Technische Schulen Steinfurt

Klimawand zum Heizen, Kühlen und Lüften

Wie viele Bildungseinrichtungen aus den 1970er und 1980er Jahren war auch die Steinfurter Schule für technische Berufe aus energetischer, baulicher und raumakustischer Sicht stark modernisierungsbedürftig. In der damals gängigen Bauweise, dem Kasseler Modell, nach einem standardisierten Entwurf innerhalb kürzester Zeit aus Stahlbetonfertigteilen errichtet und mit Sandwichpaneelen verkleidet, erfuhr das Gebäude mitsamt Sporthalle jetzt eine Grundsanierung im laufenden Betrieb. Die Generalplanung übernahm das Büro agn Niederberghaus und Partner aus Ibbenbüren.

Die alten Sandwichpaneele wurden durch ein gedämmtes Verblendmauerwerk aus basaltbunten Klinkern ersetzt
Der neue, eingeschossige Anbau im Osten nimmt einen circa 250 m² großen Multifunktionsraum auf
Blick in den Multifunktionsraum, der auch Drittnutzern für Veranstaltungen zur Verfügung steht

Das kompakte Schulgebäude bietet auf seinen ein bis zwei Geschossen Platz für rund 2.000 Schüler. Auf knapp 11.000 Quadratmetern verteilen sich u.a. 57 Klassenräume für das Technische Gymnasium, die Fachoberschule, die Höhere Berufsfachschule sowie die Fachschule für Metall- und Stahlbautechnik. Einige, tief im Inneren des Gebäudes liegende Räume waren vor der Sanierung fensterlos. Durch die geschickte Anordnung von sechs neuen Lichthöfen gelang es den Planern, diesen Missstand zu beseitigen und die Räume mit ausreichend Tageslicht zu versorgen. Östlich der Schule platzierten sie einen neuen, eingeschossigen Baukörper. Er beherbergt einen 250 Quadratmeter großen Multifunktionsraum, der zweigeteilt werden kann und auch Drittnutzern für Veranstaltungen zur Verfügung steht.

Die energetische Ertüchtigung der bestehenden Gebäudehülle erfolgte durch den Einbau neuer Fenster nebst grauen Raffstoren zum Zwecke des Sonnenschutzes. Die alten Sandwichpaneele wurden entfernt und durch eine gedämmte Verblendfassade aus basaltbunten Klinkern ersetzt; das Flachdach erhielt eine entsprechende Dämmschicht. Ebenfalls saniert wurde die knapp 2.500 Quadratmeter große Sporthalle im Süden des Schulgeländes.

Heizung/Gebäudetechnik
Um nicht zu stark in die bestehende Bausubstanz im Gebäudeinneren eingreifen zu müssen, entwickelten die Planer gemeinsam mit dem ortsansässigen Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt der Fachhochschule Münster die sogenannte Klimawand: ein integrales Bauteil zum Lüften, Heizen und Kühlen, das in allen Klassenzimmern ganzjährig für ein angenehmes Raumklima sorgt. Dafür wurden auf der Rohbauwand handelsübliche Rohrregister installiert, sowie oberhalb davon ein Lüftungskanal aus feuerverzinktem Stahlblech. Das Ganze verschwindet hinter einer Wandverkleidung, die für eventuelle Wartungsarbeiten jederzeit zugänglich ist. Zum System gehören außerdem auf dem Dach der Schule installierte Zu- und Abluftventilatoren, die jeweils mit einem Rotationswärmetauscher mit hohem Wärmerückgewinnungsgrad ausgestattet sind. Im Winterbetrieb sind die Klimawände an die zentrale Wärmeversorgung des Kreishauses Steinfurt (Grundlast BHKW) angebunden und werden von dort mit Heizwärme versorgt.

In der kalten Jahreszeit wird die Außenluft zunächst über die Rotationswärmetauscher von -12°C auf 16°C vorgewärmt. Anschließend wird sie in die Klimawand geleitet, wo sie sich durch das im Rohrregister zirkulierende Warmwasser weiter erwärmt wird. Die Klimawand ist in „Luftschächte“ unterteilt, so dass sich – ohne Betrieb der mechanischen Lüftungsanlage – eine Luftzirkulation im Heiz- und im Kühlfall einstellt: im Heizfall aufsteigende Luftbewegung, im Kühlfall fallende Luftbewegung (Fallschachtzirkulation). Bei Betrieb der Lüftungsanlage wird die Zuluft über die Rohrleitungen geführt und damit die Heiz- und Kühlleistung des Schachtsystems erhöht. Die Zuluft wird über die untere Schachtöffnung in den Klassenraum eingeblasen. Die Sekundärluft des Raumes wird hingegen über die obere Schachtöffnung mitgenommen und als „Umluftanteil“ ebenfalls abgekühlt bzw. erwärmt.

Im Sommer dient das Wasser eines eigens gebohrten Brunnens als Kühlmedium. Bevor es mit einer Fördertemperatur von 8 bis 12°C über einen Wärmetauscher zur Kühlung in das Gebäude geleitet wird, wird es in einem geschichteten Pufferspeicher zwischengelagert. Nach Gebrauch wird ein Teil des Brunnenwassers zur Gartenbewässerung oder für die WC-Spülungen genutzt, der Rest über ein Versickerungssystem dem Erdreich wieder zugeführt. Gerade einmal 20 m³ Brunnenwasser sind nötig, um täglich rund 190 kWh Kälteenergie zu erzeugen.

Durch die Sanierungsmaßnahmen spart die Schule bis zu 50% an Wärmeenergie ein. Zudem ist eine Umstellung auf regenerative Wärmeerzeuger wie Wärmepumpen oder Geo- und Solarthermie jederzeit möglich.

Bautafel

Architekten: agn Niederberghaus und Partner, Ibbenbüren
Projektbeteiligte: Roxeler Ingenieurgesellschaft, Münster (Tragwerksplanung und Bodengutachten); Brandschutzbüro Eger, Erkelenz (Brandschutz); Kötter Consulting Engineers, Rheine (Bauakustik); Fachbereich Energie, Gebäude, Umwelt der FH Münster Standort Steinfurt (Mitentwicklung Klimawand)
Bauherr: Kreis Steinfurt
Fertigstellung: November 2011
Standort: Liedekerker Straße 84, 48565 Steinfurt
Bildnachweis: Jörg Albano-Müller, Münster

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