Schlaues Haus Oldenburg

Erweiterung und energetische Sanierung eines Bürgerhauses

Im historischen Zentrum von Oldenburg wurde das älteste Bürgerhaus der Stadt zu einem öffentlichen Anlaufpunkt umgebaut und auf ungewöhnliche Weise räumlich erweitert. Heute dient das Schlaue Haus in erster Linie als Ort der Begegnung, der den Dialog zwischen Wissenschaft und Bevölkerung in Form von Vorträgen, Lesungen, Konferenzen, Workshops und Ausstellungen fördern soll. Um genügend Platz für diese Nutzungen zu schaffen, erhielt das Baudenkmal aus dem 16. Jahrhundert einen rückwärtigen, viergeschossigen Anbau. Dieser erstreckt sich über die Gesamtlänge und -breite des Altstadtgrundstücks (10 x 35 Meter) und öffnet sich zum Schlossgarten im Süden mit einer teils gefalteten, nach außen gewölbten Glasfassade. Geplant wurden diese Maßnahmen vom Stuttgarter Büro Behnisch Architekten.

Auf der Südseite öffnet sich der neue Anbau mit seiner teils gefalteten Glasfassade zum Schlossgarten
Übergang Alt- und Neubau: Während im Altbau die Holzdecken sichtbar sind, sind weiter hinten die neuen, transparenten Strukturen erkennbar
Im Erdgeschoss des Bestandsbaus befindet sich die Touristeninformation, über die grüne Tür wird das Gebäude betreten

Im Norden fügt sich das zweieinhalbgeschossige, weiß verputzte Walmdachhaus mit einer Breite von zehn Metern nach wie vor harmonisch in die vorhandenen Baustrukturen des Schlossplatzes ein. Nur von innen ist wahrzunehmen, dass dieses relativ unscheinbare Vorderhaus mit seinen kleinen Fensteröffnungen rückwärtig eine moderne Erweiterung erfahren hat. Im vorderen Teil des Erdgeschosses ist nun eine Touristeninformation untergebracht. Dahinter lässt sich der Übergang von Alt- und Neubau daran erkennen, dass die sichtbare Holzbalkendecke des alten Bürgerhauses plötzlich endet und neue transparente Raumstrukturen beginnen, die das neue Gebäude bis zum Dach öffnen. Auf verschiedenen Ebenen sind hier mehrere Galerien mit Arbeitsplätzen untergebracht. Nicht nur die Glasfassade, sondern auch eine gebäudehohe, mehr als einem Meter breite Fuge, die von oben Licht erhält und über die Gesamtlänge des Neubaus entlang geführt wird, betonen die neuen Raumstrukturen und sorgen innerhalb der beachtlichen Raumtiefe für eine ausgewogene, natürliche Belichtung.

Sanierung und Modernisierung
Das Sanierungskonzept sah, neben der räumlichen Erweiterung, ein Gebäude mit einem zukunftsweisend geringen Energiebedarf vor. Durch passive Solarenergienutzung über die südliche Glasfassade und das langgestreckte Oberlicht, das wie ein Solarkamin wirkt, soll der Heizenergiebedarf im gesamten Gebäude gesenkt werden. Um die thermischen Verluste über die Gebäudehülle in den Wintermonaten zu reduzieren, ist die gesamte Südfassade dreifachverglast, die Rahmenkonstruktion entsprechend gedämmt. Im Sommer sollen Mikrolamellen im Scheibenzwischenraum die Innenräume verschatten und den notwendigen Blendschutz an den Arbeitsplätzen gewährleisten.

In anderen Feldern der Dachverglasung wurden zur regenerativen Stromerzeugung Photovoltaik-Module integriert. Für die Erzeugung von Heizwärme wurde eine energieeffiziente, deckenintegrierte Strahlungsheizung eingesetzt, deren Warmwasser über eine monovalent betriebene, geothermische Wärmepumpe bereitgestellt wird. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sorgt für die Nutzung der Abluftwärme und für eine kontinuierlich hohe Luftqualität. In den Übergangszeiten kann die Be- und Entlüftung auch über den thermischen Auftrieb in den offen gestalteten Büros des Neubauteils erfolgen. Motorisch bedienbare Fensteröffnungen im Fassadenbereich, die über CO2-Sensoren aktiviert werden, sorgen für das Nachströmen der Frischluft; Abluftöffnungen im Giebelbereich für die Entlüftung des Gebäudes. Im Sommer erfolgt die passive Kühlung des Gebäudes über das Prinzip der Nachtlüftung. Zusätzlich kann die bereits zu Heizzwecken genutzte Wärmepumpe auch zur sommerlichen Kühlung eingesetzt werden.

Für sein besonders differenziert geplantes Brandschutzkonzept erhielt das Gebäude die Auszeichnung Brandschutz des Jahres 2013. Neben dem Einbau eines Sicherheitstreppenhauses und zweier baulicher Rettungswege war hier das eingesetzte Verfahren zur Brandkontrolle, eine Kombination aus Hochdruck-Wassernebel und gezielter Luftführung, besonders lobenswert.

Bautafel

Architekten: Behnisch Architekten, Stuttgart
Projektbeteiligte: Simon-Exner-Kersten Architekten, Oldenburg (Objektüberwachung); ARGE IB Bröggelhoff, Oltmanns & Partner, Oldenburg (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro Ahrens, Oldenburg (Heizung-Lüftung-Sanitär); Transsolar Energietechnik, Stuttgart (Klima-Engineering); Höfker Nocke Bückle Partnerschaft, Backnang (Bauphysik); TPG Lehmann, Berlin (Brandschutz)
Bauherr: Schlaues Haus Oldenburg
Fertigstellung:
2012
Standort: Schlossplatz 16, 26122 Oldenburg
Bildnachweis: Doris Haas-Arndt, Hannover

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