Tiny House bei Zalvariai

Stahlhaus auf Stelzen mit Falttüren und Panoramafenster

Große Teile Litauens sind mit hügeligen Kiefern- und Mischwäldern aus uralten Eichen, Ulmen und Eschen bedeckt, in denen Elche, Damwild, Luchse und sogar Wölfe leben. An der baltischen Küste ebenso wie an den Flüssen, Seen und Sümpfen des Landes wird ein sanfter Ökotourismus gepflegt, der statt auf große Hotelanlagen vornehmlich auf Hütten und Zeltplätze setzt. Ungefähr eine Stunde Fahrzeit nördlich von der Hauptstadt Vilnius erweitert bei Zalvariai der Prototyp einer modularen Stahlhütte auf Stelzen einen naturnahen Ferienpark in der Wildnis. Auf der Apfelinsel im See Grabuostas stellt der nur 23 m² große, von Šarkauskai Architecture Atelier entworfene Einraum eine zeitgenössisch-minimalistische Interpretation einer Blockhütte dar.

Ungefähr eine Stunde Fahrzeit nördlich von der Hauptstadt Vilnius erweitert bei Zalvariai der Prototyp einer modularen Stahlhütte auf Stelzen einen naturnahen Ferienpark.
An der baltischen Küste ebenso wie an den Flüssen und Seen des Landes wird ein sanfter Ökotourismus gepflegt, der statt auf große Hotelanlagen vornehmlich auf Hütten und Zeltplätze setzt.
Die beiden Architekten von ŠA Atelier entwickelten ein orthogonales und modulares Skelett, das mit einer Haut aus Stahlblech beplankt oder mit vollflächigen Fenstern und Falttüren ausgefacht wird.

Modulare Stahlkonstruktion

Der in Vilnius ansässige Auftraggeber ist spezialisiert auf die Verarbeitung von Stahl zu Möbeln und Innenausbauten und hatte die serielle Herstellung eines Tiny Houses aus Stahl vor Augen. Dieses sollte in seiner Werkstatt vorgefertigt und dann in die Natur transportiert werden, um Baustellenarbeiten und damit verbundene Eingriffe vor Ort weitestgehend zu reduzieren. Die beiden Architekten von ŠA Atelier, ebenfalls aus Vilnius, entwickelten ein orthogonales und modulares Skelett, das mit einer Haut aus Stahlblech beplankt oder mit vollflächigen Fenstern und Falttüren ausgefacht wird.

Das konstruktive Skelett bildet dabei nicht nur die Konturen des Volumens, sondern kragt unten mit schlanken Stelzen aus. So kann die Hütte unabhängig von der Beschaffenheit des Terrains – wie zum Beispiel Gefälle, Sumpf, Strand – überall aufgestellt werden. Die Aufteilung in Module bietet den Vorteil, dass sich die Größe der Hütte variabel konfigurieren lässt. Außerdem ermöglicht die modulare Konstruktion wahlweise einen kompletten Zusammenbau in der Werkstatt als auch einen Transport in Einzelteilen für eine Vor-Ort-Montage, also je nach Erschließung bzw. Sensibilität des vorgesehenen Standorts.

Stahlhaut und Stirnseiten mit Panoramafenster und Falttüren

Der Prototyp auf der Apfelinsel besteht aus vier kubusartigen Modulen, also mit quadratischem Quer- und Längsschnitt, bei denen drei den Innenraum und ein Modul eine offene Veranda bilden. Die Stahlhaut zeigt durch den Herstellungsprozess individuelle Muster und ist farblich nicht behandelt, sie ist quasi roh und reagiert auf die Witterung. Das Dach ist ebenfalls aus gefaltetem Stahlblech gebildet und scheint über der Hütte zu schweben, um durch den natürlichen Windzug im Sommer zu kühlen. In den beiden v-förmig geformten Blechen lässt sich das Regenwasser sammeln, um es ggf. gefiltert nutzen zu können.

Der Zugang erfolgt über eine ebenfalls aufgeständerte Rampe auf diese Veranda. Die vordere Stirnseite ist mit einer dreiflügeligen Falttür verglast, die sich vollständig zur Veranda öffnen lässt und damit den vorderen Raumbereich flächenmäßig verdoppelt. Die hintere Stirnseite ist mit einem bodentiefen und quadratischen Panoramafenster fest verglast. Durch diesen geometrischen Kunstgriff erweitert sich das Innere visuell weit in die Natur, ohne dass sich die Bewohner wie in einem Aquarium exponieren. Beide Glasfelder können zudem mit Vorhängen blickdicht gemacht werden. Zusätzlich ist seitlich, nämlich über einer kleinen Küchenzeile, ein schmales liegendes Fenster angeordnet, um diesen Bereich lüften zu können.

Flexibles Mobiliar

Das Innere ist mit natürlich belassenem hellem Sperrholz verkleidet. Obwohl der Prototyp mit 23 m² wirklich winzig ist, umfasst er zwei Raumbereiche, in denen sich flexible Sitzmöbel zu zwei Schlafzimmern mit insgesamt vier Betten umwandeln lassen. Sogar aus dem Bett lässt sich die Natur beobachten, wenn nachts Wildtiere vorbeikommen. Ebenso ist es möglich, den vorderen Raumbereich mit der Veranda zum Wohnen und nur den hinteren Raum als Schlafzimmer zu nutzen.

Die Tischplatte hängt, solange sie nicht benötigt wird, wie ein Bild flach an der Wand. Eine dazugehörige gefaltete Metallplatte lässt sich vom Nachttisch zum Beistelltisch bis zum Untergestell für den Esstisch umdrehen. Das kleine, aber funktionale Bad ist als Box aus in ein Schrankwandsystem eingefügt, das den Andockanschluss für die haustechnische Infrastruktur beinhaltet. -sj

Bautafel

Architektur: ŠA atelier, Gabrielė Šarkauskienė, Antanas Šarkauskas, Vilnius
Projektbeteiligte: Evaldas Šemeta, Klaipėda (Statik)
Bauherr/in: MB Piritas, Vilnius
Fertigstellung:
2019
Standort:
Obuoliu Sala (Apfelinsel) im See Grabuostas; Salos g 3, 33284 Žalvariai, Litauen
Bildnachweis: Vaidotas Darulis; Gabrielė Šarkauskienė, Vilnius

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Schiebefenster bestehen aus einem Blendrahmen und Flügeln, die in einem Schienen- bzw. Nutsystem seitlich verschoben werden (im Bild: großformatige horizontale Schiebefenstertüren)

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