_Nachhaltig Bauen

Ein kleines Dorf wie das niederösterreichische Murstetten mit seinen rund 300 Einwohnenden ist nicht unbedingt prädestiniert für die Entdeckung architektonischer Innovationen. Doch seit 2022 findet sich hier auf einem ehemaligen Schlossareal der Strohfloh, ein außergewöhnliches kleines Haus in Holzriegelbauweise mit einer Strohballendämmung und Photovoltaikanlage.

Zwischen Mauerresten und Wildwuchs

Das in Murstetten einst angesiedelte Renaissance-Schloss, die Goldburg, zählte zu den prächtigsten Schlössern in Niederösterreich, bis es 1809 von napoleonischen Truppen als Racheakt für den ungeklärten Tod eines Soldaten in Brand gesteckt wurde. Ein Wiederaufbau fand nicht statt, nur einige historische Relikte wie Mauern und Skulpturen sind heutzutage auf dem von Wildwuchs geprägten Gelände zu finden, das unter Denkmalschutz steht. Das Grundstücks gehört noch immer den Nachfahren der einstigen Erbauer des Schlosses. Auf diesem historischen Gelände entstand 2022 ein nur 42 Quadratmeter umfassender kompakter Neubau. Geplant und umgesetzt wurde das Wochenendhaus, das sich als selbstbewusster Solitär wie selbstverständlich inmitten der historischen Überreste behauptet, von juri troy architects aus Wien.

Einraumhaus

Die besondere Lage des Neubaus ist geprägt von der direkten Nähe zum kompakten Ortskern im Osten, während sich im Westen Felder und Wiesen unmittelbar an das Gelände anschließen. Konzipiert wurde der „Strohfloh“ als Einraumhaus, das sich in seiner Höhe von ein- zu zweigeschossig entwickelt. Der südliche, niedrigere Teil umfasst den Wohnraum mit offenem Küchenbereich. Dieser Raum verfügt über eine großzügige Verglasung, die in Richtung Garten und den durch das Gründstück fließenden kleinen Bach vollständig geöffnet werden kann. Im nördlichen Teil befindet sich der Eingang zum Gebäude. Dort sind auch ein Tageslichtbad sowie eine Schlafgalerie untergebracht.

Klappfassade und Regalkonstruktion

Wie bei einer Trutzburg können an den Schmalseiten des kleinen Hauses die Eingangstreppe im Norden sowie die Terrasse im Süden mit Hilfe eines Seilzugs hochgeklappt werden, sodass diese beiden Fassaden komplett geschlossen sind. Die großen Panoramafenster auf der Längsseite sorgen dennoch für genügend Tageslicht und interessante Ausblicke. Sie wurden auf die historischen und landschaftlichen Bezüge hin ausgerichtet und bieten Blicke in Richtung Kirche, ins Tal oder zu den Überresten der historischen Statuen. Die Außenwände werden entlang der beiden Längsseiten durch eine raumhohe Regalkonstruktion zum Innenraum hin erweitert. Dies macht zum einen die Tragstruktur der Außenwände ablesbar und bietet zum anderen Stauraum, Arbeitsflächen sowie Sitznischen in den Fenstern.

Schraubfundamente, lokales Holz und Photovoltaikanlage

Unnötige Bodenversiegelung wurde vermieden, indem das Haus aufgeständert wurde. Dieses berührt das Gelände nur über seine acht Schraubfundamente. Die eingesetzten Baumaterialien stammen zum größten Teil aus der unmittelbaren Umgebung. So konnte man bei dem Holz, das sowohl für die konstruktiven Elemente als auch für die Oberflächen verwendet wurde, auf die bauherreneigenen Wälder zurückgreifen. Verarbeitet wurde es im benachbarten Sägewerk. Die Dämmung des Gebäudes besteht aus Stroh, das von einem Bauernhof aus der direkten Umgebung kommt. Die Wärme- und Energiegewinnung des Hauses erfolgt über eine Photovoltaikanlage auf der gesamten Fläche des Daches.

Das Projekt setzten die Planenden in enger Zusammenarbeit mit Caravan Atelier um. Das Team von Caravan Atelier entwickelte die Werkpläne, erstellte die Holzkonstruktion mit der Dämmung und setzte die Tischlerarbeiten für die Möbel um. Dabei konnten die Planenden von juri troy architects auch auf der Baustelle aktiv werden, um bei der Strohdämmung sowie den Fassaden- und Möbeltischlerarbeiten mitzuarbeiten.

Bautafel