Sommerlicher Wärmeschutz: Wärmeeintrag und Bauteilerwärmung

Unter sommerlichen Bedingungen haben die Art und Weise, wie Gebäude und Räume konstruiert sind, wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Raumtemperatur im Tagesgang. Neben dem Verhältnis der Fensterfläche zur Grundfläche des Raums ist die Konstruktion von Wänden, Böden und Decken ein bedeutender Faktor, der das Klima in Räumen beeinflusst. Gelangen Sonnenstrahlen über die Fenster in einen Raum, erwärmen sich die beschienen Bauteile durch die direkte Bestrahlung. Mit diesem Erwärmungsvorgang wird der kurzwellige Strahlungsanteil, der die Glasscheibe passiert hat, in eine langwellige Wärmestrahlung umgewandelt. Die langwellige Strahlung kann wiederum nicht den Raum verlassen, da nur der kurzwellige Strahlungsanteil in der Lage ist, die Glastafel zu durchdringen (siehe Abb. 1). Damit verbleibt der langwellige Anteil der Strahlung im Raum und sorgt für den sogenannten Treibhauseffekt, bei dem das Temperaturniveau im Rauminneren ansteigt. Nicht nur die Raumluft erwärmt sich, sondern ebenso die raumumfassenden Bauteile, die die Wärme speichern. Erst mit der nächtlichen Abkühlung geben die Bauteile zeitverzögert ihre Wärme wieder an die Raumluft ab, die dann fortgelüftet werden kann.

Bei dem Vorgang der Wärmeaufnahme, Wärmespeicherung und Wärmeabgabe ist unter anderem die wärmetechnische Eigenschaft der Baustoffe von Bedeutung. Diese wird mit dem Wärmeeindringkoeffizienten b beschrieben,  der wiederum mit der Rohdichte ρ, der Wärmespeicherkapazität c und der Wärmeleitfähigkeit λ des Materials im Zusammenhang steht.

Spezifische Wärmespeicherkapazitäten c und Rohdichten ρ ausgewählter Baustoffe nach DIN EN ISO 10456 Baustoffe und Bauprodukte - Wärme- und feuchtetechnische Eigenschaften - Tabellierte Bemessungswerte und Verfahren zur Bestimmung der wärmeschutztechnischen Nenn- und Bemessungswerte

Die Art der Bauweise hat Einfluss auf die Fähigkeit, Wärmeenergie aufzunehmen und wieder abzugeben. Vereinfacht kann gesagt werden, dass je schwerer die Konstruktion ist, umso langsamer ist die Reaktion auf Temperaturveränderungen in der angrenzenden Raumluft. Dies resultiert aus der massebedingten Trägheit. Zu Beginn einer längeren warmen Sommerperiode wirkt sie sich positiv regulierend auf die Raumluftinnentemperatur aus. Nach einigen warmen Tagen führt der lang anhaltende Wärmeübergang von der Raumluft auf die Konstruktion, jedoch zu einer Wärmespeicherung, die auch in den Nachtstunden kaum noch fortgelüftet werden kann. Trotzdem haben schwere Konstruktionen, wie sie zum Beispiel in alten Gründerzeithäusern anzufinden sind, Vorteile. Hier wirken die zwei Grundbedingungen der hohen Rohdichte der Ziegelkonstruktion und dem günstigen Verhältnis der Fensterflächen zum Raumluftvolumen, unter sommerlichen Bedingungen, positiv zusammen.

Demgegenüber verhalten sich leichte Konstruktionen, wie zum Beispiel Trockenbauwände oder abgehängte Akustikdecken, unter sommerlichen Bedingungen im Erwärmungsvorgang völlig anders. Bedingt durch ihre Produkt- oder Konstruktionseigenschaften, die zum Teil Dämmstoffe beinhalten oder selbst aus Dämmstoffen hergestellt wurden, wie zum Beispiel Innendämmungen, kann die angrenzende Wärme der Raumluft nur geringfügig in die Konstruktion gelangen. Die Wärme verbleibt somit in der Raumluft. Dadurch erwärmen sich derartig konstruierte Räume wesentlich schneller. Allerdings lassen sich diese Räume durch nächtliches Lüften auch ebenso schnell wieder im Temperaturniveau absenken.

Unter sommerlichen Bedingungen sind Räume aus leichten Konstruktionen kritisch, insbesondere wenn der Fensterflächenanteil des Raums hoch ist. Unter normativen Vorgaben, wie sie in der DIN 4108-2 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden - Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz beschrieben sind, lassen sich zum Beispiel kaum noch Standardbüros, wie sie im gewerblichen Bereich üblich sind, im Trockenbau nachweisen. Diese Räume benötigen im Regelfall einen außen liegenden Sonnenschutz, einen geringen g-Wert der Verglasung und ein Konzept zur passiven Kühlung oder Lüftung.

Die geringe Wärmespeicherfähigkeit der leichten Konstruktion kann dagegen auch Vorteile haben. Dies ist dann der Fall, wenn Räume selten genutzt werden oder es lange Heizunterbrechungen gibt. Dann lassen sich diese Räume schneller auf das gewünschte Innenraumtemperaturniveau aufheizen, da nicht erst die gesamte Masse der schweren Konstruktion erwärmt werden muss.

Die Bewertung der Wärmespeicherfähigkeit erfolgt mit der Berechnung von Cwirk. Dafür wird die auf den m² bezogene Masse aller raumumschließenden Bauteile ermittelt. Aufgrund der Phasenverschiebung durch den Tag- und Nachtwechsel und der bauphysikalischen Trägheit der Masse werden in den Berechnungen nach DIN 4108-2 jedoch nur die ersten inneren 10 cm der raumumschließenden Konstruktionen in der energetischen Bewertung erfasst. Die Ermittlung der wirksamen Wärmespeicherkapazität Cwirk erfolgt auf dieser Grundlage:

Cwirk  =  ∑  cj  x  Pjdj  x  Aj

j     Bauteilschicht
cj   spezifische Wärmespeicherkapazität des Baustoffs einer Schicht
Pj  Rohdichte des Baustoffes der betrachteten Schicht
dj   wirksame Schichtdicke
Aj  wirksame Bauteilfläche

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