Sanierung und Erweiterung der Bötzow-Brauerei in Berlin

Neuer Nutzungsmix aus Gewerbe, Wohnen, Gastronomie und Kultur

Sie sind an vielen Stellen der Berliner Innenstadt zu finden und dienen heutzutage nicht nur dem Biergenuss: Brauereien. Im Stadtteil Prenzlauer Berg blickt die Bötzow-Brauerei auf eine über 150-jährige Geschichte zurück. Nachdem das Gelände jahrzehntelang brachlag, zog in den denkmalgeschützten Bestand das Medizintechnikunternehmen Ottobock ein. Auch Räume für Gastronomie, Sport und Veranstaltungen gibt es hier nun. Die Transformation nach Plänen von David Chipperfield Architects wurde 2021 abgeschlossen, vier Neubauten sollen folgen.

Der Masterplan für das Areal stammt vom Berliner Büro David Chipperfield Architects, das auch mit der Umsetzung beauftragt ist.
Im Fokus stand die Sanierung des denkmalgeschützten Bestands, die 2021 abgeschlossen wurde.
Bis 2025 sollen zudem vier Neubauten mit einem Biergarten, Wohnungen und Gewerbeflächen hinzukommen.

Als erster deutscher Brauer wurde Bötzow mit seinem Qualitätsbier zum „Hoflieferanten seiner Majestät des Königs von Preußen“ ernannt. Seit der Eröffnung der Anlage an der Prenzlauer Allee im Jahr 1885 etablierte sich das Familienunternehmen nicht nur am Hof, auch bei der Bevölkerung waren der repräsentative Produktionshof und das angeschlossene Gartenlokal ein beliebtes Ausflugsziel. Im Zweiten Weltkrieg  wurde der mehrfach umgebaute Gebäudekomplex zum Teil schwer beschädigt: Die Unternehmervilla und das Ausschankgebäude verschwanden und der Brauereibetrieb wurde eingestellt. Das Berliner Landesdenkmalamt stellte das Ensemble 1990 unter Schutz. 2011 erstand Hans Georg Näder, Inhaber des Medizintechnikunternehmens Ottobock, das Gelände und beauftragte David Chipperfield Architects einen Masterplan zu entwickeln und umzusetzen.

Nutzungsmix nach Masterplan

Auf Grundlage des Masterplans von 2013 wurden auf dem Gelände neben Büros für den Firmensitz von Ottobock auch Gewerbe, Gastronomie und Kultur untergebracht, sodass es heute wieder öffentlich zugänglich ist. Für die behutsame Sanierung des historischen Ensembles arbeitete das Architekturbüro mit dem Denkmalamt zusammen, um den preußischen Industriecharakter mit den charakteristischen roten und gelben Ziegeln zu erhalten. 2021 wurde der umgebaute Bestand eröffnet. Bis 2025 sollen vier Neubauten und eine Tiefgarage den Bestand erweitern.

Sanierung unter Erhaltung des Industriecharakters

Als wesentlicher Bestandteil des Umbaus wurden die historischen Gewölbekeller, die zuvor als Lager für das untergärige Bier und als Fundament für die oberirdische Gebäudestruktur fungierten, für neue Nutzungen erschlossen. Heute finden Besucherinnen und Besucher in diesen Räumen einen Food-Markt und weitere gastronomische Einrichtungen, einen Fitness- und Wellness-Bereich sowie einen Veranstaltungssaal. An verschiedenen Stellen wurden neue Eingänge geschaffen, weiterhin sichtbar sind hingegen die Spuren der vergangenen Nutzungen und die mystische Atmosphäre im Untergrund.

Die oberen Geschosse des Bestands wurden zum Großteil von Ottobock bezogen. Das Unternehmen richtete hier sein sogenanntes Future Lab ein, in dem innovative Produkte, Arbeitsweisen und Technologien erforscht und weiterentwickelt werden können. Die restlichen Räume wurden zu Co-Working-Spaces ausgebaut. So viel bestehende Bausubstanz wie möglich blieb erhalten, beschädigte Elemente wurden repariert anstatt sie zu ersetzen. Auf diese Weise wurde – ökonomisch und ökologisch sinnvoll – Material gespart und Müll vermieden.

Neubauten an alter Stelle

Vier Neubauten sollen bis 2025 an Stelle der zerstörten Gebäude hinzukommen. Wo einst die Unternehmervilla stand, ist ein sechsgeschossiger Bau mit quadratischem Grundriss geplant. Während das Erdgeschoss mit Einzelhandelsflächen aufwartet, sind die oberen Ebenen für Wohnungen vorgesehen. An der Stelle des Ausschankgebäudes sollen zwei Bürobauten entstehen, eines mit vier und eines mit sieben Geschossen. Ein eingeschossiges, pavillonartiges Gebäude für den Service des Biergartens ist an seinem angestammten Platz geplant. Zusätzlich wird an das bestehende Kellergeschoss eine große Tiefgarage mit rund 95 PKW-Stellplätzen, Fahrradstellplätzen sowie Lager- und Technikflächen angeschlossen.

Aufputzinstallation fördert Bestandserhalt

Im Zuge der Sanierungsmaßnahmen wurde auch die Elektrik rundum erneuert. Um möglichst wenig in die denkmalgeschützte Bausubstanz einzugreifen, wurden sämtliche Kabel und Leitungen sowie Schalter, Steckdosen und Verteiler als Aufputzinstallationen verlegt. Dadurch blieben Wände und Decken so unberührt wie möglich. Zugleich unterstreichen die sichtbar geführten Leitungen den industriellen Charme der Anlage. Die zur Ummantelung verwendeten Metallrohre glänzen silbrig. Die neuen Schalter und Steckdosen heben sich mit ihrer schwarzen Farbe und der kubischen Form von der lebendigen und heterogenen Struktur der Ziegelwände ab. In speziellen Bereichen kamen zudem robuste Schalter und Steckdosen aus bruchsicherem Thermoplast zum Einsatz, die spritzwassergeschützt, witterungs- und weitestgehend UV-beständig sind. -si

Bautafel

Architektur: David Chipperfield Architects, Berlin
Projektbeteiligte: Laborgh Investment, Berlin (Projektsteuerung); Ingenieurbüro Rüdiger Jockwer, Berlin (Tragwerksplanung); Ingenieurbüro Axel C. Rahn, Berlin (Bauphysik, Akustik); Dr. Zauft Ingenieurgesellschaft für Bauwesen, Potsdam (Brandschutzgutachter); Wirtz International, Schoten (Landschaftsarchitekt); DGI Bauwerk Gesellschaft von Architekten, Berlin (Bauleitung 1. Bauabschnitt); Architektur Im Licht, Berlin (Lichtplanung 1. Bauabschnitt); Ingenieurbüro Kleemann, Berlin (Gebäudetechnik 1. Bauabschnitt); Bohne Ingenieure, Düsseldorf (Gebäudetechnik 2. und 3. Bauabschnitt); Restaurierung am Oberbaum, Berlin (Fachplanung Restaurierung 1. und 2. Bauabschnitt); A&M restore, Antony & von zur Mühlen, Berlin (Restaurierung 1. und 2. Bauabschnitt); BAL Bauplanung- und Steuerung, Berlin (Kostenplanung 2. und 3. Bauabschnitt)
Bauherr/in: Bötzow Berlin
Standort: Prenzlauer Allee 242, 10405 Berlin
Fertigstellung: 2021 (Sanierung); 2025 (Erweiterung)
Bildnachweis: Simon Menges; BAUBILD Berlin Stephan Falk; David Chipperfield Architects, Berlin

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