Scheunenumbau in Parkstetten

Unbehandeltes Fichtenholz innen und außen

Nach vielen Jahren Leerstand sollte die alte, baufällig gewordene Scheune eigentlich abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Der beinahe hundertjährige, landwirtschaftlich genutzte Holzbau im niederbayerischen Parkstetten bot jedoch genügend Charme und letztlich nutzbare Bausubstanz, um ihn erhalten und umnutzen zu können. In Abstimmung mit der Bauherrin entwickelten die Münchner Architekten Lang Hugger Ramp ein Entwurfskonzept zum Umbau des „Stadls“ in ein helles, zweigeschossiges Wohnhaus, mit 350 Quadratmetern Wohnfläche für eine vierköpfige Familie. Das statische Gerüst, die Balken und die Hülle des Altbaus blieben erhalten, der Scheunencharakter gewahrt.

An der Westseite nahmen die Planer einen Einschnitt vor: die Terrasse fungiert als Lichthof und gliedert den lang gestreckten Innenraum
Wohnraum im Erdgeschoss mit Blick zur eingeschnittenen Terrasse
Die Lichthof-Terrasse gliedert den Innenraum: sie trennt Wohn- und Esszimmer, ermöglicht aber Blickkontakt

Die Basis des Holzständerbaus bildet eine neue Bodenplatte aus Beton. Das alte Holz wurde abgetragen, gebürstet, geschliffen und anschließend dem ehemaligen Scheunengrundriss entsprechend wieder aufgebaut. Durch den Einbau einer zweiten Ebene war an einigen Stellen die zusätzliche Aussteifung der Fassade nötig. Um Tageslicht tief ins Gebäude zu führen und eine ausreichende Belüftung zu ermöglichen, nahmen die Planer Einschnitte an den Längsseiten vor: An der Westseite entstand dadurch eine introvertierte Terrasse mit Abendsonne, an der Ostseite eine längliche, zurückversetzte Eingangszone. Der westliche Einschub erstreckt sich über die gesamte Haushöhe, die anliegenden Räume öffnen sich mit großen Verglasungen zum Freisitz und einem nahen Weiher. Auch das Dach ist ausgeschnitten, sodass die Terrasse als Lichthof fungiert und den lang gestreckten Innenraum gliedert. Sie trennt Wohn- und Esszimmer, ermöglicht aber dennoch Blickkontakt. An allen Seiten öffnet sich das Gebäude mit Fenstern, deren Größe und Format die einstigen Scheunentore zitieren. Über Schiebetore aus Holzlamellen als Sicht- und Sonnenschutz lässt sich die Westfassade mit dem Freisitz verschließen – dann wird der Scheunencharakter des Hauses betont. Bei geöffneten Toren hingegen zeigt sich das großflächig verglaste Innenleben.

Der Haupteingang an der Ostseite führt in eine Diele mit Garderobe und Gäste-WC; eine weitere Tür am anderen Ende der breiten Eingangszone direkt zum Hauswirtschaftsraum mit angrenzender Speisekammer. Das offen konzipierte Erdgeschoss gliedert sich in einen südlichen Teil mit Küche und Essplatz sowie einen nördlichen mit Wohnraum und separatem Arbeitszimmer. Zentral im Haus führt die einläufige Treppe auf die Galerie im Obergeschoss, von der aus die privaten Räume der Familie erschlossen werden. Die Schlafräume der Kinder, Spielzimmer und Bad sind östlich aufgereiht, während das Elternschlafzimmer mit Ankleide, Bad und kleiner Sauna zu einem Balkon an der Nordseite gerichtet ist. Die Galerie ist ebenso wie der darunter liegende Wohnbereich offen zum Dachraum.

Nachhaltig Bauen
Das alte Stadl zu bewahren und zu sanieren, entspricht den grundlegenden Prinzipien der Nachhaltigkeit. Das vorhandene Ständerwerk und die Schalung – beide aus massivem Fichtenholz – konnten erhalten und wiederverwendet werden. Das Holz wurde gebürstet und geschliffen, aber nicht chemisch behandelt. Die Holzständerwand ist als tragende Außenwand für den Wärmeschutz verantwortlich; die Außenseite wurde daher mit einem Wärmedämmverbundsystem (WDVS) ausgeführt. Die Innenbekleidung ist auf einer Konterlattung befestigt, die auch als Installationsebene dient. Die Wände im Innenraum sind verputzt und weiß gestrichen. Das Haus ist mit Dreischeiben-Isolierglas ausgestattet. Das alte Dachtragwerk blieb gleichfalls erhalten, es kommen neue Ziegel und eine Dämmung zum Einsatz.

