Schloss Freudenstein in Freiberg

Sanierung und Umnutzung zum Sächsischen Bergarchiv

Am Rande der Innenstadt von Freiberg in Sachsen liegt das - ursprünglich 1168 als Schutzburg des Silberbergbaus errichtete - Schloss Freudenstein. Im 16. Jahrhundert entstand auf den Grundmauern der romanischen Burg ein Renaissanceschloss. Mit der vollständigen Vernichtung der Inneneinrichtung in Folge des Siebenjährigen Krieges folgte ab 1762 der Verfall des Schlosses. Im weiteren Verlauf der Geschichte wurde es bis 1979 sehr unterschiedlich genutzt, zuletzt sogar als Lager. Dazu ersetzten kleinformatige Speicherfenster die vorhandenen Renaissancefenster und im Inneren schafften niedrigere Speichergeschosse in einfacher Bauweise deutlich mehr Nutzfläche.

Eingangsgebäude
Blick durchs Langschiff in den Ostchor
Eingangsbrücke

2004 ging das Schloss wieder in das Eigentum der Stadt Freiberg über. 2005 wurde mit einem europaweiten Wettbewerb der Umbau zu einem Ort der Kultur gestartet. Neben dem Sächsischen Bergarchiv und einer Gaststätte zog im Herbst 2008 die bedeutendste Mineraliensammlung Deutschlands in die neugestalteten Räume ein.

Als zentrale Aufgabe stellten sich die Berliner Architekten AFF die Vermittlung der unterschiedlichen bauzeitlichen Zustände des Gebäudes sowie die Vermittlung zwischen aktueller Nutzung und historischem Gebäude. Grundstein des Entwurfskonzeptes und der gelungenen Umsetzung war die offene Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege. Nach der Festlegung bestimmender Grundlagen, wie der Rückführung zweier Gebäudeflügel in die Renaissancezeit, dem Erhalt der Speicherfassaden für das Lange Haus und den Kirchenflügel, die Rekonstruktion von Sachsens ersten doppelläufigen Treppenhauses aus dem 16 Jahrhunderts und dem Erhalt prägender Elemente aus der Zeit der Speichernutzung konnte sich die Entwurfsarbeit auf die Ausbildung der Neubaubereiche konzentriert.

Der neue Schlosshof mit seinem Kristallplattenbelag wird von vier Flügeln umschlossen. Besonders der Kirchenflügel, der Große Turm und das Lange Haus sind für das heutige Erscheinungsbild prägend, außerdem wird die Gesamtanlage nun von zwei Anbauten aus schwarzem Sichtbeton ergänzt.

Sanierung/Modernisierung
Der Kirchenflügel sollte das Archiv der Sammlung aufnehmen. Dies war in der hölzernen Speicherbodenkonstruktion nicht möglich. Daher schlugen die Architekten ein Haus im Haus vor, als dunkelgrau eingefärbten Betonblock. Die kurze Bauzeit ließ keine aufwendige Stützenkonstruktion zur Aussteifung der entkernten Hülle zu. Deshalb wurde die Grundfläche in fünf Abschnitte unterteilt, in denen nacheinander der neue Betonkörper hochgezogen werden konnte. Die Konstruktion des neuen Archivkörpers ruht auf zwei Stahlbetonkernen die in einem Abstand von ca. 13 Metern angeordnet wurden und im Erdgeschoss über eine Höhe von 5 Metern verfügen. Diese Kerne übernehmen einerseits die Erschließung des Archivgebäudes durch Aufzüge und andererseits den größten Anteil der Lasten.

Die horizontale Anbindung der historischen Mauerwerksfassade erfolgt über die so genannten Hutzen, die die Verbindung zur neuen Stahlbetonkonstruktion darstellen. Da eine Sichtbetonoberfläche zu kostspielig war, gaben die Architekten kein Schalbild vor. Dafür wurde die Oberfläche nach dem Ausschalen "scharriert". "Scharrieren" entstammt einer Bergbautradition, auf den Beton bezogen wird dabei die Oberfläche in Handarbeit gebrochen, um die Zuschlagstoffe sichtbar zu machen. Durch die homogene, raue Oberfläche des Betonkörpers wird so ein bewusster Kontrast zu den weißen Oberflächen der historischen Außenwand hergestellt.

Durch die Lastverteilung auf zwei Kerne konnten unter dem Archivbaukörper großzügige Räume geschaffen werden. In der ehemaligen Schlosskapelle im Erdgeschoss wurden das Präsentationsfoyer und ein Lesesaal untergebracht. Auf dem Archivkörper im neuen Dachstuhl befindet sich heute die Haustechnik, wobei die rekonstruierten Fledermausgauben als Abluftöffnungen verwendet werden konnten.

Durch das scheinbare „Aufwölben“ des Archivkörpers und der gleichen Ansicht von Decke und Wand wird ein imposanter Raumeindruck erzeugt, der an die einprägsame Begehung eines Bergwerksstollen erinnert.  Die Ausstattung arbeitet zurückhaltend mit schlichtem, weißem Mobiliar. Im Gegensatz dazu stehen drei prägnante, neue Räume. Mit dem grünem Atrium der Verwaltung, dem gelben Nutzerkern des Archivkörpers und dem purpurnen Eingangsgebäude entstanden neue Verknüpfungen im Bestand. Sie nehmen - so die Architekten - prägnanten Bezug auf die verlorene Pracht der Renaissanceräume.

Bautafel

Architekten: AFF Architekten, Berlin und Chemnitz
Projektbeteiligte: Martin Fröhlich, Sven Fröhlich, Alexander Georgi, Chemnitz und Berlin  (Projektleitung); Ingenieurbüro Dr. Krämer, Weimar (Tragwerksplanung)
Bauherr: Stadt Freiberg
Fertigstellung: 2008
Standort: Schloss Freudenstein, Freiberg
Quelle und Bildnachweis: AFF Architekten, Berlin und Chemnitz

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