Sonnenstandsdiagramm

Sonnenstandsdiagramme berechnen den Tages- und Jahreszyklus der Sonne für die jeweils benötigten geographischen Koordinaten. Daraus lassen sich zum Beispiel unerwünschte Verschattungen oder die Notwendigkeit von Sonnenschutzvorrichtungen ableiten.

Für die Berechnungen spielen verschiedene Winkelgrößen eine Rolle.
Je nach Jahreszeit ändert sich die Deklination der Sonne.
Sonnenverlauf am Münchener Hauptbahnhof, am 16. Oktober 2024.

Ort und Zeit eines Sonnenstandes sind miteinander verknüpft. Bei gegebener geografischer Breite können sie wechselseitig berechnet werden, wobei die folgenden Bestimmungsgrößen von Belang sind:

Für den Ort: das Azimut A und die Höhe h über dem Horizont

Für die Zeit: die Deklination δ und der Stundenwinkel τ.

Azimut und Horizont

Es ist üblich, den Horizont, vom Nordpunkt ausgehend, über Ost-Süd-West in 360 Winkelgrade einzuteilen, sodass jeder Punkt des Himmelsrandes in Gradteilen festgelegt ist. Diesen Winkel auf dem Horizontkreis nennt man das (oder den) Azimut. Nur in seltenen Fällen haben wir es mit einem ebenen Horizont zu tun, zum Beispiel auf See. Meist gehen die Gestirne hinter Bergen und Gebäuden unter, die vom Beobachter aus eine bestimmte Höhe (gemessen in Grad) über dem idealen Horizont erreichen. Dann verspätet sich ihr Aufgang bzw. es verfrüht sich ihr Untergang gegenüber den Verhältnissen bei ebenem Horizont und auch das Azimut verändert sich in Abhängigkeit von der jeweiligen tatsächlichen Höhe des Himmelsrandes.

Deklination und Stundenwinkel

Die Deklination ist der Abstand des Gestirns – hier der Sonne – vom Himmelsäquator. Sie ändert sich je nach Jahreszeit und ist positiv, wenn die Sonne nördlich, negativ, wenn sie südlich des Äquators steht. Wie sich die Deklination von Tag zu Tag ändert, ist astronomischen Jahrbüchern zu entnehmen. Dabei wird die Deklination an einem bestimmten Datum als Winkelmaß dargestellt. Um den Stundenwinkel zu ermitteln, wird die Tageszeit auf eine 360 Grad umfassende Skala übertragen. Dabei gilt der Mittagsmeridian als Nullpunkt. 13 und 11 Uhr „wahre Ortszeit“ (WOZ) entsprechen Stundenwinkeln von ± 15°, 14 und 10 Uhr WOZ entsprechen ± 30°, und so weiter.

Berechnung des Sonnenstandes

Der Sonnenstand wird ausgedrückt durch Azimut A und Höhe h. Die sphärische Trigonometrie liefert die Formel, um ihn für eine bestimmte geografische Breite Ф und bei vorgegebener Tages- und Jahreszeit (τ und δ) zu berechnen:

sinh = sinФ × sinδ + cosФ × cosδ × cosτ

Umgekehrt lassen sich, ausgehend von einer Sonnenbeobachtung in einer bestimmten Richtung und Höhe über dem Horizont, die zugehörige Deklination und der Stundenwinkel ausrechnen. Aus diesen Angaben kann wiederum auch das Datum ermittelt werden, wobei es meist zwei Möglichkeiten gibt. Damit lässt sich entsprechend auch der Termin des Sonnenuntergangs herausfinden, beispielsweise an einer bestimmten Bergkuppe. Dazu müssen vom Standort Azimut und Höhe bekannt sein, das heißt, sie wurden mit Kompass und Sextant gemessen oder mithilfe von Karten ermittelt. Die benötigte Formel lauten:

sinδ = sinФ × sinh + cosФ × cosh × cosA

Berechnung von Beschattungszeiten

Bedacht werden muss, dass errechnete Werte für wolkenfreien Himmel gelten. Zur Berechnung realistischer, mittlerer Beschattungszeiten muss aber auch der Einfluss der Bewölkung berücksichtigt werden: Die Sonne scheint tatsächlich – je nach Region, Jahres- und Tageszeit – im Durchschnitt nur etwa 5 bis 40 Minuten pro Stunde. Der reale Abschattungseffekt durch ein Bauwerk wird dadurch zumeist erheblich reduziert.

Für reale Zeitangaben zum Eintreten und zum Ende von Schatten muss die wahre Ortszeit (WOZ) des Diagramms und die gesetzliche Zeit (Mitteleuropäische Zeit MEZ bzw. Mitteleuropäische Sommerzeit MESZ) umgerechnet werden. Dabei ist zu beachten, dass die WOZ keine gleichförmig laufende Zeit ist. Dies ist astronomisch bedingt, durch die ungleichförmige Winkelgeschwindigkeit der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne sowie durch die Schiefe der Ekliptik (scheinbare Sonnenbahn). Zuerst muss deshalb die WOZ mittels der sogenannten Zeitgleichung in die mittlere Ortszeit (MOZ) umgerechnet werden.

Zieht man von der mittleren Ortszeit eine von der geografischen Länge des Beobachtungsortes abhängigen Differenz ab, so erhält man die gesetzliche Zeit:

MEZ = MOZ – 4 × (L – 15)
MESZ = MOZ – 4 × (l – 30)

Dabei ist die geografische Länge L in Grad (°) östlicher Länge einzusetzen.

Exaktheit von Auf- und Untergangszeiten

Für die Ermittlung exakter Auf- und Untergangszeiten muss auch die Refraktion des Sonnenlichtes durch die Atmosphäre berücksichtigt werden. Sie bewirkt eine scheinbare Hebung des Gestirns und beträgt in Horizontnähe etwa ein halbes Grad: Wenn die Sonnenscheibe abends mit ihrem unteren Rand den Horizont berührt, ist sie streng geometrisch bereits untergegangen.

Quelle: Deutscher Wetterdienst, Offenbach

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