Tiny-Häuser in Schwyz

Wohnmodell für ressourcenschonende Lebensweise

Die Tiny-Haus-Bewegung fußt auf einem Lifestyle der Reduktion: mit wenig auskommen, auf kleinem Raum leben. Oftmals stehen diese teilweise mobilen Häuschen mitten im Grünen. Nicht so in der schweizerischen Kleinstadt Schwyz: Das ortsansässige Büro Marty Architektur nutzte hier den Trend, um in einem geschützten historischen Ortsbild nach innen zu verdichten.

Die insgesamt vier Wohnungen fördern mit ihrem Konzept den ressourcenschonenden Lebensstil auf wenig Raum.
Die Häuser funktionieren energie-autark über die PV-Anlage des Daches und werden mit einheimischem Holz geheizt.
Die Häuser stehen erhöht auf Strahlträgern, wodurch keine CO2-intensiven Fundamente und Aushub nötig waren.

Vom Garten zur fortschrittlichen Wohneinheit
Das Baugrundstück in der Altstadt von Schwyz gehörte ursprünglich zu einem Wohnhaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Nutzung als Garten war nicht mehr gefragt und so kam die Idee auf, diese Restparzelle als neues Wohnmodell für eine ressourcenschonende Lebensweise umzumodellieren. Die historische Umfassungsmauer sowie das Dorfbild stehen unter Denkmalschutz. Auf den Entwurf wirkte sich dies ebenso aus wie der Verlauf des nahe gelegenen Dorfbachs: Die zwei kompakten Bauvolumen stehen eng und abgewinkelt zueinander und passen in ihrer Größe und Setzung zur bestehenden Siedlungsstruktur. So entstehen spannungsvolle private Außenräume zwischen den Häusern und der Umfriedung, die von allen Wohnparteien genutzt werden können. Die Tiny-Häuser haben geschwärzte Holzfassaden und ein markantes Satteldach ohne Überstände, das mit PV-Elementen gedeckt ist.

Im Einklang mit der 2.000-Watt-Gesellschaft
In den Häuschen befinden sich jeweils zwei Wohneinheiten von 30 und 43 Quadratmetern Fläche mit je einer Küche, Nasszelle und einem Wohn- und Schlafraum. Dabei sind das Bad und die Küche mit Türen vom Wohnraum abgetrennt. Bei der Wohnung im Obergeschoss befindet sich das Schlafzimmer als Galerie unter dem Dachgiebel und kann über eine Treppe erreicht werden, die zusätzlichen Stauraum bietet. Konzipiert wurden die Wohneinheiten für die sogenannte 2.000-Watt-Gesellschaft, einem an der ETH Zürich entwickelten Wohnkonzept für Menschen, die sich einem reduzierten Lebensstil verschreiben wollen. So existieren etwa keine Parkplätze auf dem Grundstück, das stattdessen regional und biodivers bepflanzt wurde und ohne Bodenversiegelung auskommt.

Kleiner ökologischer Fußabdruck
Die Gebäude stehen auf Stahlträgern über dem gewachsenen Boden, sodass auf die CO2-intensiven Fundamente aus Beton und auf große Erdbewegungen verzichtet werden konnte. Die Stahlteile sind unbehandelt und entwickeln mit der Zeit eine charakteristische Patina. Durch die schwebend wirkenden Häuser ist der Erdboden für Kleintiere und Pflanzen erhalten geblieben.

Das Tannen- und Fichtenholz stammt aus der Region, sodass kurze Transportwege eingehalten werden konnten. Die gewählten Baumaterialien sollen einen langen Betrieb ermöglichen und nach ihrer Lebensdauer wieder in den Baustoffkreislauf zurückgeführt werden können. Deshalb sind die Bauteile mit rein mechanischen Verbindungen gefügt, wobei ein Minimum an Klebstoffen verwendet wurde. Für ein gesundes Innenraumklima haben die Architekturschaffenden auf Lösungsmittel und andere Schadstoffe verzichtet. 

Autark mit Specksteinofen
Neben der Bauweise ist auch das Energiekonzept ressourcenschonend. Mit der gut gedämmten Gebäudehülle konnte der Heizenergiebedarf auf ein Minimum gesenkt werden. Die erforderliche Wärme wird dabei für jede Wohneinheit durch einen Specksteinofen geliefert. Die Holzfeuerung ist CO2-neutral und zudem gemütlich. Auch die elektrische Versorgung funktioniert autark, denn die Häuser sind nicht an das Stromnetz angeschlossen. Strom erzeugt die PV-Anlage auf dem Dach mit zentralem Energiespeicher. Damit der Verbrauch gering bleibt, wurden energiesparende Geräte ausgewählt. Durch bewegliche Leuchtmittel wird nur dort Strom genutzt, wo es nötig ist, gekocht wird mit Gas. Die Mietenden können ihren Verbrauch und die Produktion der PV-Anlage über eine smarte Steuereinheit ablesen.

Innovatives Mietmodell
Das innovative Wohnkonzept verlangte auch nach einem neuen Mietmodell. Ein bestimmtes Kontingent an Holz für den Ofen und der Stromverbrauch von 175KW/h sind bereits im Mietpreis enthalten. Die Mietvereinbarung soll dadurch als Anreizsystem für eine ressourcenschonende Lebensweise funktionieren. -sh

Bautafel

Architektur: Marty Architektur, Schwyz
Projektbeteiligte: AG für Holzbauplanung, Rothenthurm (Ingenieur); Gebr. Züger Schreinerei Innenausbau, Altendorf (Schreiner); Kost Holzbau, Küsnacht am Rigi (Ausführer/Hersteller)
Bauherr/in: i4m, Schwyz
Fertigstellung: 2020
Standort: Acherhofstrasse 30, 6430 Schwyz
Bildnachweis: Stefan Zürrer, Buchrain

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