Shoa-Denkmal in Herne

Mahnmal mit sondergefertigten Glas-Okularen in einer Betontafel

Ein bemerkenswertes Beispiel für die nahezu unbegrenzte Gestaltbarkeit des Werkstoffs Beton ist das im Zentrum der nordrhein-westfälischen Stadt Herne eingeweihte Denkmal für die jüdischen Shoah-Opfer in Herne und Wanne-Eickel. Die auf dem dortigen Willi-Pohlmann-Platz aufgestellte Gedenkstätte gemahnt an die Unterdrückung, Deportation und Ermordung von über 400 Juden zwischen 1933-1945. Entworfen wurde sie von den beiden Künstlern Gabriele Graffunder und Winfried Venne von der Agentur G&V Design aus Wuppertal.

Gelblich eingefärbte Betonplatte mit unregelmäßiger Oberfläche und Glaseinsätzen
In die Gedenktafel sind 410 speziell gefertigte Okulare aus Glas eingearbeitet
Detail der Glas-Okulare mit den Namen der Getöteten

Beton
Als Material entschieden sie sich für Beton und Glas als zentrale Gestaltungselemente. Im Mittelpunkt des Mahnmal-Konzepts steht eine unübersehbare, von einem eingefassten Steinfeld umgebene, gelblich eingefärbte Betonplatte. Der Beton weist eine unregelmäßige Oberfläche auf – ein Symbol für die Narben, die aus dieser Zeit zurückgeblieben sind. In die Gedenktafel eingearbeitet sind 410 speziell gefertigte Okulare aus Glas. Sieht man in sie hinein, erscheinen die Namen der Getöteten. Gabriele Graffunder: „Wir wollten jedes einzelne Opfer nach vorne holen und herausheben aus seiner Anonymität. Zum Betrachter soll dadurch eine emotionale Beziehung aufgebaut werden.“

Für die Aussparungen wurden 410 Pappröhrchen angefertigt, die wasserabweisend lackiert und oben wie unten mit je einem Gummiring umspannt wurden. Anschließend wurde jedes Pappröhrchen per Hand in der Schalung platziert, danach der Beton eingebracht. Nach dem Aushärten wurde die gesamte Platte gewässert, so dass die Pappröhren sich herauslösen ließen. Im Anschluss folgte das passgenaue Einbringen der Okulare. Die unregelmäßige, vernarbte Oberfläche der Gedenktafel wurde durch Integration kleiner Zellulose-Teilchen in die Schalung hergestellt. Gabriele Graffunder: „Beton als einer der beiden zentralen Werkstoffe bedeutete für uns größtmöglichen Gestaltungsspielraum für die Umsetzung eines solchen Mahnmals. Denn Beton ist erdverbunden, irdisch, massiv, glaubwürdig und haltgebend. Das sind genau die Eigenschaften, die wir hier transportieren wollten.“

Die Betonplatte selbst steht auf einer anthrazitfarbenen Beton-Rampe, welche den Deportationsweg symbolisieren soll. Rechts und links im schwarzen Betonboden der Rampe stehen die Namen der Vernichtungs- und Konzentrationslager, Gettos, KZ-Außen- und Zwangsarbeitslager, Internierungs- und Arbeitserziehungslager, in denen Herner und Wanne-Eickeler Juden ermordet wurden. Die Betonrampe wurde in einem Stück gegossen. Hierzu wurden spezielle Schriftmatrizen erstellt und in die Schalung eingelegt – so sind nun die Orte der Deportation als Aussparung im Beton zu lesen. Am Antritt der Rampe steht in hebräischen und deutschen Schriftzeichen: „Gedenke 1933 – 1945“.

Bautafel

Künstler: Gabriele Graffunder und Winfried Venne G&V Design, Wuppertal
Projektbeteiligte: Ingenieurgruppe Bauen, Berlin (Statik); MÜVA Müller-Altvatter Betonfertigteile, Holzminden (Betonfertigteile)
Bauherr: Stadt Herne
Standort: Willi-Pohlmann-Platz, 44623 Herne
Fertigstellung: 2009
Bildnachweis: Thomas Tauber, Krems/A

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Farbenfrohe Anstriche sind ein Mittel, um betongraue, elementierte Fassaden und Tragstrukturen abwechslungsreicher zu gestalten, so wie hier in Podgorica.

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Schalungsbild aus einer Strukturmatrize

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Betonoberfläche bei Verwendung einer saugenden Schalhaut

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