Die Terrassen sind aus Fichtenholz gefertigt, ebenso die Böden im Obergeschoss, Einbaumöbel, Treppenstufen und Türen. Das unbehandelte Holz wirkt temperaturausgleichend und feuchtigkeitsregulierend, ist also günstig für das Raumklima. Im Erdgeschoss ist der Boden mit homogenem, gegossenen Estrich ausgeführt. Für Arbeits- und Ablageflächen, so z.B. die Platte der frei im Raum platzierten Kochinsel, wurde Holz aus dem Altbau verwendet.

Durch die verglasten Einschnitte gelangt viel Tageslicht ins Gebäude. Sämtliche Räume verfügen über Fußbodenheizung. Eine Wärmepumpe mit Tiefenbohrung entzieht der Umgebung Wärmeenergie auf einem niedrigen Temperaturniveau und erschließt diese Energie auf einem höheren, haustechnisch nutzbaren Temperaturniveau für die Heizung und Wassererwärmung. Im Winter dienen die niedrig stehende Sonne und der Kamin im Wohnraum als zusätzliche Wärmequelle. Da eine Querlüftung des Innenraums möglich ist, konnte auf eine Klimaanlage verzichtet werden.

Bautafel

Architekten: Lang Hugger Rampp, München
Projektbeteiligte: Schreinerei Steiniger, Dingolfing (Schreinerarbeiten); Vitralux, Bruneck (Fenster); Die Grille – Landschaftsarchitekten, Penzberg (Landschaftarchitektur); Kargruber-Stoll, Welsberg-Taisten (Generalunternehmer)
Bauherr: privat
Fertigstellung:
2015
Standort:
Parkstetten bei Straubing
Bildnachweis: Petra Höglmeier Photography, München

Fachwissen zum Thema

Fachwerkbau aus Holz und Ziegelausfachung in Norddeutschland (um 1800)

Fachwerkbau aus Holz und Ziegelausfachung in Norddeutschland (um 1800)

Baustoffe/​-teile

Holz

Holzständerwand

Bauteilsanierung

Holzständerwand

In einer Lebenszyklusanalyse wird die ganze Lebensdauer des Gebäudes, die Bauphase, die Nutzungsphase mit möglichen Umnutzungen sowie Abriss und Entsorgung berücksichtigt, und es kann der Beitrag der Bauprodukte zur Energieeffizienz oder zu weiteren Aspekten nachhaltiger Bewirtschaftung eines Gebäudes dargestellt werden.

In einer Lebenszyklusanalyse wird die ganze Lebensdauer des Gebäudes, die Bauphase, die Nutzungsphase mit möglichen Umnutzungen sowie Abriss und Entsorgung berücksichtigt, und es kann der Beitrag der Bauprodukte zur Energieeffizienz oder zu weiteren Aspekten nachhaltiger Bewirtschaftung eines Gebäudes dargestellt werden.

Baustoffe/​-teile

Ökobilanz

Im Sinne des nachhaltigen Bauens soll beim Rückbau von Gebäuden und Gebäudeteilen ein möglichst hohes Maß an Recyclingfähigkeit sichergestellt werden.

Im Sinne des nachhaltigen Bauens soll beim Rückbau von Gebäuden und Gebäudeteilen ein möglichst hohes Maß an Recyclingfähigkeit sichergestellt werden.

Baustoffe/​-teile

Recycling

Bauwerke zum Thema

Zwei Häuser stehen nebeneinander an der Straße, das dritte in zweiter Reihe

Zwei Häuser stehen nebeneinander an der Straße, das dritte in zweiter Reihe

Wohnen

Ferienhäuser Scheunentrio in Prerow

Das zweigeschossige Gebäude mit Satteldach steht auf einem von Südwesten nach Nordosten leicht abfallenden Grundstück

Das zweigeschossige Gebäude mit Satteldach steht auf einem von Südwesten nach Nordosten leicht abfallenden Grundstück

Wohnen

Scheunenumbau in Tschagguns

Von Osten: Das ursprüngliche Wohnhaus der Bauern steht etwas abgerückt auf dem Hof und wird L-förmig gerahmt

Von Osten: Das ursprüngliche Wohnhaus der Bauern steht etwas abgerückt auf dem Hof und wird L-förmig gerahmt

Gewerbe/​Industrie

Umbau einer Hofanlage in Schäftersheim-Weikersheim

Kontakt Redaktion Baunetz Wissen: wissen@baunetz.de
Baunetz Wissen Mauerwerk sponsored by:
Wienerberger | Kontakt 0511 / 610 70-0 | www.wienerberger.de