Stadthaus B14 in Berlin

Sichtbeton auf sechs Ebenen

An keiner anderen Stelle ist der einstige Verlauf der Berliner Mauer noch so spürbar wie an der Bernauer Straße. Auf dem ehemaligen Grenzstreifen befindet sich heute die Außenausstellung der Gedenkstätte Berliner Mauer, die auf 1,4 Kilometern Länge an die deutsche Teilung erinnert. An diese angrenzend sind in den letzten Jahren einige neue Wohngebäude entstanden, darunter 16 Reihenhäuser nahe der Kapelle der Versöhnung. Eines davon ist das Stadthaus B14, das zusammen mit zwei Nachbargebäuden (B13 und B15) vom Berliner Büro XTH Architekten geplant wurde.

Die Wohnfläche verteilt sich auf sechs Ebenen, die über Treppen und Brücken miteinander verbunden sind
Ganz oben befindet sich der Koch- und Essbereich mit anschließender Dachterrasse
Die Nordfassade des Wohnhauses ist großflächig verglast

Ein Stück von der Straße zurückversetzt, hebt sich der großflächig verglaste und farblich zurückhaltende Neubau von den oft bunten Häusern der direkten Umgebung ab. Auffälligste Gestaltungsmerkmale der Fassade sind die Stahlfachwerkträger und die außen liegenden Fransenvorhänge aus Spanngurtbändern. Errichtet wurde das 12 m hohe Gebäude auf einem nur 118 m² großen, trapezförmigen Grundstück. Seine Wohnfläche von insgesamt 230 m² verteilt sich auf sechs Ebenen, die als Splitlevel-Konstruktion ausgeführt und über Lufträume, Treppen und Rampen miteinander verbunden sind. Während sich die Schmalseite des Wohnhauses zum kleinen, südlich gelegenen Garten orientiert, erfolgt der Zugang über die gegenüberliegende, breitere Hausseite von der Bernauer Straße aus. Von hier gelangen die Bewohner in einen Flur mit Garderobe, kleinem WC und Technikraum, daneben befindet sich das Gästezimmer, dahinter ein großer Raum für die Freizeitaktivitäten der Hausbewohner wie Kickern, Basteln oder Spielen. An dieser Stelle ist das Gebäude mit seinen vielen Ebenen, Treppen und Rampen in voller Höhe erlebbar.

Zwei quer zwischen die Brandwände eingehängte Sichtbetonkörper mit je einer schräg geneigten Wand bilden die oberen Ebenen. Eine mittig gelegene, einläufige Treppe führt vom Erdgeschoss nach oben in den unteren der beiden Baukörper, der zwei Schlafzimmer aufnimmt. In den Schrägen befinden sich Öffnungen zum Luftraum hin, die sich mittels zweier 1,50 x 2,50 m großer Klappen schließen lassen. Einen halben Treppenlauf höher liegt die Musik- und Arbeitsebene. Oberhalb des ersten Betonkörpers ist das Wohnzimmer mit Kamin angeordnet, außerdem das offene Bad, das sich nur durch einen Vorhang abtrennen lässt. Waschbecken und WC sind in einem kleinen, separaten Raum unterhalb eines Treppenlaufes untergebracht. Vom Wohnraum führt eine leicht ansteigende Brücke in das dritte Schlafzimmer mit auskragender Loggia im zweiten Betonkörper. Über eine weitere Zwischenebene gelangen die Bewohner schließlich in den offenen Koch- und Essbereich mit angeschlossener, südlich ausgerichteter Terrasse.

Nur wenige Materialien bestimmen den Innenraum: heller Sichtbeton, weißer Kalkputz und helles Brettsperrholz für Trennwände, Türen und Treppenstufen sowie Holzdielen für den Fußboden. Die Lufträume sind zur Absturzsicherung mit horizontalen Netzen überspannt. Minimalistisch ausgeführte Geländer zeichnen die Schrägen der Treppen wie Linien nach. Die großflächigen Verglasungen des Wohnhauses sind größtenteils dreifachverglast, teilweise sind die Fensterrahmen zusätzlich gedämmt. Die Dämmstärke des Daches beträgt 30 cm, die der Bodenplatte 20 cm. Die Warmwasseraufbereitung und Beheizung des Gebäudes erfolgt über eine Wärmepumpe, die über zwei 80 Meter tiefe Erdsonden die thermische Energie des Erdreiches nutzt. Über Wandflächenheizungen mit niedriger Vorlauftemperatur wird die Wärme an die Innenräume abgegeben. Anfallendes Regenwasser wird in zwei unterirdischen Tanks gesammelt und u.a. zur WC-Spülung und zur Bewässerung des Gartens genutzt.

Beton
Die Brandwände zu den beiden Nachbarhäusern sind als zweischalige Fertigteilwände ausgeführt und innenseitig verputzt. Filigrandecken mit Ortbetondeckung bilden die einzelnen Ebenen aus. Auch die Decken der Betonkörper wurden so gefertigt. Die schrägen Wände wurden als durchgehende, 3,00 m breite Sichtbetonfertigteile wie ein Treppenlauf eingebaut, am Auflagerpunkt aufgelegt und verankert. Da die Bauherren keinerlei Vorgaben zur Sichtbetonqualität machten, behielt er sein ursprüngliches Erscheinungsbild mit glatter Schalung. Einige Stellen wurden nachträglich egalisiert. Die auskragende Sichtbeton-Loggia auf der Südseite des Gebäudes ist über Isokörbe mit der Außenwand verbunden, um Wärmebrücken zu vermeiden.

Bautafel

Architekten: XTH-berlin, Martin Janekovic und Helle Schröder, Berlin
Projektbeteiligte: Andreas Külich, Berlin (Statik), Schiller Drobka, Bad Belzig (Haustechnik)
Bauherr: Privat
Fertigstellung: 2008
Standort:
Bernauer Straße, Berlin
Bildnachweis: Anja Büchner, Berlin und Martin Janekovic, Berlin

Fachwissen zum Thema

Das Bauen mit großformatigen, tragenden Wänden, dem sogenannten Großtafelbau, ist seit den 1950er- und 1960er-Jahren verbreitet.

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Elementbau

Fassaden- und Wandelemente

Glatte Betonoberflächen entstehen durch eine nicht saugende Schalhaut. Beispiel: Mercedes-Benz -Museum in Stuttgart von Ben van Berkel und Carolin Bos (UN Studio)

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Oberflächen

Glatte Oberflächen

Betonoberfläche bei Verwendung einer saugenden Schalhaut

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Schalungen

Schalhaut und Oberflächenstrukturen

Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart; Architekten: UN Studio

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