Thermalbad in Zürich

Kellergewölbe mit Holzwannen und ein Freibad auf dem Dach

Im Zürcher Stadtteil Enge befindet sich das Areal der ehemaligen Brauerei Hürlimann – ein bedeutendes Industriedenkmal aus der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die weitläufigen, unterirdischen Gewölbekeller, in denen bis in die 1990er Jahre noch Bier gelagert wurde, dienen heute als Spa- und Thermalbad. Und ganz oben, auf dem weithin sichtbaren Dach des früheren Sudhauses, ermöglicht eine Badeanlage das Schwimmen, Planschen und Entspannen unter freiem Himmel. Die Umwandlung dieser gegensätzlichen Räumlichkeiten erfolgte in enger Zusammenarbeit zwischen den ortsansässigen Architekten Althammer Hochuli und der Innenarchitektin und Szenenbildnerin Ushi Tamboriello aus Baden.

Ganz oben, auf dem weithin sichtbaren Dach des früheren Sudhauses, ermöglicht eine Badeanlage das Schwimmen, Planschen und Entspannen unter freiem Himmel
Holzwannenbäder in den ehemaligen Lagergewölben der Brauerei
Nach dem Kassenbereich passieren die Besucher einen langgestreckten Trink- und Quellbrunnen aus Sichtbeton: LED-Unterwasserscheinwerfer zeichnen hier das Gewölbe nach

Der Gegensatz zwischen den umschlossenen, unterirdischen Bereichen und der nach oben offenen Dachlandschaft war maßgeblich bei der dramaturgischen Gestaltung der Raumfolgen. So finden sich in der insgesamt rund 3.200 m² umfassenden Badeanlage drei ganz unterschiedliche Bereiche: Außer dem Schwimmbad unter freiem Himmel gibt es zwei verschiedene Bäder unter der Erde – riesige Holzwannenbäder in den ehemaligen Lagergewölben der Brauerei sowie ein klassisch gestaltetes, Römisch-Irisches Spa-Bad in den ehemaligen Malztenngewölben.

Die gesamte Anlage ist geprägt durch einen behutsamen Umgang mit dem Bestand und großem Respekt vor den noch sichtbaren (und teilweise auch freigelegten) Spuren der Vergangenheit. Die alten Brauereigebäude sind ein komplexes Ensemble und teilweise im hügeligen Gelände eingegraben. Der Zugang zur Therme erfolgt am Fuß des Hügels über eine ehemalige Verladerampe. Ein langer, nur in Fußhöhe beleuchteter Tunnel führt anschließend tief in den Berg hinein zum untersten Gewölbekellergeschoss (Ebene -3). Nachdem die Besucher die Kassen passiert haben, gelangen sie parallel zu einem lang gestreckten Trink- und Quellbrunnen aus Sichtbeton zum Verteiler zu den einzelnen Gewölbekammern mit Umkleiden. Deren Böden und Wände sind mit Eichenholz bedeckt, dessen fein verarbeitete und glatte Oberflächen mit den rohen Bruchsteinen der Deckenbögen kontrastieren. Zum Thermalbad auf der Ebene darüber führt schließlich eine breite Treppe. Aus diesem weitläufigen unterirdischen Gebäudeteil (Ebene -2) gelangen die Besucher schließlich mit Schnellliften zum etwa 30 m höher gelegenen Dachbad. Dabei passieren die Aufzüge ein Hotel im ehemaligen Sudhaus und enden im Bistro mit Ruheraum unterhalb des Dachs auf der Ebene +3. Eine Treppe erschließt dann die oberste Ebene (+4) mit dem Schwimmbecken in luftiger Höhe, das einen weiten Ausblick über die Stadt bietet.

Bad und Sanitär
Alle Bäder der Therme sind maßgefertigt, die Armaturen schlicht und geradlinig, ihre Form auf das Wesentliche reduziert. Die geräumigen Holzwannenbäder mit bis zu zehn Metern Länge wurden gemeinsam mit einem der letzten Schweizer Küfermeister entwickelt: Gefertigt aus sechs Zentimetern dicken, astfreien Lärchenbohlen und zusammengehalten durch schmale Stahlbänder erinnern sie an die ursprüngliche Nutzung des Kellergewölbes als Lager für Bierfässer und Gärbottiche. Prägendes gestalterisches Element in den Räumen der Holzwannenbäder ist zudem das freigelegte Bruchsteinmauerwerk, die Böden und neuen Trennwände bestehen wie die Wannen aus Lärchenholz.

In den Räumlichkeiten der ehemaligen Malztenne mit Tonnengewölben aus Sandsteinmauerwerk befindet sich das Spa-Bad. Der Boden mit Feinsteinzeug hebt und senkt sich in diesem weitläufigen Bereich reliefartig zu unterschiedlichen Ebenen mit Becken und Ruhepodesten. Die gesamte, sehr aufwendige Technik sollte möglichst unsichtbar bleiben; die Leitungen werden daher über unterirdische Medienkanäle und teilweise hinter den Seitenwänden aus Feinsteinzeug geführt.

Rund 30 Meter höher bildet das Dachbad über dem alten Sudhaus den krönenden Abschluss. Ein Betonfaltwerk trägt seine Lasten und prägt zugleich die amorphe Hülle der darunter befindlichen Ruhezone. Deren Decke ist mit Holz verkleidet, das die geometrischen Faltungen des Betons und die darunterliegenden Leitungen verhüllt. Hier und da dringt Tageslicht in den Ruheraum – das Bad in luftiger Höhe schließlich bietet maximale Helligkeit unter freiem Himmel, für die Badenden gehen Wasserspiegel und Horizont fließend ineinander über. us

Bautafel

Architekt: René Hochuli und Margrit Althammer, Zürich; Ushi Tamboriello, München und Baden (Innenarchitektur)
Projektbeteiligte: MLG Holding, Bern (Generalunternehmer); Ceramica Catalano, Fabrica di Roma (Waschbecken); Küferei Suppiger, Küssnacht am Rigi (Holzwannenbäder); Vola, Horsens (Armaturen) und Hansgrohe, Schiltach (Armaturen Axor Uno)
Bauherr: PSP Swiss Property, Zürich
Fertigstellung: 2010
Standort: Brandschenkestraße 150, 8002 Zürich
Bildnachweis: Hannes Henz, Zürich

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