Solares Plus-Energie-Musterhaus in Washington D.C./USA
Fassade aus PV-Modulen
Alle zwei Jahre lobt das amerikanische Energieministerium den
internationalen Hochschulwettbewerb Solar Decathlon mit dem
Ziel aus, die Potenziale des solaren und energieeffizienten Bauens
sowie der solaren Energieerzeugung einer breiten Öffentlichkeit
aufzuzeigen. Anhand eines Musterhauses können neue Wege in der
Architektur, Gebäudetechnik und Produktentwicklung ausprobiert,
angewendet und entwickelt werden. Das deutsche Team der Technischen
Universität Darmstadt ging nach seiner ersten Teilnahme am
Wettbewerb 2007 gleich als Sieger daraus hervor und konnte den
Titel 2009 erfolgreich verteidigen. Unter Leitung von Professor
Manfred Hegger entwickelten die Studenten das surPLUShome,
ein energieautarkes Wohngebäude mit einer Fläche von rund 75
m².
Der Wettbewerb 2009 trug den Untertitel „Prototyp Wohnen 2015”. Die
Aufgabe für die 20 Teams der vorqualifizierten Universitäten
bestand darin, ein allein mit Sonnenenergie betriebenes Wohnhaus
für einen Zwei-Personen-Haushalt zu planen und zu bauen. Dazu
gehören sämtliche Funktionen wie Waschen, Kochen und
Warmwasserbereitstellung, Betrieb der Haushaltsgeräte und
Unterhaltungselektronik. Gleichzeitig waren für die Lufttemperatur
und die Luftfeuchtigkeit präzise definierte Werte einzuhalten.
Errichtet wurde das Gebäude in Washington D.C. zwischen Capitol und
Monument. Neben dem deutschen Team traten 15 Mannschaften aus den
USA, zwei aus Kanada sowie jeweils eines aus Puerto Rico und
Spanien an. Der zweite Platz ging an das Team der Universität
Illinois at Urbana-Champaign, den dritten Platz erreichte das Team
California.
Das zweigeschossige Gewinnergebäude überzeugte die Jury mit einem
fein abgestimmten Verhältnis von Energieeinsparung,
Energieeffizienz und solarer Energiegewinnung. Die Gebäudehülle in Passivhausqualität sorgt für
geringe Energieverluste und hohe Behaglichkeit. Ein speziell
entwickeltes System aus in Dach und Fassade integrierten
Photovoltaikelementen stellt die nötige Energie bereit. Es besteht
aus einzelnen Schindeln, die dem Haus einen ganz besonderen
Ausdruck verleihen. Trotz des voll ausgestatteten Haushaltes mit
allen Annehmlichkeiten erreicht das Gebäude eine positive Energiebilanz. Mit einem im Verhältnis zum Bedarf
2,4 fachen Energieertrag (in Washington, in Darmstadt wäre
er 2,0 fach) ist das Haus wegweisend für die weitere Entwicklung
von Plusenergiehäusern.
Die Fenster in der Außenhülle des Gebäudes besitzen
Passivhausqualität (U-Werte < 0,8 W/m²K); zwischen den
Glasebenen ist ein Sonnenschutz integriert. Im Inneren sind die
statisch tragenden Elemente aus Hochpolymer-Kunststoff (PMMA)
hergestellt, so z. B. das Treppengeländer mit einer Materialstärke
von 2,5 cm. Für die Innenausstattung kamen verschiedene Sorten
Plexiglas zum Einsatz: Als Verkleidung und Deckschicht dient weiß
satiniertes Plexiglas in einer Stärke von 6 und 3 mm, farbloses
Plexiglas in einer Stärke von 8 dient der Lichtstreuung.
Solares Bauen
Strom für die Technik des Hauses und den Haushalt liefern die
Photovoltaik-Module. Auf dem Dach wurde ein System aus
monokristallinen Solarzellen als Aufdachmontage liegend mit 2°
Gefälle in Nord- und Südrichtung installiert, das über einen
Wirkungsgrad von über 18% verfügt. An der Fassade
wurden schwarz glänzende PV-Module (2 x 3 mm mit Zwischenschicht) im
Schindelprinzip montiert, die speziell für den Solar Decathlon
gefertigt wurden. Dabei handelt es sich um Dünnschichtsolarzellen
auf rahmenlosen Glaspaneelen, sogenannte CIS-Solarzellen. Weil sie
extrem dünn, leicht und semitransparent sind, eignen sie sich
insbesondere für die Fassadenintegration. Zudem haben sie im
Vergleich zu Dünnschicht-Siliziumzellen einen höheren
Energieertrag. Statt Silizium werden verschiedene Halbleiter in
die Zellen eingesetzt, dabei steht CIS für Kupfer (Cu), Indium (In)
und Selen (SE). Für das Gebäude wurden die Module in einer
Sonderabmessung von 1.200 x 300 mm hergestellt.
Leistungsdaten des Hauses:
- Regeldetail Wand: U-Wert 0,077 W/m²K (Decke und Boden in etwa
gleich)
- Heizwärmebedarf: 14,9kWh/m²a (Passivhausstandard)
- Jahresprimärenergiekennwert ohne PV: 54, 8 kWh/m²a
- Jahresprimärenergiekennwert mit PV: ca. -250kWh/m²a
- Jahresbilanz in Deutschland: 100% Energiebedarf; 200% Stromerzeugung
- Jahresbilanz USA, Washington DC: 100% Energiebedarf, 240% Stromerzeugung
Bautafel
Architekten: TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen (Prof. M. Hegger)
Projektbeteiligte: Tragwerk Jochen Stahl, Weiterstadt (Tragwerksplanung); TU Darmstadt, Institut für Werkstoffe und Mechanik im Bauwesen, J. Schneider (Sicherheitstechnische Stellungnahme zur PV-Fassade); weitere Projektbeteiligte Firmen im Anhang als Pdf-Datei
Bauherr: TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen
Fertigstellung: 2009
Zukünftiger Standort: Im Jahr 2010 in der Kulturhauptstadt Essen und in Madrid, Austragungsort des ersten Solar Decathlon Europe
Bildnachweis: Stefano Paltera, Washington D.C./USA; TU Darmstadt