Sektorkopplung
Als Beitrag zum internationalen Klimaschutzübereinkommen von Paris und gemäß des europäischen Green Deals wollen die Bundesregierung und die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral sein. Das bedeutet, dass die Nutzung fossiler Energieträger wie Erdgas, Erdöl und Kohle, bei deren Verbrennung klimaschädliches Kohlendioxid (CO₂) entsteht, zugunsten der Verwendung erneuerbarer Energien beendet wird. Bei der Stromproduktion sind regenerative Energien mittlerweile die dominierende Energiequelle, teilweise besteht sogar ein Überangebot an Ökostrom. Die Umstellung im Wärme- und Verkehrssektor kommt im Vergleich dazu allerdings nur langsam voran. Viele Heizungsanlagen werden noch mit Öl oder Gas betrieben, auch Holz führt zu klimaschädlichen Emissionen. Im Verkehrssektor ist ein gewisser Wandel hin zu Elektroautos seit einigen Jahren zwar erkennbar, jedoch werden die meisten Fahrzeuge nach wie vor mit fossilem Treibstoff betrieben. Die Umstellung muss in diesen Sektoren also schneller vorangetrieben werden, um das Ziel der Klimaneutralität erreichen zu können. Um die Energiewende auch in diesen Sektoren anzukurbeln, soll überschüssiger erneuerbarer Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen deshalb künftig zum Heizen und zum Antrieb von Autos eingesetzt werden. Diese engere Verzahnung der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr bezeichnet man als Sektorkopplung.
Intelligente Vernetzung der Sektoren
In intelligenten und digital Stromnetzen, sogenannte Smart
Grids, können Energieströme bedarfsgerecht über alle Sektoren
hinweg verteilt werden. So ist es etwa möglich, bei besonders hohem
Stromaufkommen und gleichzeitig wenig direktem Stromverbrauch –
etwa, wenn in der Nacht viel Windenergie gewonnen werden kann –
Wärmepumpen gezielt einzuschalten, damit diese in den Gebäuden die
Wärmespeicher beladen, deren geladene Energieleistung dann später
abgerufen wird. Ebenso können Batterien von E-Autos automatisch
aufgeladen werden, wenn gerade mehr Energie im Stromnetz zur
Verfügung steht, als direkt wirklich benötigt wird. Bei
entsprechender Vernetzung wäre es sogar möglich, die
Speicherleistung von Elektroautos als Pufferspeicher für das
gesamte Stromnetz zu verwenden. Viele weitere Ideen der Vernetzung
sind denkbar.
Stromsektor
Erneuerbare Energien sind mit 234 Terrawattstunden im Jahr inzwischen die dominierende Energiequelle bei der deutschen Stromproduktion (im Jahr 2021, vorläufiger Stand 03/2022, siehe Abb. 3). Die Windkraft nimmt dabei mit 114 Terrawattstunden den größten Anteil ein. Strom ist eine universell einsetzbare Energieform, weswegen er die wichtigste Energieform bei der Sektorkopplung ist. Strom kann zum Beispiel durch Windkraft-, Photovoltaik- oder auch Biomasseanlagen gewonnen und direkt von elektrischen Geräten oder Maschinen genutzt werden. Die Speicherung funktioniert über Batterien oder durch Umwandlung etwa in Wärme oder Gase wie Wasserstoff (Power-to-X). Damit ist die Verwendung von Strom in vielen verschiedenen Bereichen möglich.
Dennoch kommt es immer häufiger vor, dass regenerativ erzeugter
Strom abgeregelt wird, wenn es in Zeiten hoher Einspeisung von
Wind- und Solarenergie zu einem Überangebot kommt, der keine
entsprechende Nachfrage und nur wenige Speichermöglichkeiten
gegenüberstehen. So gingen 2021 knapp sechs Milliarden
Kilowattstunden Ökostrom verloren, was ungefähr einem Prozent des
gesamten deutschen Stromverbrauchs entspricht. Die Kosten für die
aufgrund der Entschädigungsansprüche teuren Zwangsdrosselung werden
über die Netzentgelte an die Stromkunden weitergegeben. Umso
wichtiger ist die Speicherung des überschüssigen Stroms.
Wärmesektor
Der Wärmebedarf macht mehr als fünfzig Prozent des gesamten
deutschen Endenergieverbrauchs aus und ist damit in etwa doppelt
doch hoch wie der Strombedarf. Deshalb kommt dem Wärmesektor eine
Schlüsselrolle in der Energiewende zu. Der Anteil an erneuerbaren
Energien im Wärmesektor betrug 2021 jedoch lediglich 16,5 Prozent
(vgl. Abb. 2). Er wächst also nur sehr langsam, besonders im
Vergleich zum Stromsektor. Hier könnten Power-to-Heat-Technologien
zum Einsatz kommen, die grünen Strom in Wärme umwandeln. Ein
konkretes Beispiel dafür sind Wärmepumpen, die unter Einsatz von
Strom Umweltwärme verdichten, sodass diese zum Heizen
und zur Warmwassererzeugung genutzt werden kann. Wärmeenergie lässt
sich zudem gut speichern, um für eine spätere Nutzung zur Verfügung
zu stehen.
Verkehrssektor
Der Verkehrssektor ist der Bereich mit dem bis dato geringsten Anteil an erneuerbaren Energien; 2021 lag er bei gerade einmal 6,8 Prozent (vgl. Abb. 2). Großes Potenzial bietet hier die Elektrifizierung des Individualverkehrs, also von Pkws. Gemäß dem Ziel der Bundesregierung sollen in Deutschland bis 2030 sieben bis zehn Millionen Elektrofahrzeuge zugelassen werden. Eine zusätzliche Möglichkeit ist die Nutzung von Wasserstoff als Antriebsenergie. Hier greift die Power-to-Gas-Technologie, bei der unter Einsatz von grünem Strom Wasserstoff hergestellt werden kann.
Im Schienenverkehr ist die Elektrifizierung allerdings zum Großteil abgeschlossen. Bei Omnibussen des ÖPNV ist bisher ebenfalls viel erreicht worden, viele Fahrzeuge sind mittlerweile komplett strombetrieben. Bei LKWs ist aufgrund der hohen Tagfahrleistungen und der großen Zuladungen der Verzicht auf fossile Energieträger jedoch nach wie vor eine Herausforderung. Und auch im Flug-und Schiffsverkehr sind Batteriespeicher bisher keine Lösung.
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