Sanierung Bunter Hof in Osterwieck
Forschungsobjekt für die energetische Sanierung mit ökologischen Dämmstoffen
Als ehemaliger Adelshof aus dem 16. Jahrhundert, mit drei Geschossen in Fachwerk über einem Natursteinsockel, stand der Bunte Hof in Osterwieck viele Jahre leer. Im Rahmen eines Modellprojektes wurde das baufällige, aber schützenswerte Einzeldenkmal von der Stadt Osterwieck gemeinsam mit dem Deutschen Fachwerkzentrum Quedlinburg saniert und einer nachhaltigen Nutzung zugeführt. Die historische Bausubstanz wurde restauriert und das Gebäude energetisch ertüchtigt; die neue Nutzung orientiert sich an öffentlichen Belangen und den Bedürfnissen eines benachbarten Gymnasiums. Der ehemalige Rittersaal im zweiten Obergeschoss dient heute als Veranstaltungs- und Schulungsraum, Leseräume für die Schulbibliothek sind im ersten Obergeschoss untergebracht. Zusätzlich wurden vier barrierefreie Wohnungen für körperlich eingeschränkte Schüler realisiert.
Im Zuge der Sanierung bot das Deutsche Fachwerkzentrum Praxisseminare für Schüler, Handwerksbetriebe und Teilnehmer eines Freiwilligen Sozialen Jahres an; auch Geflüchtete wurden in die Arbeiten eingebunden. Der Bunte Hof dient als Forschungsobjekt für die energetische Sanierung: In jedem Geschoss wurden die Außenwände mal von außen und mal von innen mit unterschiedlichen Materialen gedämmt. Die erhobenen Daten zur Energieeffizienz sollen ausgewertet und analysiert werden. Im gesamten Gebäude kommen ausschließlich ökologische Dämmstoffe wie Wärmedämmplatten aus Lehm oder Holzweichfaserplatten zum Einsatz.
In Absprache mit dem Denkmalschutz wurde ein Aussteifungskonzept gegen angreifende Windlasten erarbeitet. Die Gefachfelder der Nordfassade inklusive des Treppenturms und des Westgiebels mauerten die Handwerker zum Teil neu aus. Hier fanden sich Gefache aus dem 16. Jahrhundert, die noch aus Stakenhölzern mit Strohlehmputz und einem schützenden Kalkputz mit Anstrich bestanden. Andere Gefache verputzten sie neu mit einem Lehmunterputz und abschließend mit einem Putz auf Kalkbasis. Am Westgiebel kam eine hohlraumfreie Außendämmung zum Einsatz – eine Innendämmung kam wegen der Malereien aus dem 16. Jahrhundert nicht in Frage. Auf die oberste Geschossdecke wurden zwei Lagen Holzweichfaserdämmplatten (jeweils 8 cm) aufgebracht. Damit sich an den im Dachstuhl vorhandenen Bauteilen aus Stahl kein Kondenswasser bildet, umhüllte man diese ebenfalls mit Holzweichfaserplatten.
Der 21 Meter lange Rittersaal im zweiten Obergeschoss behielt
sein ursprüngliches Erscheinungsbild. Zur Aussteifung wurde er mit
hölzernen Bohlen in den Ständerachsen und zusätzlichen Kopfbändern
in Querrichtung ausgestattet. An den Außenwänden montierten die
Handwerker Wärmedämmplatten aus Lehm, Kork, Kieselgur und
Holzvlies, die zwischen den aufgebohlten Ständerachsen angebracht
wurden. Hohlräume zwischen den Ständern und Bohlen waren zuvor mit
Strohlehmmörtel ausgestopft, bei größeren Fehlstellen oder
Unebenheiten war mehrlagig eine Ausgleichsschicht mit Strohlemputz
aufgebracht worden. Auf den Innenseiten der Fachwerkwände befinden
sich im Rittersaal Strohlehmputze, vereinzelt Kalkputzreste,
versetzt mit Tierhaaren, und unverputzte Gefache, ausgemauert mit
Lehmsteinen. Im ersten Obergeschoss waren die vorhandenen
Fachwerkwände in einem guten Zustand. Daher konnte man hier innen
mit putzfähigen Holzfaserplatten dämmen; den raumseitigen Abschluss
bildet ein zweilagiger Auftrag von Lehmputz mit einer
Gewebeeinlage als Armierung.
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