Schifffahrtsmuseum in Helsingør

Unterirdische Erlebniswelt hinter alten Betonwänden

Wie in kaum einem anderen europäischen Land ist die Geschichte so eng mit der Seefahrt verknüpft wie in Dänemark. Davon zeugt auch das neue Schifffahrtsmuseum in Helsingør nach Plänen der Bjarke Ingels Group (BIG) aus Kopenhagen. Obwohl es von außen nicht in Erscheinung tritt, ist den Architekten mit ihm ein höchst spektakulärer Bau gelungen. An exponierter Stelle am nordöstlichen Ende der Insel Seeland liegt es nur einen Steinwurf vom Schloss Kronborg entfernt, einer Festung aus dem 17. Jahrhundert, Unesco-Weltkulturerbestätte und Schauplatz von Shakespeares Hamlet. Um den Blick auf dieses geschichtsträchtige Bauwerk nicht zu verstellen, durfte das M/S Museet for Søfart lediglich einen Meter aus dem Boden herausragen, weswegen es die Architekten in die Tiefe eines nicht mehr genutzten Trockendocks verlegten.

Durchquert wird das Trockendock von einer gläsernen Brücke in Zick-Zack-Form
Der offene Raum ist Atrium und schiffsförmiger Mittelpunkt des unterirdischen Museums
Das Museum liegt nur einen Steinwurf vom Schloss Kronborg entfernt, einer Festung aus dem 17. Jahrhundert, Unesco-Weltkulturerbestätte und Schauplatz von Shakespeares Hamlet

Das alte Dock ist 150 Meter lang, 25 Meter breit und neun Meter tief. Fasziniert von diesem Bauwerk wollten die Architekten es möglichst nicht verändern. Und so ließen sie das Dock unbebaut und ordneten die Ausstellungsräume, das Auditorium, Büros und ein Café in zwei unterirdischen Geschossen mit einer Gesamtfläche von rund 7.600 Quadratmetern hinter dessen Betonwänden an. Der offene Raum ist nun Atrium und schiffsförmiger Mittelpunkt des unterirdischen Museums. Durchquert wird es von einer zick-zackförmigen Brücke; steile, sich nach unten verjüngende Treppen führen auf dessen Grund.

Der Haupteingang liegt am Ende der schräg abfallenden Brücke auf der oberen Ebene der Ausstellung. Sie wurde von den Amsterdamer Architekten Kossmann Dejong gestaltet und informiert über die tausendjährige Geschichte der dänischen Schifffahrt, das Meer und die Möglichkeiten es zu bezwingen. Auch hier geht es rauf und runter, unentwegt verändern sich die Räume, Gänge und Treppen, sodass man nach einer Weile nicht mehr sicher ist, ob man noch festen Boden unter den Füßen hat oder sich doch auf einem Schiff befindet.

Beton/Tragwerk
Die Entscheidung der Architekten, das alte Trockendock genau so zu belassen, wie sie es vorgefunden hatten, gestaltete sich bei der Bauausführung als große Herausforderung. Denn durch das Freilegen der 1,50 Meter dicken Betonwände verringerte sich der auf sie lastende Druck, in dessen Folge sich die ganze Wanne zu heben drohte. Um dies zu verhindern wurde der begehbare Grund durch 416 Bohrpfähle in 40 Meter Tiefe verankert. Deren Enden ragen nun wie Stöpsel aus der 2,50 Meter starken Bodenplatte des Trockendocks heraus.

Darüber spannt sich die zweigeschossige, komplett verglaste Stahlbrücke, in der sich Ausstellungsräume und das Auditorium befinden. Sie musste so ausgelegt sein, dass sie nicht nur die Lasten der Ausstellung und der Besucher aufnehmen kann, sondern auch das Gewicht von Nutzfahrzeugen wie etwa der Feuerwehr ohne dabei die Wände des Docks auseinanderzudrücken. Verbaut wurden gewaltige Stahlträger mit einem Gewicht von bis zu 100 Tonnen pro Stück, die vor Ort von den beiden größten Mobilkränen Nordeuropas angehoben wurden. Trotz ihrer nicht geringen Abmessungen lassen sie die Brücke leicht und filigran erscheinen.

Bautafel

Architekten: BIG Bjarke Ingels Group, Kopenhagen
Projektbeteiligte: Ramboll, Kopenhagen (Generalunternehmer);  Alectia, Virum (Projektierer); Kossmann.Dejong, Amsterdam (Museumsgestaltung, Interior); E.Phil & Son, Lyngby (beratende Ingeniere)
Bauherr: Dänisches Kulturministerium, Kopenhagen
Standort: Ny Kronborgvej 1, 3000 Helsingør, Dänemark
Fertigstellung: 2013
Bildnachweis: Rasmus Hjortshoj und Luca Santiago Mora für BIG

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Pfahlgründungen werden bei weichem Baugrund gewählt, etwa hier, bei der Haltestelle Elbbrücken in Hamburg.

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Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart; Architekten: UN Studio

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