Sanierung und Erweiterung: Grundschule Mar Bella in Barcelona

Niedrigstenergiegebäude

Die Grundschule Mar Bella in Barcelona, deren Name sich vom nahegelegenen Sandstrand ableitet, ist  kürzlich um zwei Anbauten erweitert worden. Dadurch konnte die ursprüngliche Fläche der Bildungseinrichtung verdoppelt werden: Insgesamt weist das neue Ensemble eine Fläche von 5.400 m² auf und bietet flexible Räumlichkeiten und Programmbereiche, die die Umsetzung neuer pädagogischer Konzepte erlauben. Im Zuge der Erweiterung wurde zudem der Bestandsbau aus den 1950er-Jahren einer umfassenden Sanierung unterzogen. Verantwortlich für Neubau und Sanierung zeichnet das ortsansässige Architekturbüro Sumo Arquitectes.

Der Schulhof grenzt an einen öffentlichen Platz, auf dem einer der Neubauten positioniert wurde.
Der zweite Anbau schließt direkt an den Bestand an; zusammen bilden sie einen L-förmigen Grundriss aus, der die Grenzen des Schulhofs definiert.
Der Bestand wurde umfassend saniert; die Fassade wurde außen mit einem durchgehenden Wärmedämmverbundsystem verkleidet, das Dach innenseitig mit Steinwolle gedämmt.

Einer der Erweiterungsbauten schließt direkt an den Bestand an; zusammen bilden sie einen L-förmigen Grundriss und definieren die Grenzen des neuen Schulhofs. Die beiden Bauten beinhalten Klassenräume, Kantine, Küche sowie den Verwaltungsbereich der Schule. Während das Grundstück zu drei Seiten durch eine dichte Stadtbebauung eingeschlossen ist, schließt südöstlich ein öffentlicher Platz an den Schulhof an – der Plaça de Sant Bernat Calbó. An dessen östlichen Rand wurde der dritte Baukörper des Ensembles positioniert, der über eine Brücke mit den anderen Teilen des Komplexes verbunden ist. Dieser freistehende Solitär hat einen hohen Repräsentationswert, da alle Fassadenseiten je einer Straße bzw. dem Platz zugewandt sind. Hier sind die Turnhalle samt Umkleiden sowie die Bibliothek untergebracht.

Mit dem innenräumlichen Konzept wird das Ziel verfolgt, Möglichkeiten für die Umsetzung neuer pädagogischer Ansätze herzustellen. So können die großzügigen, breiten Verkehrsflächen auch als Erweiterungen der Klassenräume genutzt werden, sodass große Klassen in kleinere Lerngruppen unterteilt und individuell beschult werden können. An Nachmittagen, Wochenenden oder nach Schulschluss können Teile des Komplexes zudem von Menschen aus der Nachbarschaft genutzt werden.

Umfassende Sanierung und energieeffiziente Erweiterung

Unter der Prämisse der Energieeffizienz und eines Energieverbrauchs von nahezu Null hat das Architekturteam das Bestandsgebäude umfassend saniert und dabei möglichst viele der Originalbauteile erhalten. Um eine Verbesserung der thermischen Leistung zu erreichen, wurde die Fassade außen mit einem durchgehenden Wärmedämmverbundsystem verkleidet, das den Wärmedurchgang verringert und alle Wärmebrücken beseitigt. Das Dach wurde innenseitig mit Steinwolle gedämmt, sodass das ursprüngliche Dach, das erst vor einigen Jahren renoviert worden ist, erhalten werden konnte.

Die Konstruktion des daran angeschlossenen Baukörpers besteht aus Stützen in einem Raster von 7,40 x 7,85 m und einer massiven Betondecke. Die Struktur wurde roh belassen und nicht verkleidet, sodass eine thermische Bauteilaktivierung umgesetzt werden konnte. Im ersten Obergeschoss finden sich zwei gegenüberliegende Terrassen, die sich über die gesamte Länge des Baus entlangziehen. Auf der südwestlichen Längsseite wird die Terrasse durch textile, bewegliche Sonnensegel vor der intensiven Sonne dieser Region geschützt. Die gegenüberliegende Terrasse hingegen erfährt Verschattung durch vertikale Fassadenbegrünung.

Der Neubau für Turmhalle und Bibliothek besteht konstruktiv aus zwei großen Stahlbetonwänden. Unterzüge aus Kiefernholz überspannen die 17 Meter dazwischen und ermöglichen einen stützenfreien Grundriss, der für die Nutzung als Sporthalle unumgänglich war. Der Sonnenschutz wird hier mithilfe von festen hölzernen Brise Soleils sowie beweglichen Sonnensegeln gewährleistet.

