Silhouette Lens Lab in Linz

Schneeweiße Betonfertigteilhülle mit Lochmuster

Als eine Ente bezeichnete Robert Venturi in seinem 1966 erschienenen Buch „Komplexität und Widerspruch in der Architektur" ein Gebäude, dessen Form auf seinen programmatischen Inhalt verweist. Als Beispiel für ein solches Bauwerk führte er ein Geschäft für Lockenten in Form einer großen Ente an. X Architekten aus Linz wurden bei dem von ihnen entworfenen Erweiterungsbau für einen Brillenhersteller in ihrer Heimatstadt nicht ganz so deutlich, allerdings verweist auch das von ihnen geplante Silhouette Lens Lab durch seinen Formenkanon auf die in seinen Werkstätten produzierten Brillengläser und erzielt dadurch einen gewissen Werbeeffekt.

Der heterogene Bestand rahmt das neue Fertigungsgebäude
Wie ein Brise Soleil sitzt die Fassade aus Fertigteilplatten vor einer Stahl-Glas-Hülle
Die Laibungen der gleichmäßig angeordneten, kreisrunden Löcher verjüngen sich nach innen leicht

Kreisrunde Öffnungen sowie konvexe und konkave Formen prägen den Neubau, den die Brillenbauer auf dem firmeneigenen Areal an zentraler Stelle zwischen bestehenden Büro- und Gewerbebauten errichten ließen. Sein Volumen behauptet sich gegen den heterogenen Bestand ringsum, und ist mit seiner markanten Gestalt Blickfang auf dem Gelände.

Schon vor dem Betreten wird man an optische Linsen erinnert: Der ansonsten rechtwinklig ausgebildete Baukörper leitet Besucher und Mitarbeiter auf seiner Südseite entlang einer konkav gewölbten Fassade in Richtung Eingang. Vor die gebogene Fassade aus Glas und Stahl setzten die Planer eine Art Brise Soleil mit gleichmäßig angeordneten, kreisrunden Löchern, deren Laibungen sich nach innen konisch leicht verjüngen. Auf der Nordseite zeigt der Bau analog dazu eine Lochfassade mit kreisrunden Fenstern, deren Verglasungen konvex geformt sind und die beim Öffnen um Ihre Mittelachse drehen. Die beiden Schmalseiten sind geschlossen.

Über verglaste Bauteile und Brücken ist die Erweiterung auf der Ostseite mit mehreren Bestandsgebäuden verbunden. Die räumliche Nähe und geschossweise Anbindung erlauben die Mitnutzung eines Treppenhauses im südlichen Nachbargebäude, das neben einem Aufzug als Haupterschließung der neuen Produktionsstätte dient. Die Konstruktion als Stahlbetonskelettbau schafft flexibel bespielbare, offene Flächen, die je nach Bedarf mit Funktionen belegt und mit Trennwänden unterteilt werden können. Nebenräume ordneten die Planer konzentriert auf der Südost- und Nordwestseite an. Die Nutzung des Fertigungsgebäudes lässt sich außen nicht ablesen, die Werkstätten und Arbeitsplätze sind vor neugierigen Blicken geschützt. Durch die kreisrunden Öffnungen lassen sich allenfalls kleine Ausschnitte des Inneren wahrnehmen, das entsprechend der Nutzung eher funktional gestaltet ist.

Beton

Prägendes Element des Produktionslabors ist seine weiße Hülle aus glatten und weitgehend porenfreien Fertigteilelementen. Der Hersteller wählte für die Produktion der Bauteile einen selbstverdichtenden Beton C35/45 mit Weißzement und Titandioxid. Die Fassade mit ihrer Fläche von etwa 1.400 Quadratmetern besteht aus großformatigen Modulen, die eine flächige Optik ermöglichen. Störende Fugen und ein Versatz der Platten konnten weitgehend vermieden werden. Um das zu erreichen, entschieden sich die Planer gegen eine vorgehängte Hülle. Stattdessen wählten sie eine selbsttragende Fassade, deren Lasten über einen zurückversetzten dunklen Sockel in das Streifenfundament geleitet werden.

Während die Löcher mit den konisch geformten Laibungen auf der Südseite ohne Versatz und mit nur minimaler Abrundung in die ebenen Flächen übergehen, hat die Lochfassade auf der Nordseite Öffnungen, deren Laibungen auf der vollen Tiefe halbkreisförmig abgerundet sind. Die unterschiedliche Gestaltung ist das Ergebnis von Experimenten, die Planer und Hersteller vorab durchführten. Dabei ging es unter anderem um die Frage, wie sich die großflächigen Fassadenbauteile (4,00 x 6,00 m bzw. 3,00 x 6,00 m) möglichst zerstörungsfrei ausschalen ließen.

Anders als die Längsseiten, die auf verschiedene Arten das Thema kreisrunder Öffnungen inszenieren, sind die Schmalseiten mit großformatigen Platten geschlossen. Im Westen wurde zum Hofbereich hin ein Schriftzug mit dem Firmennamen über Schalungseinlagen auf die Fertigteilplatten appliziert. -chi

Bautafel

Architekten: X Architekten, Linz (Projektleitung: Max Nirnberger; Mitarbeit: Gunther Oberlehner)
Projektbeteiligte: Palzer OG Statik und Projektmanagement, Neumarkt (Tragwerksplanung); Systembau Eder, Peuerbach (Betonfertigteile Fassaden); Linzner Metallbau, Alkoven (Stahl-Glas-Fassaden)
Bauherr: Silhouette International Schmied, Linz
Standort: Ellbognerstraße 24, 4020 Linz, Österreich
Fertigstellung: 2017
Bildnachweis: David Schreyer

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