Transitlager Münchenstein

Drei Wohngeschosse auf einem Stahlbetonbau der Sechziger Jahre

Basel ist nicht nur die einwohnerstärkste Stadt in der deutschsprachigen Schweiz, im Grenzgebiet zu Deutschland und Frankreich. Sie gilt als Kulturhauptstadt des Landes und ist geprägt vom Kontrast zwischen Tradition und Moderne – neben zahlreichen historischen Bauwerken finden sich hier zeitgenössische Werke namhafter Architekten. Die Gemeinde Münchenstein südlich von Basel gehört noch zur Metropolregion, das Gewerbe- und Dienstleistungsgebiet Dreispitz bildet den Übergang. Hier schufen die Architekten von BIG – Bjarke Ingels Group einen zeichenhaften Hybrid aus Alt und Neu, in dem sie ein ehemaliges Lagergebäude aus den 1960er-Jahren aufstockten. Der viergeschossige Stahlbetonbau bietet nun reichlich Platz für Gewerbe, Büros und experimentelle Wohnformen, und ist gekrönt von drei neuen Wohngeschossen, die an den Längsseiten zickzackförmig vor- und zurücktreten, um möglichst viel Tageslicht einzufangen. Das Transitlager Münchenstein bildet das Flaggschiff eines angestrebten Wandels vom reinen Gewerbegebiet zum multifunktionalen Stadtquartier.

Blick von der Straße
Die oberen beiden Etagen des Altbaus werden für experimentelle Wohnformen genutzt
Titelbild

Mit einem unterirdischen Parkdeck, Läden und Gastronomie im Erdgeschoss, Büros im ersten sowie Loft- und Atelierwohnungen in den oberen Stockwerken bildet der Altbau eine vielfältige, lang gestreckte Basis. An den Enden leicht zugespitzt, erstreckt er sich von Nordost nach Südwest. Mit dunkel gerahmten Fensterbändern und ebenso breiten Betonbrüstungen erscheint er in der Länge gedehnt. Die aufgesetzten drei Wohngeschosse wirken dagegen hell, die als umlaufende Balkone auskragenden Betondecken verjüngen sich zu schmalen Ansichtskanten. Die lebhafte Zickzackform betont den Gegensatz. Sie entsteht durch eine gegenüber der Basis um 45° verdrehte Anordnung und Verknüpfung rechteckiger Grundrisse.

Die enormen Stützweiten des Stahlbetonskeletts im Altbau mit einer Nutzfläche von 18.000 Quadratmetern gewährleisten dort eine flexible Raum- und Nutzungsstruktur. Die Aufstockung umfasst insgesamt 7.000 Quadratmeter Wohnfläche; durch die Verwendung von Glasfaserbeton ließen sich Gewicht und Platz einsparen. Zwischen den fünf miteinander verknüpften Baukörpern auf dem Dach entstehen dreieckige Gartenflächen. An beiden Enden wird die Zuspitzung des Bestandes überformt, sodass die weiten Auskragungen des Neubaus förmlich hervorstechen. Der Anteil der Fensterflächen und somit der Tageslichteinfall ließ sich durch die Verkettung der Baukörper deutlich erhöhen. Die Wohnungen haben zweieinhalb bis fünf Zimmer und sind sehr hell; in den offen konzipierten Grundrissen nimmt ein rückwärtiger Versorgungskern Badezimmer, WC und einen Küchenblock auf.

Flachdach

Sowohl die Dachflächen auf dem Altbau, die als Gärten genutzt werden, als auch die Flachdächer der Aufstockung sind begrünt. Damit soll ein Ausgleich für die raren Grünanlagen in dem überwiegend gewerblich genutzten Gebiet geschaffen werden. Die in den aufgesetzten Quadern jeweils mittig liegende Erschließung erhält Tageslicht über ein großes Oberlicht, das auch der natürlichen Belüftung sowie zur Entrauchung im Brandfall dient.

Die als Brüstung fungierende, aufgesetzte anthrazitfarbene Attika des Bestands wird von den auskragenden Betondecken der Neubauten durchstoßen. Alle auskragenden Bauteile des Neubaus einschließlich der Dachkonstruktion verschmälern sich zu den Ansichtskanten. Die Entwässerung der Aufstockung erfolgt über das Gründach auf dem Altbau.

Bautafel

Architekt: BIG – Bjarke Ingels Group, Kopenhagen/London/New York
Projektbeteiligte: Schnetzer Puskas Ingenieure, Basel (Tragwerksplanung Machbarkeitsstudie); Mauchle Stahlbau, Sursee (Stahlbau); Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt am Main (Tragwerksplanung Wettbewerbsentwurf); HL-Technik München (Technische Gebäudeausrüstung); Gemperle Kussmann, Basel (Sanitärplanung); SBI Scherler, Basel (Elektroplanung)
Bauherr: Nüsch Development, St. Gallen; UBS Fund Management, Basel; Christoph Merian Stiftung, Basel
Fertigstellung: 2016
Standort: Freilager-Platz, 4142 Münchenstein, Schweiz
Bildnachweis: Laurian Ghinitoiu, Berlin und  BIG – Bjarke Ingels Group, Kopenhagen

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