Zwischenräume als klimatische Puffer und erweiterter Außenraum

Mit der Gestaltung ist ein starker Bezug vom Innen- zum Außenraum geschaffen worden: So wird beim Neubau, der an den Schulhof grenzt, die äußere Fassadenebene durch den textilen Sonnenschutz bzw. die vertikale Fassadenbegrünung gebildet. Der eigentliche Innenraum beginnt dabei erst einige Meter nach innen versetzt mit den Leichtbauwänden samt großzügiger Fensterflächen. Der dabei entstehende Zwischenraum fungiert zum einen als thermische Pufferzone und kann zugleich als kühler, schattiger Aufenthaltsort im Freien genutzt werden.

Die Turnhalle kann dank einer klappbaren Glasfassade im Erdgeschoss fast vollständig zum Außenraum geöffnet werden. Zusätzlich sind die Dachflächen der beiden Neubauten begehbar und dienen als Erweiterung der Freiräume, die in diesem urbanen, dicht bebauten Gebiet rar gesät sind.

Niedrigstenergiegebäude

Dominierende Materialien der Grundschule sind Beton, Holz sowie Textilien als Sonnenschutz. Insgesamt wurden dabei Konstruktionsmethoden eingesetzt, die simpel, langlebig, widerstandsfähig und wartungsarm sind. Die Schule wurde unter den Parametern eines Niedrigstenergiegebäudes (nearly zero-energy building / NZEB) geplant und umgesetzt. Zu den Maßnahmen, die zu einer derartigen Zertifizierung führen, gehören unter anderem die Gebäudehülle mit geringem Wärmedurchgangskoeffizienten, das besondere Augenmerk auf den Sonnenschutz sowie das natürliche Belüftungskonzept.

Letzteres basiert auf den gegebenen Wetterverhältnissen vor Ort. So wurden in das Dach der Turnhalle Luftschächte eingebaut, die den Kamineffekt nutzen und die warme Luft von unten nach oben ablenken und so aus dem Raum leiten. In die Dachkonstruktion des Neubaus am Schulhof wurde zudem eine Luftschicht integriert, durch die der Wind hindurchwehen kann. Dadurch werden die darunterliegenden Räume vor Trittschall sowie übermäßiger Sonneneinstrahlung geschützt und eine Überhitzung wird vermieden. Alle Klassenräume lassen sich zu zwei Seiten hin öffnen, sodass hier eine Querlüftung ermöglicht wird.

Den optimalen Zeitpunkt zum Lüften zeigen CO2-Sensoren, die in jedem Klassenzimmer zur Verfügung stehen und wie eine Ampel funktionieren: Leuchtet die Ampel grün, ist die Luftqualität in Ordnung. Leuchtet sie Orange, ist es Zeit für eine natürliche Belüftung (Öffnen von Fenstern und Sonnenschutz). Reicht die natürliche Belüftung nicht aus, wird die mechanische Lüftungsanlage aktiviert.

Hochwertige, energieeffiziente Gebäudetechnik

Insgesamt kommt eine Gebäudetechnik zum Einsatz, die der Energieeffizienz Rechnung trägt. Die Installationen sind dabei zugunsten der Wartungsfreiheit offengelegt. Dezentrale Systeme tragen zudem dazu bei, dass einzelne Teile Gebäudeteile separat genutzt werden können. Die Heizungsanlage wird mit einem leistungsstarken Gasheizkessel sowie Heizkörpern mit Thermostatventil betrieben. Die Warmwasserbereitung (ACS) erfolgt über ein doppeltes Rohrleitungssystem, um lange Leitungswege und die damit verbundenen Pumpenaggregate zu vermeiden. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung sorgt für die mechanische Belüftung des Gebäudes.

In der Küche und im Speisesaal wird eine Luftwärmepumpe verwendet, die vollständig mit photovoltaischer Energie versorgt wird. Diese Energie wird über zwei Photovoltaikanlagen bezogen, die je auf den Dächern der beiden Neubauten installiert wurden. Zum Teil fungieren sie zusätzlich als Schattenspender und erreichen insgesamt eine Leistung von ca. 50,46 kWp. -si

Bautafel

Architektur: SUMO Arquitectes, Barcelona
Projektteam: Marc Camallonga, Jordi Pagés, Pasqual Bedicho
Projektbeteiligte: Pera Pardina consultores, Barcelona (Projektleitung); Dekra, Stuttgart (Beratung für Nachhaltigkeit); Eurocatalana, Barcelona und Natur System, Barcelona (Bauunternehmen); E3 Solinteg, Barcelona (Bauleitung); Manuel Arguijo Y Asociados, Barcelona (Tragwerksplanung)
Bauherr/in: CEB Consorci d’Enseyament de Barcelona
Standort: Plaça de Sant Bernat Calbó 2, 08005 Barcelona
Fertigstellung: 2021
Bildnachweis: Aitor Estévez Olaizola

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Um technische Störungen im Gebäude frühzeitig zu identifizieren, können spezielle Melder eingesetzt werden, die beim Überschreiten bestimmter Grenzwerte entsprechende Maßnahmen auslösen.

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