Stadtarchiv Delft in Den Hoorn

Ziegelfassade als symbolisches Relief

Das von Grachten durchzogene, historische Stadtbild von Delft lässt die Vergangenheit als blühende Handelsstadt noch heute erahnen. Die Architektur ist ein wichtiges Kulturgut der niederländischen Universitätsstadt. Für die zahlreichen anderen bewahrenswerten Geschichtsdokumente ließen die Regierenden ein neues Archiv nach Plänen des Amsterdamer Architekturbüros Office Winhov in Zusammenarbeit mit Gottlieb Paludan Architects aus Kopenhagen errichten.

Die Fassade aus rötlich-braunen Klinkern ist in der Horizontalen durch helle, umlaufende Betonbänder gegliedert
Die Struktur und das Schattenbild wecken Assoziationen zu einem Bücherregal
Das Erdgeschoss mit bodentiefen Fenstern steht im Kontrast zu den geschlossenen Obergeschossen

Das Bauwerk, dessen gemauerte Fassade mit unterschiedlich stark hervortretenden Lisenen an ein Bücherregal erinnert, entstand am westlichen Stadtrand in Den Hoorn. Es umfasst drei Vollgeschosse und ein Mezzanin als oberste Technikebene. Während das Erdgeschoss einen L-förmigen Grundriss hat und sich mit bodentiefen Fenstern allseitig öffnet, sind die oberen Etagen in einem geschlossenen Quader untergebracht. Die rötlich-braune Klinkerfassade ist in der Horizontalen durch schmale helle Betonbänder gegliedert, die suggerieren, es gäbe fünf Obergeschosse. Der annähernd weiße Sichtbeton zeigt sich auch im Erdgeschoss, an den Fensterstürzen und der östlich hervortretenden Eingangsfassade.

Dort gewährleistet eine Rampe die barrierefreie Erschließung. Da die Stadt Delft ebenso wie viele andere Landesteile unterhalb des Meeresspiegels liegt, sind die wertvollen Archivbestände auf den oberen Etagen deponiert. Im Erdgeschoss befinden sich die Verwaltungs-, Lese- und Arbeitsräume. Deren Ausstattung mit grauen Teppichfliesen, weißen Decken und hellen, holzvertäfelten Wänden und Einbauregalen ist angenehm zweckmäßig. In den Obergeschossen hingegen erzeugen graue Sichtbetonwände, offen verlegte Rohrleitungen und feuerrote Rollregale einen sachlich-modernen Industriecharme.

Künftig soll das Stadtarchiv an der Westseite um einen Baukörper gleichen Volumens erweitert werden.

Mauerwerk

Ziegel ist ein traditionell bevorzugtes Baumaterial in den Niederlanden – auch die Delfter Altstadt ist vielfach dadurch geprägt. Die für die Fassade des Stadtarchivs verwendeten Wasserstrichziegel wurden im Kohlebrand-Verfahren hergestellt und eigens für das Bauvorhaben entwickelt. Ihre Farbigkeit variiert von Braun über Orange bis hin zu Bronze.

Aufgrund der Vor- und Rücksprünge in der Fassade variiert die Gesamtstärke der zweischaligen Außenwand zwischen 70,4 und 94,4 cm. Innen ist eine 10 cm starke Vorsatzwand angeordnet. Die tragende Schale besteht aus 25 cm Stahlbeton-Fertigteilen, auf die von außen eine 17 cm dicke Wärmedämmung aufgebracht wurde. Die 34,8 cm tiefe Vormauerschale ist um einen Hohlraum von 7,6 cm abgerückt. Zwischen den schmalen horizontalen Betonbändern ist die Fassade geprägt durch ein vertikales Relief unterschiedlich breiter und tiefer Vor- und Rücksprünge, deren Struktur und Schattenbild Assoziationen zu einem Bücherregal wecken.

Bautafel

Architekten: Office Winhov, Amsterdam / Gottlieb Paludan Architects, Kopenhagen
Projektbeteiligte: Mathijs Boersma, Thomas Bonde Hansen, Uri Gilad, Jesper Gottlieb, Joost Hovenier, Freddy Koelemeijer, Pascal Köllmann, Jan Loerakker, Jan Peter Wingender (Designteam); Bouwadviesbureau Strackee, Amsterdam (Tragwerksplanung); Spark I.D., Amsterdam (Gebäudetechnik); DPA Cauberg en Huygen, Amsterdam (Akustik/Brandschutz); Archisupport, Amerongen (Baukosten); Amie Dicke, Amsterdam (Kunst am Bau); Bouwbedrijf Hegeman, Almelo (Bauunternehmen); Deppe Backstein, Uelsen (Wasserstrichziegel)
Bauherr: Stadt Delft
Fertigstellung: 2017
Standort:
Gantel 21, 2635 DP Den Hoorn, Niederlande
Bildnachweis: Stefan Müller, Berlin; Office Winhov, Amsterdam / Gottlieb Paludan Architects, Kopenhagen

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