Temporäre Markthalle in Puyang
Urbanes Gewächshaus zum Wiederverwerten
Aus dem Modulbaukasten eines Gewächshausherstellers bedienten sich die Planer des Ausweichgebäudes für den Shengli Market der chinesischen Metropole Puyang City. Die gläserne Halle ersetzt den historischen Vorgängerbau, während dieser wegen hygienischer und logistischer Mängel abgerissen und vollkommen neu aufgebaut werden soll. Dabei ist die zweckentfremdete Architektur jedoch alles andere als eine Notlösung: Mit eigens entwickelter Visual Identity und übersichtlichem Ordnungssystem werden die Waren nun auf fest installierten Verkaufstischen angeboten. Damit sich das Raumklima durch den Glaushauseffekt nicht aufheizt, verschatten innen und außen liegende Sonnensegel die Markthalle.
Lückenloser Marktbetrieb
Notwendig war die Ausweichlösung, weil der Markt die Grundversorgung des dicht besiedelten Stadtteils darstellt. So erklärt sich auch das mit 2.902 Quadratmetern nicht zu knapp bemessene Ausmaß des eingeschossigen Flachbaus auf quadratischem Grundriss. Glücklicherweise befand sich gegenüber dem alten Markt ein freies Grundstück, welches vorübergehend angemietet werden konnte. Sogar ein Parkplatz für Liefer- und Besucherverkehr fand darauf Platz. Direkt an einer der Hauptverkehrsadern der Stadt gelegen, verursachte der alte Markt regelmäßige Verkehrskollapse, da in seiner Entstehungszeit in den 1970er-Jahren der Siegeszug des Automobils nicht absehbar war.
Enges Budget und knapper Zeitplan
Wie für temporäre Bauten üblich, standen ein nur kleines Budget und wenig Zeit zur Verfügung. Um diese Planungsvorgaben einhalten zu können, entschieden sich die Architekten für eine industrielle Leichtbauweise: Die Gewächshausarchitektur ist aus standardisierten und vorgefertigten Komponenten zusammengefügt, die zudem rückbau- und wiederverwendbar sind. Die transparente Hülle füllten die Architekten mit eigens gestalteten „Erweiterungen“. Dazu gehören Ladenmodule, Marktstände mit Verkaufstischen, auf denen die Händler ihre Waren anbieten, ein Beschilderungs- und Beleuchtungssystem sowie das Vordach über dem Eingang.
In den Läden werden hauptsächlich verarbeitete Waren angeboten, wie getrocknetes oder gekochtes Essen und Gewürze. Sie sind an den Seitenwänden sowie der südlichen Rückwand der Halle angeordnet und haben – abgesehen von Sonderflächen in den Gebäudeecken – jeweils eine quadratische Grundfläche von vier mal vier Metern. Mit eigenen Namen und Logoschildern geben sie ein heterogeneres Bild ab als die fest installierten Marktstände, welche den Hauptteil im Zentrum der Halle einnehmen.
Hygienestandard mit Visual Identity
Zugunsten einer besseren Übersichtlichkeit und auf Kosten des nicht uncharmanten „Durcheinanders“ auf Wochenmärkten, entwickelten die Planer für den offenen Marktbereich ein strenges Ordnungssystem mit eigener Visual Identity. Um zu verhindern, dass individuelle Schilder der Händler über den Verkaufstischen die Sichtbeziehungen durch die Halle verstellen, entwarfen die Architekten sogenannte Schilderbäume: umgedrehte Pyramiden aus Stahlprofilen und Holzlatten, die an die Stützpfeiler der Hallenkonstruktion angebracht wurden. Schilder mit Lebensmittelbezeichnungen informieren daran über die verschiedenen Bereiche der Markthalle. Darüber hinaus dienen sie zur Befestigung der Hallenbeleuchtung, wodurch sie an Flutlichter in Sportstadien erinnern. Das Pyramidenmotiv findet sich bei der Stützkonstruktion des Vordaches wieder.
Sonnenschutz durch Bestand
Das Gebäude befindet sich im nordöstlichen Zentralchina. Obwohl es hier in den Sommermonaten sehr heiß werden kann, konnten sich die Planer das Gewächshauskonzept erlauben. Denn zum einen besteht die umliegende Bebauung überwiegend aus Hochhäusern, durch deren Anordnung die Markthalle dem direkten Sonnenlicht nur wenige Stunden am Tag ausgesetzt ist. Darüber hinaus richten sich die Öffnungszeiten des Gemüsemarktes nach den Bedürfnissen der Bürger. Diese frequentieren den Markt insbesondere zum Einkaufen von Lebensmitteln vor und nach dem Arbeitstag. In den Mittagsstunden, wenn die Sonne am höchsten steht, ist der Markt für gewöhnlich geschlossen.
Sonnensegel außen und innen gegen Sonnen- und Wärmeeintrag
Ganz lässt sich die Bestrahlung der Gebäudehülle durch die Sonne jedoch nicht verhindern. An der Innen- und Außenseite der gläsernen Dachkonstruktion wurden daher Sonnensegel installiert. Das System besteht aus zwei verschiedenen Verschattungstextilien, welche sich, angeordnet in langen, waagerechten Bahnen parallel zur Dachfläche, elektrisch öffnen und schließen lassen. Die außen liegende Schicht besteht aus einem Nylon-Gewebe, welches die Wärmeenergie zu einem großen Teil reflektiert, bevor sie in das Glashaus eindringen kann. Sie ist mit Abstand über dem Glasdach montiert. Beim textilen Sonnenschutz auf der Innenseite handelt es sich um aluminiumbeschichteten Baumwollfilz, als Blendschutz mit Dämmfunktion.
Bei dem Sonnenschutz handelt es sich um eine standardisierte
Anlage, die so auch in Gewächshäusern verbaut wird und vom gleichen
Hersteller stammt. Sollte es in dem Glashaus doch einmal zu heiß
werden, sorgen Ventilatoren und Vorhänge aus zerstäubtem Wasser für
die Kühlung von Mensch und Ware. -sr
Bautafel
Architektur: LUO Studio, Peking; Entwurf: Luo Yujie; Design: Wei Wenjing
Projektbeteiligte: Shanghai QIWU Architectural Design & Consultation (Projektleitung); Puyang JINGYI Architectural Decoration Design and Engineering (Bauausführung); Xinhua Ecological Agriculture Science and Technology Development, Quingzhou (Hersteller Sonnenschutz / Gewächshaus)
Bauherrschaft: Shengli Sub-district Office, Hualong District, Puyang
Fertigstellung: 2019
Standort: Shengli E Rd, Hualong, Puyang, Henan, China
Bildnachweis: Jin Weiqi, Peking
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