Temporärer Pavillon Viaticus in Lissabon

Rigide Stahlkonstruktion mit textilem Sonnendach

Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs, den Portugal nach Jahren der Krise erlebt, hat sich die Leitung der spanischen Kunstmesse Arco entschieden, einen Ableger nach Lissabon zu verlegen. Im Mai 2018 fand sie zum zweiten Mal in den Hallen der Cordoaria Nacional für zeitgenössische Kunst statt. Für einen der langen und schmalen Innenhöfe der ehemaligen Produktionshallen aus dem 18. Jahrhundert entwarfen die Architekten von Atelier JQTS in Zusammenarbeit mit dem Künstler Carlos Nogueira einen temporären Pavillon, der nicht nur Treffpunkt, Café und Schattenspender für die Besucher der Arco Lisboa war, sondern auch als Landmarke die Veranstaltung in der Stadtlandschaft verortete.

Der Pavillon mit integriertem Café diente den Messebesuchern als Treffpunkt und Ort zum Pausieren
Die Form der offenen Stahlstruktur orientierte sich an der strengen Symmetrie der barocken Bestandsarchitektur
Eine am Stahlgerüst befestigte Stoffbahn diente als Sonnendach

Den Viaticus genannten Pavillon konzipierten die Planer als offene Konstruktion aus neun Zentimeter starken, schwarzen Stahlprofilen, die auf einem horizontal wie vertikal angewendeten Dreimeterraster basierte. Auf rechteckigem Grundriss mit Seitenlängen im Verhältnis eins zu zehn reihten sich drei Funktionsbereiche aneinander: eine eingeschossige, schwarz verputzte Küche mit Bedienfenster, ein vier Geschoss bzw. Rasterfeld hoher, nicht besteigbarer Turm mit Fahnenstange sowie ein öffentlicher Bereich, wo Tische und Stühle für die Cafébesucher bereitstanden und wo auch Veranstaltungen stattfanden. Mit einer Grundfläche von sechs Rasterfeldern war dies der größte Teil des Pavillons. Der Turm belegte ein Feld, die Küche drei.

Der um ein Rasterfeld erhöhte Aufenthaltsbereich wurde von einem textilen Sonnendach überfangen. Eine goldfarbene Stoffbahn legte sich in mehreren Wellen über die oberen Abschlussprofile der Stahlkonstruktion. Mit kontinuierlich zunehmender Stoffmenge verlief das Gewebe von Rasterfeld zu Rasterfeld und hing in stetig größer werdenden Parabolformen herab. Auch der Turm war mit dem Stoff behangen, jedoch waren es hier quadratische Felder, die in den dem Sonnendach zugewandten Vertikalseiten der beiden Turmwürfel hingen und sich im Wind bewegten. Im Sonnenlicht erzeugten die Textilien ein Spiel aus Licht und Schatten, das sich auf Boden und Wänden der umgebenden Bebauung sowie dem Stoff selbst abzeichnete und sich mit dem Lauf der Sonne stetig änderte.

Form und Farbigkeit des Pavillons leiteten die Planer zum Teil aus Parametern des baulichen Bestands ab. So ist das Dreimetermaß eine Doppelung des Achsabstands, der bei den Fenstern der Cordoaria Nacional durchgängig 1,50 Meter beträgt. Das Gelbgold der Stoffbahnen stimmten sie auf die Wandfarbe der historischen Hallen ab, die gestreckte Form wählten sie passend zur ungewöhnlichen Kubatur des Ortes. Auch die strenge Symmetrie der barocken Bestandsarchitektur übertrugen sie auf den Pavillon und transformierten sie in eine zeitgemäße Form. Nur das Fähnchen auf dem Turm sowie ein in Gold kolorierter Eckenausschnitt auf der Rückseite der Küche entzog sich der ansonsten eingehaltenen Symmetrie. Mit der Durchlässigkeit des textilen Sonnenschutzes und dem aufwärts weisenden Verlauf der Stoffbahnen beabsichtigten die Architekten eine Aufweitung des Raumes. Angelegt war diese in Form einer repräsentativen Freitreppe ebenfalls bereits in der Bestandsarchitektur. Sie führt von einem Balkon im ersten Geschoss des östlichen Begrenzungsbaus in den Hof hinab und fand im Pavillon ihr skulpturales Gegenüber. -sr

Bautafel

Architekten: Atelier JQTS, Lissabon; Team: Joao Quintela, Tim Simon
Projektbeteiligte: Carlos Nogueira, Oeiras (Künstler); Daniel Maio (Ingenieur)
Bauherr: ARCOlisboa (ifema), Madrid; Lisbon Architecture Triennale, Lissabon
Fertigstellung: 2017
Standort: Av. da Índia, 1300-598 Lissabon, Portugal
Bildnachweis: Diana Quintela, Lissabon; Bruno Lista, Lissabon

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