Stadthaus Scharnhauser Park in Ostfildern

Licht-Wasser-Spiel unter ausladendem Vordach

Die Nellingen Barracks, ein amerikanisches Kasernengelände in Ostfildern zur Sicherung der Bundesrepublik Deutschland, wurde 1992 von den amerikanischen Streitkräften verlassen. Im Zentrum der Gemeinde Ostfildern liegend, wird dieses Gelände nun Scharnhauser Park genannt. Die Planungen einer zivilen Nutzung für den Scharnhauser Park sehen einen neuen Stadtteil mit rund 10.000 Einwohnern vor. Im Stadthaus sind ein Nutzungsmix aus Rathausfunktionen, Volkshochschule, Musikschule, Versammlungs- und Ausstellungsräumen, Stadtteilbücherei und die Sanierungs- und Entwicklungsgesellschaft (SEG) in enger Verknüpfung miteinander untergebracht. Durch zeitlich ineinandergreifende Funktionsabläufe und eine serviceorientierte Ausrichtung der Organisation wird das Stadthaus rund um die Uhr zum Ort der Kommunikation.

Von der Unterseite des mächtigen Vordachs rieselt computergesteuert aufgefangenes Regenwasser in ein Becken

Das Stadthaus bildet den Schlussstein der städtebaulichen Großfigur eines Kreissegments, bleibt jedoch durch seine exponierte Lage als Solitär mit besonderer Gemeinschaftsnutzung erkennbar. Um diesen herum ist der Platz mit einem rautenförmigen Belag wie ein Teppich vom Marktplatz über die Stufen hinauf zum Baumdach gestaltet. Darauf steht wie auf einem Sockel das Stadthaus. Durch das Vordach wird es mit dem Marktplatz verzahnt.

Der Solitär begrenzt mit seinen Kantenlängen von 38 x 27,30 m das Bebauungsfeld. In Ost-West-Richtung ist der Baukörper um 5° geneigt, wobei die Geschossebenen und das Dach horizontal bleiben. Dadurch entsteht ein rautenförmiger Querschnitt. Auf der Seite zum Marktplatz kragt das Vordach über die gesamte Länge mit etwa acht Metern aus. Von dort tropft der so genannte Zeitbrunnen in das darunterliegende Wasserbett. Vom Marktplatz aus führt ein Steg über das Wasser zum Stadthaus.

Das Gebäude ist gegliedert in vier Geschossebenen, die teilweise ausgeschnitten sind und damit Lufträume und Durchblicke ermöglichen. Einzelne Kerne übernehmen Funktionen, die abgetrennt und isoliert untergebracht sind. Die restlichen Funktionen sind offen und transparent gestaltet. So ist der Baukörper in abwechslungsreiche helle und dunklere Bereiche zoniert. Um diese Kerne legt sich die Gebäudehülle wie ein Band, das die einzelnen "Bausteine" zusammenhält. Einschnitte in den Baukörper verschmelzen den Außenraum mit dem Innenraum. Die komplexen funktionalen Zusammenhänge können dank dieser Struktur problemlos organisiert werden. Zur internen Orientierung dient der zentrale Licht- und Treppenraum.

Flachdach
Das Dach wurde als gefälleloses Flachdach mit Extensivbegrünung auf bituminöser Abdichtung ausgeführt. Ein zentraler Dachbereich wurde als Dachterrasse mit Betonsteinbelag hergestellt und mit einem Stahlgeländer abgegrenzt. Die Dachterrasse ist über zwei Stahltreppen vom zweiten und dritten Obergeschoss aus zugänglich. Sämtliche Attikaabdeckungen bestehen in Fortsetzung der Fassade aus eloxierten Aluminium-Blechen.

Der zentrale Treppenraum und die Nord-Ost-Terrasse sind durch Glasdächer überdeckt. Das größere Glasdach (ca. 15 x 7,50 m) über dem Treppenraum wurde als thermisch getrennte Stahlkonstruktion auf Stahl-T-Träger aufgelegt. Zur Wartung dieses Daches ist eine innenliegende Befahranlage vorhanden. In den Glaszwischenraum sind starre, hochreflektierende Sonnenschutzlamellen eingelegt. Das kleinere Glasdach (4,70 m x 7,50 m) wurde mit einer selbsttragenden Stahlkonstruktion ausgeführt.

Wesentliches Merkmal ist das einladende Vordach des Stadthauses. Von der leuchtenden Unterseite tropft aus kleinen Auslässen programmatisch kontrolliert das aufgefangene Regenwasser des Flachdaches. Jeder Tropfen trägt beim Auftreffen zur leisen Geräuschkulisse bei. Auf der ruhigen Wasseroberfläche entsteht ein Spiel sich ausbreitender kreisförmiger Wellen. Bei Nacht werden die Wassertropfen durch die Lichtdecke zu kleinen Lichtkörpern.

Bautafel

Architekten: J. Mayer H., Berlin (Planung)
Projektbeteiligte: Andre Santer, Sebastian Finckh (Projektleitung); Architekturbüro Ulrich Wiesler, Stuttgart (Ausschreibung/Bauleitung)
Bauherr: Stadt Ostfildern
Fertigstellung: 2001
Standort: Scharnhauser Park in Ostfildern
Bildnachweis: Jürgen Mayer H., Berlin

Baunetz Architekt*innen

Fachwissen zum Thema

Beispiel Intensivbegrünung mit Hochbeeten

Beispiel Intensivbegrünung mit Hochbeeten

Gründächer

Arten: Extensiv- und Intensivbegrünung

Begehbares Dach und Vorplatz an der Casa da Musica in Porto (OMA, 2005)

Begehbares Dach und Vorplatz an der Casa da Musica in Porto (OMA, 2005)

Nutzung Flachdach

Aufbau von begeh- und befahrbaren Flachdächern

Dachrandabschluss: Die Dachrandabdeckung sollte ein deutliches Gefälle zur Dachseite aufweisen

Dachrandabschluss: Die Dachrandabdeckung sollte ein deutliches Gefälle zur Dachseite aufweisen

Ab-/​Anschlüsse

Dachrandabdeckungen

Vorgefertigtes Glasdachelement im flachen Dach: Fraunhofer-Institut in Kaiserslautern von Architekten: AS Plan, Kaiserslautern

Vorgefertigtes Glasdachelement im flachen Dach: Fraunhofer-Institut in Kaiserslautern von Architekten: AS Plan, Kaiserslautern

Öffnungen

Glasdach: Einbau

Durch das auskragende Dach ist das Gebäude auch zur Straße hin präsent

Durch das auskragende Dach ist das Gebäude auch zur Straße hin präsent

Bildung

Super C der RWTH Aachen

Surftipps

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Flachdach sponsored by:
Paul Bauder GmbH & Co. KG | Korntaler Landstraße 63 | 70499 Stuttgart | www.bauder.de