_Integrales Planen

1920 benutzte der tschechische Autor Karel Čapek das Wort „Robot“ zum ersten Mal in seinem Drama Rossum´s Universal Robots. In dem dystopischen Theaterstück wurden von einem Unternehmen namens Rossum Androiden (Robots) erschaffen, die als billige und rechtlose Arbeiter die gesamte Weltwirtschaft umkrempeln. Und am Ende der Geschichte die Menschheit vernichten.

Dass Roboter heute und in der weiteren Zukunft unsere Industrieproduktion elementar beeinflussen, kann nicht mehr von der Hand gewiesen werden. In vielen relevanten Bereichen kommen sie bereits zum Einsatz. Ob deren Weiterentwicklung und Nutzung billig und rechtlos vonstatten geht – und wir irgendwann den Robotern die Weltherrschaft überlassen werden – ist eine philosophische und im gleichen Maße ethische Frage, die in diesem Kontext nicht zu beantworten ist.

Dennoch wirft das Buch Robotic Building des Herausgeberteams Mollie Claypool, Manuel Jimenez Garcia, Gilles Retsin und Vicente Soler zu Recht die Frage nach der wachsenden Bedeutung der robotischen Fertigung in unserer Gesellschaft auf. Computergesteuerte Fertigungsmethoden sind dabei nichts grundsätzlich Neues, wie die Herausgeber herausstellen – außer im Bauwesen. Und darauf zielen die fünf Kapitel ihres Fachbuchs ab. Sie setzen sich mit den Neuerungen der damit verbundenen Technologie und der Einflussnahme auf das aktuelle Baugeschehen auseinander. Wenn man sich durch die Kapitel mit den Überschriften „Craft“, „Print“, „Assemble“, „Many“ und „Diffuse“ bewegt, wird schnell klar: Robotergestütztes Bauen kann längst nicht als alltägliches Werkzeug angesehen werden. Bei den gezeigten Beispielen handelt es sich vielmehr um Prototypen und deren erste Adaptionen auf beispielhaften, internationalen Baustellen.  

Das ist jedoch kein Manko, sondern wichtiger Nutzen, der „Robotic Building“ zum lesenswerten Begleiter auf der Gradwanderung zwischen technischer Utopie und realer Anwendung macht. Jedem Kapitel ist ein Essay vorangestellt, der die historischen Hintergründe, gesellschaftlichen Entwicklungen und Auswirkungen sowie den Status Quo beleuchtet. Dieser Einführung aus der gemeinsamen Feder der Herausgeber folgen mehrere aktuelle und herausragende Anwendungen aus der Bau- und Materialforschung oder zukunftsweisenden Bautechnik. Den Abschluss von Robotic Building setzen zwei Essays, in denen unter anderem Künstliche Intelligenz und Digitale Fabrikation aus dem Blickwinkel des Architekturtheoretikers Philippe Morel und des Architekturgeschichtlers Antoine Picon beleuchtet werden.

Die Herausgeber untermauern ihre Thesen und Fakten zwar mit Beispielen, die man zum Teil kennt (Elytra Filament Pavilion, Voxel Chair, Rock Printing)  – aber im gezeigten Kontext und so sauber seziert bis dato nicht gelesen hat. Robotic Building ist daher eines der Bücher, die man kauft, um hinter den Vorhang digitaler Schlüsseltechnologien zu blicken und nicht vor einer Kulisse à la Čapeks Universal Robots zu stehen.

Im Vorwort wird die Publikation von den Herausgebern selbst „irgendwo zwischen einem redaktionellen Werk und einer Monografie“ eingeordnet. Diese Ambivalenz erkennt der Leser in der Verschiedenheit der Kapitel und Beiträge. Es werden keine Handlungsempfehlungen, sondern Anregungen für das eigene Denken und Handeln gegeben. Ein umfassender Einblick in die Findungs-, Forschungs- und Arbeitsweise führender internationaler Institute, progressiver Architekten, Architekturinformatiker und Ingenieure informiert zusätzlich über den aktuellen Einsatzbereich dieser Technologien. Die digitale Produktion, so lässt sich immer wieder zwischen den Zeilen herauslesen, ist dabei nicht der alleinige Schlüssel zur weiteren Zukunft des Bauens. Vielmehr sind es das Zusammenspiel von Handwerk und robotergestützter Produktion sowie die enorme Bandbreite zwischen Massenprodukt und Unikat, die das Bauen der Zukunft bestimmen könnten. -tw

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