Studierendenwohnheim in Regensburg

Raumwärme über Luft und Boden

Das Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne in Regensburg mit seinen denkmalgeschützten Bauten ist geprägt von weitläufigen Grünflächen mit altem Baumbestand. Hier wurde nach Plänen von Behnisch Architekten ein fünfgeschossiges Wohnheim für Studierende errichtet, dessen Kubatur auf das Umfeld reagiert und den rechten Winkel meidet. Beim gemeinsam mit Transsolar entwickelten Klimakonzept für die Innenräume stand Einfachheit im Fokus, was den Wohnkomfort jedoch in keiner Weise beeinträchtigt.

Ein neuer, öffentlicher Fußweg führt diagonal durch das Wohnheim hindurch.
Die kräftig orange-rote und grüne Farbgebung der Sichtschutzwände der Balkone ist von der jahreszeitlichen Laubfärbung der umliegenden Bäume inspiriert.
Eine breite Treppen im offenen Atrium dient als Tribüne für Veranstaltungen unter freiem Himmel und als Treffpunkt für die Studierenden.

Baumbestand formt Kubatur

Mitbestimmend für die Kubatur war eine große Eiche, von der der langgestreckte Baukörper abrückt, wodurch eine besondere Eingangssituation entsteht. Der zentrale Entwurfsgedanke ist jedoch, zwischen der Franz-Mayer-Straße an der Südseite und dem Grünzug im Norden eine Verbindung zu schaffen, die auch durch das Gebäude selbst erzeugt wird. So führt ein neuer, öffentlicher Fußweg diagonal durch das Wohnheim hindurch. Dabei passieren die Flanierenden eine breite, einladende Treppenanlage und ein nach oben offenes Atrium. Die Treppenstufen dienen zugleich als Tribüne für Veranstaltungen unter freiem Himmel. In den öffentlichen Gemeinschaftsbereichen im Gartengeschoss treffen sich Studierende aus aller Welt zum Gespräch und füllen das Areal der ehemaligen Nibelungenkaserne mit Leben.


365 Tage Indian Summer

Insgesamt 204 Betten verteilt auf 138 Einzelappartements mit je rund 19 m² Wohnfläche, 17 Wohngemeinschaften für zwei Personen und acht Wohngemeinschaften für vier Personen stehen zur Verfügung. Die Erschließungsflure in der nördlichen Gebäudehälfte verlaufen rund um das Atrium, wodurch eine natürliche Belichtung ermöglicht wird. Unterschiedliche Farben an Boden und Wänden sowie Schrift- und Grafikakzente sollen die Orientierung erleichtern. Dabei sind die Gemeinschaftsflächen mit kräftigen Farben gestaltet, die Individualräume mit gedeckteren Tönen. Jedes Appartement ist mit Balkon, Einbauküche, einer schwarz gehaltenen Badzelle aus Blechfertigteilen sowie polygonal geformten Holzmöbeln ausgestattet. Die kräftig orange-rote und grüne Farbgebung der Gemeinschaftsbereiche und der Sichtschutzwände der Balkone ist von der jahreszeitlichen Laubfärbung der umliegenden Bäume inspiriert.


Durch bauliche Maßnahmen reduzierter Energiebedarf

Das Bauwerk wurde nach Energiestandard KfW55 geplant, was durch verschiedene aktive und passive bauliche sowie entsprechende gebäudetechnische Maßnahmen erreicht wurde. Die Basis bilden eine kompakte Bauweise und eine hohe wärmegedämmte und wärmebrückenfreie Konstruktion, wodurch die Wärmeverluste im Winter und der Wärmeeintrag im Sommer minimiert werden. Die massiven Betondecken wirken als Wärmepuffer bzw. -speicher, die Fenster sind mit Dreifachisoliergläsern mit einem U-Wert der Verglasung von 0,6 W/m²K und einer optimierten Rahmenkonstruktion ausgestattet. Als baulicher Sonnenschutz vor den raumhohen Fenstern dienen die zurückgesetzten Balkone, die direkte Sonneneinstrahlung bei hochstehender Sommersonne verhindern. Wenn die Sonne im Winter tiefer steht, kann das Sonnenlicht hingegen einfallen und zur Erwärmung des Raumes beitragen.


Einfaches und wirksames Klimakonzept

Beim Klimakonzept für die Innenräume haben Behnisch Architekten das Team von Transsolar ins Projektboot geholt. Für die Klimaingenieur*innen stand die Energieeffizienz des Gebäudes sowie eine robuste Haustechnik im Vordergrund, was durch die Beschränkung auf möglichst wenig und einfach zu bedienende Technik erreicht werden sollte. Die Gesamtbetrachtung der Lebenszyklusanalyse führte zu der Entscheidung, neben der Massivbauweise mit hoch wärmegedämmter Gebäudehülle auf ein optimiertes Lüftungssystem mit fassadenintegrierter Zulufterwärmung und zentralem Abluftsystem zu setzen. Simulationsrechnungen ergaben, dass der Energiebedarf gegenüber den gesetzlichen Vorgaben eines KfW-55-Gebäudes um 23 Prozent unterschritten werde.


Raumwärme über Luft und Boden

Die Beheizung der Innenräume erfolgt über vertikal angeordnete Netzrohre, die seitlich an den Fensterrahmen platziert sind. Die durch Fensterschlitze eintretende Frischluft wird so im Winter vorgewärmt. Die Rücklaufleitungen werden zusätzlich im Estrich geführt, wodurch etwa ein Viertel der Wärmeabgabe über die Fußböden erfolgt und damit behagliche Strahlungswärme in einem sehr kostengünstigen Gesamtsystem erzeugt wird. Über eine kontinuierliche Entlüftung der Bäder wird demgegenüber ein leichter Unterdruck erzeugt, wodurch die kontrollierte Frischluftversorgung auf einfache Weise sichergestellt wird. Ein in den Fensterrahmen integriertes Gitter verhindert eine Umkehrung der Strömungsrichtung bei Windangriff. Damit haben die Planenden ein System implementiert, in dem Frischluft automatisch, zugfrei und komfortabel nachströmt und der Investitionsaufwand minimiert ist. Günstig und umweltfreundliche erzeugt wird die Wärme über eine Holzpelletheizung, zu Spitzenlastzeiten unterstützt durch einen Gaskessel.  -tg

Bautafel

Architektur: Behnisch Architekten, München
Projektbeteiligte: Transsolar Energietechnik, München (Energie- und Umwelttechnik); Ingenieurbüro Löw, Regensburg (HLS/MEP); Burnickl Ingenieure, Velburg (Elektro und Licht); Ingenieurbüro Dipl.-Ing. Hans Siegmüller, Regensburg (Tragwerk); Bartenbach, Aldrans (Licht); Lichtgrün Landschaftsarchitektur, Regensburg (Landschaftsarchitektur); Büro Ulrich, München (Bauphyik); Brandschutz Consulting Rainer Sonntag, München (Brandschutz); HW Ingenieur Consult, Grafschaft/München (Objektüberwachung)
Bauherr: Studentenwerk Niederbayern/Oberpfalz, Regensburg
Fertigstellung: 2020
Standort: Franz-Mayer-Straße 13, 93053 Regensburg
Bildnachweis: David Matthiessen, Stuttgart

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