Thomasschule in Leipzig

Restaurierung mit "neuer Mitte"

Eine der ältesten Schulen in Leipzig - die Thomasschule zu Leipzig - erstmals urkundlich Anfang des 13. Jahrhunderts erwähnt, ist an den alten Standort zurückgekehrt. Mit der Instandsetzung und Restaurierung des Schulgebäudes an der Sebastian-Bach-Straße und der Errichtung eines ergänzenden Neubau an der Hiller- bzw. Hauptmannstraße, wurde die räumliche Trennung zwischen Thomasschule und Alumnat des Thomaner-Chores - Ergebnis der verheerenden Zerstörung im Jahre 1943 - aufgehoben. Die nunmehr zusammengeführte Thomasschule ist ein Gymnasium mit zwei allgemeinbildenden Zügen mit mathematisch-naturwissenschaftlichem Profil und einem Zug Thomaner mit vertieftem musischen Profil.

Das neue Foyer, das zwischen den Altbauten vermittelt
Sorgsam restauriertes Treppenhaus im Altbau

Ziel der Architekten war es, mit einem formal klar gegliederten Baukörper und Verwendung von zeitgerechten Materialien - durchgefärbten Sichtbeton, Glas - eine neue Mitte für die Schulanlage zu schaffen. Durch die Stapelung von Nutzungen in einem monolithischen zweigeschossigen 'Gebäuderiegel' entstand Raum für ein großzügiges, multifunktional zu nutzendes Foyer. Die transparenten Fassaden bestehen aus einer filigranen Pfosten-Riegel-Konstruktion. Sie bewirken, dass die ehemals getrennten Schulhöfe an der Hiller- bzw. Hauptmannstraße optisch und funktional zusammengefasst werden. Dies wird mit den neu geschaffenen Eingänge, welche folgerichtig in der Mittelachse des vorhandenen Schulgebäudes liegen, unterstützt. Der durchgefärbte Sichtbeton für den Gebäuderiegel bezieht sich in seiner Farbigkeit und in seiner Materialität als monolithischer Baustoff auf die vorgefundenen Materialien im Altbau - Sandstein, Granit, Porphyr, usw. Der kubische Gebäuderiegel setzt sich durch die transparenten Fassadenelemente deutlich von den beiden Baukörpern der Schule bzw. Sporthalle ab. Es ist somit gelungen, unter Verwendung von zeitgemäßen Materialien den neuen zentralen Zwischenbauteil optisch aufzulösen und das Schulgebäude und die Sporthalle als scheinbare Solitäre in dem von Einzelgebäuden geprägten Stadtraum erscheinen zu lassen. Das neue 'Bachfoyer', mit der als Tribünen gestalteten großflächigen Treppenanlage ist Bindeglied zwischen den verschiedenen Gebäudeteilen bzw. Freiraumbereichen und zugleich zentraler Raum für Veranstaltungen, Musik, Theater sowie witterungsgeschützter Pausenbereich.

Sanierung/Modernisierung
Das Ende des 19. Jahrhunderts errichtete Schulgebäude wurde unter Erhalt annähernd aller tragenden Bauteile für die Anforderungen eines zeitgemäßen Unterrichts umgebaut. Die Aufgabe das vorgegebene Raum- und Funktionsprogramm in dem vorhandenen Gebäude an diesem historischen Standort zu realisieren, wurde mit dem Kunstgriff erreicht, das ca. 1,50 m unter Niveau liegende Untergeschoss als vollwertige Funktionsebene in das Gesamtgebäude einzubeziehen. Die Außenanlagengestaltung am Gebäude mit Stützmauern aus Sandstein und terrassenförmigen Abgrabungen der Landschaftsarchitekten Sprenger ermöglicht zum einen die volle Tagesbelichtung der Funktionsräume im Untergeschoss und bewahrt zum anderen das 4-geschossige Erscheinungsbild des Gebäudes im Stadtraum. Elemente der inneren Struktur des Gebäudes hat der französische Künstler Ivan Lacaze als Ausgangspunkt für eine das Gesamtgebäude umfassende Lichtinstallation verwendet. Durch Lichtelemente wurden die von den Architekten ausnahmslos beibehaltenen vorhandenen überbreiten Türöffnungen auf ein funktionsgemäßes Maß verringert. Die farbig gestaltete Lichtinstallation beruht auf den Prinzipien der Synästhesie. Für die Thomasschule wurden akustische in visuelle Merkmale umgesetzt - Hörbares (Noten) wird in Sichtbares (Farbe) transformiert. Grundthema für die Installation ist ein Portrait von Johann-Sebastian Bach, welches 1746 von Elias Gottlob geschaffen wurde. Per Computer bearbeitet und verfremdet, wurde es in acht Längsstreifen auf Glas projeziert und in die einzelnen Türrahmen eingebaut. Wie Teile eines Puzzles, dessen Lösung sich als Lichtbild im obersten Stockwerk zusammenfügt, gliedert diese Lichtinstallation die langen Flure und steht im engen Kontext zur architektonischen Gesamtgestaltung.
Die beiden Treppenhäuser an den Flurenden wurden restauratorisch instandgesetzt und sind Zeugnis der vergangenen und gegenwärtigen Treppenbaukunst. Unter Verwendung von alten Anstrichtechniken wurden wesentliche Teile der alten Aula wieder instandgesetzt. Durch den Einbau einer Akustikdecke wurde den speziellen Anforderungen für den Musikunterricht Rechnung getragen.

Quelle: Planungsbüro Numrich + Albrecht, Berlin

Bautafel

Architekten: Planungsbüro Numrich + Albrecht, Berlin
Projektbeteiligte: Andrea Dunkhorst, Timo Klumpp (Mitarbeiter); Ivan Lacaze, Berlin (Künstlerische Gestaltung); Numrich + Albrecht mit Bauplan GmbH & Co. KG, Leipzig (Bauleitung);
Sprenger Diplom-Ingenieure Landschaftsarchitekten, Berlin (Außenanlagen); Zachmann Ingenieurbüro für Baustatik GmbH, Bühl/Baden (Tragwerksplaner); Ingenieurgesellschaft GWW, Leipzig (Elektroplaner); Brendel Ingenieure GmbH, Leipzig (HLS)
Bauherr: Stadt Leipzig
Fertigstellung: 2002
Standort: Sebastian-Bach-Straße, Leipzig
Bildnachweis: Anett Stuth, Berlin (1,2); Stefan Hoyer Fotografie, Leipzig (3)

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