westfassade sowie an den beiden Panoramaaufzügen des Turms strukturieren die Ansichten in der Horizontalen. An den Stirnseiten, die nicht als Doppelfassade ausgeführt sind, verringern außen liegende Lamellen den Wärmeeintrag. Mit einem Energieverbrauch von lediglich 75 kWh/m²a ist das vollverglaste Justizgebäude ein Vorzeigeprojekt der französischen Regierung gegen die Erderwärmung.

Bautafel

Architekten: Renzo Piano Building Workshop (RPBW), Paris
Projektbeteiligte: AIA Ingénierie, Paris (Landschaftsplanung); Setec Travaux Publics et Industriels, Paris (Tragwerksplanung); RFR, Paris (Fassadenplanung);  Permasteelisa (Ausführung Fassade); Saint-Gobain Glass, Stolberg (Glashersteller: SGG Stadip Protect mit SGG ST Bright Silver (äußere Doppelhaut), Climaplus XN Silence (innere Doppelhaut), Climaplus Protect One (Atrium), Climaplus Protect Cool-Lite SKN 054 auf Diamant-Glas (Sockel Westen), Cool-Lite ST Bright Silver mit SGG Cool-Lite XTreme 60/28 (Sockel Osten), Climaplus SKN 065 (Panoramaaufzug Osten, Greenhouses), Seralit Protect Cool-Lite ST Bright Silver (Glasflügel, seitlich der Aufzüge); Sivaq, Coutras; La Veneciana, Lalin und Eckelt Gls, Steyr (Glasverarbeitung)
Fertigstellung: 2017
Bauherr: Établissement Public du Palais de Justice de Paris, Paris / Bouygues Bâtiment, Paris
Standort: 29-45 Avenue de la Porte de Clichy, 75017 Paris, Frankreich
Bildnachweis: Laurent Zylberman-Graphix-Images, Renzo Piano Building Workshop

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