Stroh-Theater in Tallinn

Temporäres Gebäude aus Strohballen und Holz

Im Zentrum Tallinns, der Hauptstadt Estlands, steht seit der Barockzeit die Skoone-Bastion. Die geschichtsträchtige Befestigungsanlage, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und später von der sowjetischen Marine genutzt wurde, liegt seit Abzug der Truppen verlassen da. Im Zuge der Veranstaltungen in Tallin, der europäischen Kulturhauptstadt 2011, hauchte das von den Architekten Salto entworfene N099 Stroh-Theater dem Ort neues Leben ein.

Im Vergleich zum Erschließungsbaukörper wirkt der höher gelegene Theatersaal massiv und schwer
Theatersaal mit Eingang und Außenplattform von Westen
Blick von Süden

Von Mai bis Oktober stand der schwarze, aus Strohballen errichtete Theatersaal auf einer Anhöhe der Festung, dort, wo sich einst das später niedergebrannte Sommertheater der Marine befand. Eine aus dieser Zeit erhaltene Treppe bildete den Zugang zum neuen Saal: Begleitet von einer Strohballenwand im Südosten, geöffnet zu einer Außenplattform im Nordwesten und überdacht von geneigten Pultdächern aus Stroh schlängelte sich die Erschließung vom Eingang hinauf zum Theatersaal. Während dieser den passenden Rahmen für die Vorstellungen des Theaters N099 bot, bildete der Außenraum mit überdimensionalen Schachbrettern, Schaukeln, Tischtennisplatten und Picknickflächen einen neuen Anziehungspunkt für die Bewohner der Stadt.

Weil die Themen Nachhaltigkeit und Recycling bei der Planung des Kulturprogramm für Tallinn eine wichtige Rolle spielten, erstaunt es wenig, dass das Theater aus einem natürlichen Material besteht. Für ein öffentliches Gebäude ist der Baustoff allerdings ungewöhnlich: Wände und Teile des Dachs wurden aus Strohballen gefertigt, die wegen der temporären Nutzung nicht weiter geschützt bzw. umhüllt werden mussten. Dadurch blieb das Material innen und außen sichtbar, was die Architekten als Verweis auf den Lebenszyklus natürlicher Materialien verstanden.

Für die Tragkonstruktion des überdachten Zugangs wurden Holzstützen und -balken verwendet. Die Tragkonstruktion des Theatersaals bestand aus Brettschichtholz, da sie wegen der Bühnentechnik höhere Lasten aufnehmen musste. Die Aussteifung des Gebäudes erfolgte durch Stahl-Auskreuzungen. Wie das Tragwerk wurden auch der Bühnenboden und die Stufen des abgetreppten Zuschauerbereichs aus Holz gefertigt. Mit der Verwendung von Stroh, Holz und Stahl entsprach der Baukörper den Anforderungen des nachhaltigen, aber auch des gesunden Bauens. Inwieweit die zur Färbung der Bauteile verwendete schwarze Farbe dies beeinflusst, ist fraglich. -cr

Bautafel

Architekten: Salto Architekten, Tallinn/EST
Projektbeteiligte: Maarja Kask, Karli Luik, Ralf Lõoke, Pelle-Sten Viiburg (Entwurfsteam); Printsiip, Tallinn/EST (Tragwerk)
Bauherr: Theatre N099, Tallinn/EST
Fertigstellung: 2011
Standort: Skoone-Bastion, 10412 Tallinn
Bildnachweis: Martin Siplane, Paul Aguraiuja und Karli Luik, Tallinn/EST

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